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«Allianzen stärken die Autonomie»

Die Universität Zürich will sich international noch besser vernetzen. Was bringen solche Allianzen? Und wie positioniert sich Zürich in der nationalen Hochschullandschaft?
Mit Rektor Hans Weder sprachen Roger Nickl und David Werner

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«Je besser wir international positioniert sind, desto eher gelingt es uns, die besten Leute zu gewinnen.» Hans Weder, Rektor der Universität Zürich.

Eine Universität, die an der Spitze mithalten will, muss für hervorragende Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt attraktiv sein. Mit welchen Argumenten lassen sich internationale Top-Shots dazu bewegen, an der Universität Zürich zu forschen und zu lehren?

Hans Weder: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen vor allem gute Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. Da ist die gute Ausstattung der Lehrstühle, die wir bieten können, sicher ein Wettbewerbsvorteil – die hohe Qualität wird von externen Evaluatoren immer wieder bestätigt. In diesen Bereich investieren wir viel und werden dies auch in Zeiten des Spardrucks weiterhin tun. Wir sagen uns: «Lieber eine Professur weniger als zwei mit einer schlechten Ausstattung.» Attraktiv ist natürlich auch der Standort Zürich – die Nähe zu anderen Hochschulen, aber auch die hohe Lebensqualität der Stadt.

Ist es in den letzten Jahren einfacher geworden, internationale Spitzenkräfte für Zürich zu gewinnen?

Ich denke, die Attraktivität der Universität Zürich steigt. Man kann das auch anhand von Zahlen belegen. Analysen des einen Prozents der in den Naturwissenschaften und in der Medizin meistzitierten Forscher der Welt weisen einen steigenden Trend auf: 2002 gehörten dazu 81, 2003 85 und 2004 90 Forscherinnen und Forscher der Universität Zürich. Mit solchen Spitzenleistungen steigt natürlich auch die Attraktivität der Institution. Indem wir weitere Kompetenzzentren und Forschungsschwerpunkte schaffen, versuchen wir unsere Universität weiter zu profilieren.

Ausländische Forschungsinstitute, namentlich amerikanische, ziehen viele junge und talentierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an. Was unternimmt die Universität Zürich gegen den Brain-Drain?

Wir sind daran interessiert, dass Nachwuchsforscherinnen und -forscher Erfahrungen im Ausland machen – natürlich ist uns daran gelegen, dass die guten Leute dann auch wieder zurückkommen. Deshalb versuchen wir seit einiger Zeit, eine möglichst breite Palette von Stellen anzubieten, welche es ermöglichen, die schwierige Phase zwischen Doktorat und Professur zu überbrücken: Assistenzprofessuren, Assistenzen mit Tenure Track oder Clinical Professorship gehören dazu, ebenso die internationalen PhD-Programme, die wir teilweise gemeinsam mit der ETH anbieten. Der Brain-Drain konnte mit diesen Massnahmen erheblich eingedämmt werden.

Hinzu kommt, dass die USA aus politischen Gründen für viele Forschende einen Teil ihrer einstigen Attraktivität eingebüsst haben. Was natürlich nicht heisst, dass man deswegen nun die Hände in den Schoss legen darf. Je besser wir international positioniert sind, desto eher gelingt es uns, die besten Leute für die Universität Zürich zu gewinnen und sie auch hier zu behalten.

Nicht nur im Bereich der Forschung, sondern auch auf institutioneller Ebene treibt die Universität Zürich ihre internationale Vernetzung voran. Kürzlich haben Sie eine strategische Allianz mit der Universität Wien und der Berliner Humboldt-Universität ins Leben gerufen. Zu welchem Zweck?

Das Hauptziel ist es, im Sinne des Institutional Learning voneinander zu profitieren. Andere Universitätsleitungen stehen vor vergleichbaren Herausforderungen wie wir, sie sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert; über unterschiedliche Lösungsstrategien und über die dabei gemachten Erfahrungen wollen wir uns austauschen. Im Rahmen der Bologna-Reform kann eine solche Zusammenarbeit zudem zu einer qualitativ besseren und einfacheren Mobilität zwischen den Angehörigen der betreffenden Universitäten führen.

Sind in Zukunft weitere internationale Allianzen geplant?

In nächster Zeit möchten wir gemeinsam mit der ETH eine Allianz mit den beiden Münchner Universitäten aufbauen. Ganz generell sind die Hochschulstandorte Zürich und München in einer strategisch vergleichbaren Situation – beide Seiten können sich gegenseitig unterstützen und so ihre Position weltweit verbessern helfen. In München wurde in letzter Zeit eine Fusion zwischen der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität diskutiert, nun tendiert man eher in die Richtung einer Kooperation. In Zürich haben wir bereits eine gut funktionierende Kooperation zwischen den beiden Hochschulen – insofern stösst unser Beispiel in München auf grosses Interesse.

Was kann denn die Universität Zürich von Universitäten in München, Wien oder Berlin konkret lernen?

