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International Day of Women and Girls in Science

Barbie sollte den Traktor zerlegen

Den heutigen 11. Februar haben die Vereinten Nationen zum «Internationalen Tag von Frauen und Mädchen in der Wissenschaft» erklärt. An diesem Tag sollen die Leistungen von Frauen in der Wissenschaft gewürdigt und Mädchen für die MINT-Fächer ermutigt werden. Ist das wirklich nötig? Wir befürchten: ja.
Brigitte Blöchlinger

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Wie macht man jungen Frauen die MINT-Fächer schmackhaft? Die Doktorandin und Workshop-Leiterin Luise Arn erzählt im Video, was sie an der Informatik fasziniert, was ihr wichtig ist und was ihr gefällt. (Video: Brigitte Blöchlinger)

Unter «MINT-Fächern» versteht man Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Diese Aussage trifft den Nagel auf den Kopf: Man(n) versteht MINT. Weibliche Wesen hingegen scheinen das Akronym MINT eher zu «Mädchen interessiert nichts Technisches» aufzulösen. Auf jeden Fall drängen Maturandinnen auch an der UZH nicht in die MINT-Fächer. Weder auf Stufe Studium. Und schon gar nicht auf Ebene Professuren.

Das Problem ist bekannt. Auch an der UZH. Am Institut für Informatik (IfI) zum Beispiel ist der Frauenanteil mit knapp über 20% nach wie vor klein, so der Akademische Koordinator am IfI, Dr. Nathan Labhart. Doch was dagegen tun? Wie sollen Mädchen für Informatik – um beim I von MINT zu bleiben – begeistert werden? Labharts Antwort kommt schnell: «Es ist bereits länger bekannt, dass schon im Kindergarten nicht den Mädchen die Spielecke mit dem Traktor gezeigt wird, sondern den Buben. Doch je jünger wir Mädchen für technische Fächer begeistern können, desto höher ist die Chance, dass sie eine technische Ausbildung oder ein MINT-Fach studieren.»

Traktor statt Barbie

Eine, die diese Erkenntnis bestätigen kann, ist die Informatik-Doktorandin Luise Arn. «Das Interesse an Computern muss früh geweckt werden», ist auch sie überzeugt. Wie früh? «Am besten sofort!», antwortet sie spitzbübisch – und winkt lachend ab. Natürlich wolle auch sie nicht, dass Kleinkinder vor den Computer gesetzt werden. Doch gebe es viele andere Wege, das strukturierte Denken schon in jungen Jahren und in der realen Welt spielerisch näherzubringen: zusammen etwas aufbauen, zusammensetzen, wieder auseinandernehmen, Materialien und Formen sortieren, Muster herstellen – und das alles gerne auch draussen, im Freien. «Wenn kleine Mädchen nur mit Barbies hantieren, haben sie in der Primarschule bereits ein paar Jahre Rückstand gegenüber den Jungs, die zum Beispiel Lego oder Stokys ausprobieren.»

Früh fördern

Die kleine Luise wurde von ihrem Vater schon mit vier mit dem Computer vertraut gemacht. «Ich tippte, bevor ich lesen und schreiben konnte», erzählt sie. Wie das? Ihr Vater liess sie auf der Computertastatur herumspielen, druckte dann das getippte Buchstaben-Kauderwelsch aus und las es unter dem freudigen Gekreisch der Kleinen vor.

Da nicht alle Töchter einen derart Computer-affinen Vater haben, braucht es auch andere, offiziellere Wege. Das IfI hat eigens einen Workshop für Mädchen von 10 bis 13 Jahren organisiert, in dem diese spielerisch die ersten Programmierbefehle kennenlernen können. «Edelsteinsuche mit dem iPad – Einführung ins Programmieren» heisst der Workshop. Er wird heute, am Internationalen Tag von Frauen und Mädchen in der Wissenschaft, am IfI durchgeführt. Eine der Workshop-Leiterinnen ist die Doktorandin Luise Arn.

Vorwärts, seitwärts, hoch!

Die teilnehmenden Mädchen erhalten ein iPad mit einer vorinstallierten einfachen Programmiersoftware. Sie wählen ein Figürchen aus und schicken dieses mithilfe von «Commands» auf den Weg, lassen es Edelsteine auflesen und über eine Mauer springen – vorwärts, seitwärts, hoch! Die jungen Teilnehmerinnen sehen sofort, ob ihre Befehle das Figürchen wie gewünscht vorwärtsbringen – was spätestens nach zwei Stunden der Fall ist und regelmässig zu Hochgefühlen führt. Bei Problemen können sich die Mädchen an eine der Workshop-Leiterinnen wenden. Diese hoffen natürlich im Stillen, dass ihr eigenes «digitales Feuer» für die Informatik auf die eine oder andere der jungen Schülerinnen übergreift.

Ungedeckter Bedarf

Der Bedarf an Informatikerinnen und Informatikern ist in der Schweiz noch lange nicht gedeckt. «Der Bedarf ist viel höher als schweizweit alle Informatik-Abgängerinnen und -Abgänger zusammen», sagt Nathan Labhart vom IfI. Das ist einer der Hauptgründe, weshalb die Hochschulen und Universitäten sich derart um die Frauen bemühen: Dort schlummert ein grosses, ungenutztes Potenzial.

Um bei den Studentinnen zu punkten, hat das IfI im Jahr 2016 einen neuen Bachelor- und Master-Studiengang «Mensch und Computer» geschaffen, der unter anderem psychologische Aspekte der Informatik beinhaltet. Doch der erhoffte Ansturm blieb aus, bedauert Labhart. «Das Angebot wird gut besucht, wurde aber kein Hit.» In Zukunft wird es deshalb nicht mehr im Bachelor, aber immerhin noch auf Masterstufe angeboten.

Was spricht Frauen an?

Bleibt die Frage: Womit macht man die Informatik für Frauen attraktiv? Wie sollte das Studium aussehen, damit es mehr Maturandinnen anspricht? Weil es darauf keine objektive Antwort gibt, sondern viele subjektive, haben wir die Informatik-Doktorandin Luise Arn nach ihren persönlichen Eindrücken gefragt. Im Video oben erzählt sie, was ihr an der Informatik gefällt, welcher Stil in der Lehre ihr zusagt und wofür sie sich einsetzen will. Und wir haben ihr die Gretchenfrage gestellt: Wie hast du's mit der Professur?

 

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