Die Universität Wien hat im Zuge der österreichischen Hochschulreform viele Erfahrungen im Bereich der Hochschulpolitik gemacht, von denen wir profitieren können. Von der Humboldt-Universität können wir lernen, wie man unter politisch widrigen Umständen besser wird. Die Humboldt-Universität hat in den letzten sieben Jahren versucht, an den guten Ruf, den sie vor den DDR-Zeiten besass, anzuknüpfen – mit eindrücklichem Erfolg. Die Ludwig-Maximilians-Universität München wiederum ist im europäischen Kontext wohl die Konkurrenz schlechthin für die Universität Zürich. Wenn Konkurrenz partiell der Zusammenarbeit weicht, kann uns das nur nützen.

«Vom Versuch, auf politischer Ebene eine Schweizer Hochschullandschaft zu designen, halte ich nichts.»

Ist der Eindruck richtig, dass Sie mit dem Eingehen internationaler Allianzen nicht zuletzt auch das Ziel verfolgen, die Position der Universität Zürich in der Schweiz zu stärken?

Natürlich, das ist auch meine Aufgabe.

Gehen Sie davon aus, dass es einer durch internationale Allianzen gestärkten Universität leichter fallen wird, ihre Autonomie gegenüber der Politik zu behaupten?

Ja, davon gehe ich aus. In erster Linie sollen die Allianzen die Position der Universität Zürich international verbessern. Damit erfüllen diese Allianzen aber zugleich auch die Funktion, unsere Autonomie zu erhöhen. Eine international stärkere Universität hat auch auf nationaler Ebene mehr Gewicht.

Setzt sich die Universität Zürich mit solchen internationalen Allianzen nicht in einen gewissen Widerspruch zu Bestrebungen des Bundes und der Kantone, die Kooperation zwischen Schweizer Hochschulen zu verstärken?

So kann man das, glaube ich, nicht sagen. Ich bin mit Staatssekretär Kleiber durchaus der Auffassung, dass die Schweiz als Ganzes ein möglichst hohes Forschungsniveau erreichen sollte. Aber ich glaube nicht, dass eine allzu straffe Einbindung in Hochschulkonzepte des Bundes der richtige Weg dazu ist. Ich halte nichts vom Versuch, auf politischer Ebene eine Schweizer Hochschullandschaft zu designen – über die Köpfe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hinweg.

In einem Papier der Rektorenkonferenz haben wir festgehalten, dass die Autonomie der Universitäten die elementare Voraussetzung für eine sinnvolle Gestaltung der Hochsschullandschaft Schweiz ist. Den Tatbeweis dafür, dass eine Universitätslandschaft, die durch autonome Universitäten gestaltet wird, letztlich auch zu einem Mehrwert führt, müssen wir natürlich erst noch erbringen. Ich bin mir aber sicher, dass dies gelingen wird.

Auf der einen Seite steigt der Druck auf die Hochschulen, sich international zu profilieren, auf der anderen Seite wächst das Bemühen der Poltik, Wissenschaft national stärker zu koordinieren: Wird es in diesem Spannungsfeld – man denke etwa an die Diskussion um die Herzchirurgie in Zürich – vermehrt zu Konflikten kommen?

Solche Konflikte werden sicher zunehmen. Letztlich kann es aber nicht sein, dass Uri, Schwyz und Unterwalden darüber entscheiden, was in Zürich gemacht wird. Was das Thema Herzchirurgie anbelangt, muss ich sagen: Wir halten an diesem Angebot in Zürich fest. Die interkantonale Absprache in der Medizin ist meiner Meinung nach völlig missglückt. Die Universitäten wurden nicht in die Verhandlungen miteinbezogen. Ich glaube aber durchaus, dass wir bei der Planung weiterkommen, wenn die Hochschulen bei diesem Thema mitreden können.

Wie steht es mit Kooperationen der Universität Zürich auf nationaler Ebene?

Sie finden auf sehr intensive Weise statt. Ich bin aber wie gesagt dagegen, dass den Universitäten Kooperationen und Partnerschaften von Seiten des Staates vorgeschrieben werden. Wir sollten unsere Prioritäten selbst setzen können. So haben wir uns beispielsweise für eine intensivere Zusammenarbeit mit der Universität Basel entschieden. Wir werden nun gemeinsam eine Auslegeordnung machen und eruieren, in welchen Bereichen eine Kooperation am sinnvollsten ist. Zudem bestehen mit dem Plant Science Center und SystemsX bereits Kooperationen mit Basel.

Die Universität Zürich will auch mit Partnern aus Entwicklungsländern kooperieren. Weshalb dieses Engagement?

Das hat bildungspolitische Gründe. Die Liberalisierung des Bildungsmarkts führt dazu, dass die Erste Welt noch besser gestellt wird und die Dritte Welt im Vergleich dazu noch weiter zurückfällt. Wir wollen dieser Entwicklung entgegensteuern. Wir haben die Absicht, mit einer oder zwei Universitäten in Entwicklungsländern verstärkt zusammenzuarbeiten – dies vor allem in der Forschung. Momentan sind wir auf der Suche nach möglichen Partnern. In Nepal gibt es eine Universität, die in Frage käme, ebenso sind Partner in Afrika und Afghanistan vorstellbar.

Die ungekürzte Version des Interviews ist im aktuellen unimagazin erschienen. 

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