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Virtueller Museumsbesuch

Kalkuttas Klangteppich

Das Völkerkundemuseum der UZH bietet virtuelle Touren durch ihre Ausstellungen an. Ab heute kann auch die neue Installation von Klängen und Bildern aus Kalkutta von zuhause aus erkundet werden.
Nathalie Huber

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Tolly Canal beim Kalighat Kali Temple, Kalkutta. Video: Thomas Kaiser; Bild: Camera-obscura-Aufnahme von Samuel Schütz.


Die neue Ausstellung «Kalkutta schwarzweiss. Träume, Stimmen, Bilder» hätte jetzt ihre Tore geöffnet – wenn die Welt nicht wegen eines neuen Virus aus den Fugen geraten wäre.

Das Völkerkundemuseum der UZH ist derzeit – wie alle anderen Museen in der Schweiz – geschlossen, dennoch können Interessierte die aktuellen Ausstellungen mithilfe einer 360°-Dokumentation besuchen.

Solche virtuellen Rundgänge bietet das Völkerkundemuseum bereits seit einiger Zeit an. Interessierte haben somit die Gelegenheit, die Ausstellungen auch nach ihrem offiziellen Ende online zu erkunden. «Ausserdem können wir unsere Ausstellungen dank den 360°-Dokumentationen auch mit unseren Kooperationspartnern im Ausland oder den Angehörigen der Urhebergesellschaften unserer Sammlungen teilen», sagt Mareile Flitsch, Direktorin des Völkerkundemuseums. 

Zurzeit bietet das Völkerkundemuseum insgesamt acht Ausstellungen für den virtuellen Besuch an (siehe Kasten). Am PC, auf dem Smartphone oder mit einer VR-Brille tauchen Besucherinnen und Besucher direkt in die Ausstellungen ein. Sie können auf einem 360°-Rundgang Raum für Raum erforschen, die Ausstellungstexte lesen sowie Fotos und Objekte von nahem anschauen, ebenso stehen ihnen Videos und Audioaufnahmen zur Verfügung.

 

Diese Krähe sprach eine andere Sprache. Aufgenommen im Oktober 2003.


Krakeelende Krähen und singende Wanderasketen

Die 360°-Dokumentation zur neuen Ausstellung führt mitten in die Geräuschkulisse Kalkuttas. Besucherinnen und Besucher tauchen in das Geheul nächtlicher Hundemeuten, das Krakeelen der Krähen, in den frühmorgendlichen Lärm einer Quartierstrasse ein, – oder sie können den rhythmischen Rufen fliegender Händler und den Gesängen religiöser Wanderasketen lauschen. Diese aufgenommenen Klänge sind zentraler Bestandteil der neuen Ausstellung. Das einzige physische Objekt im Raum ist eine Statuette der schwarzen Göttin Kali, der hochverehrten Namensgeberin Kalkuttas. Diese Figur ist umgeben von grossen Projektionsflächen, auf denen in stetigem Wechsel Camera-obscura-Aufnahmen von Kalkutta zu sehen sind.

«Die Ausstellung versteht sich hauptsächlich als Klangraum und ist die erste in dieser Form in unserem Hause», sagt Thomas Kaiser, Kurator und Verantwortlicher für die Audiosammlung des Völkerkundemuseums. Klänge fehlten normalerweise in Museumssammlungen und Ausstellungen, wo Objekte wohl temperiert hinter Glas ihrer eigentlichen Funktion und Bedeutung entrückt würden. «Doch Klänge sind wichtige Artefakte und Sammelstücke ganz eigener Art, denn sie verleihen Dingen ihre Bedeutung», so der Klangdokumentarist.

Faszinierende Kulturmetropole

Bereits als Student habe ihn Kalkutta fasziniert, sagt Kaiser. Seit den 90-er Jahren besuchte er, gemeinsam mit dem Zürcher Fotografen und Ko-Kurator Samuel Schütz, die Stadt im Osten Indiens viele Male. Die Metropole hatte im letzten Jahrhundert einen schlechten Ruf und wurde von westlichen Reiseschriftstellern als Moloch oder Kloake bezeichnet. Bengalinnen und Bengalen hingegen sprechen von Kalkutta als der unangefochtenen Kulturhauptstadt Indiens. «Zwischen Selbstwahrnehmung und Aussensicht klaffte eine Lücke, die uns interessierte und die wir ausloten wollten. Unser Ziel dabei war weniger die wissenschaftliche Forschung als eine Annäherung», erklärt Kaiser.

Dazu erkundete Samuel Schütz mit seiner Lochkamera Schritt für Schritt Strassenzüge, Kreuzungen oder Werkstätten in Kalkutta, während Thomas Kaiser die Geräuschkulisse der Stadt einfing und die Bewohnerinnen und Bewohner nach ihren nächtlichen Träumen und Lebensgeschichten befragte. Die Eindrücke der beiden Ausstellungsmacher – aufgenommene Geschichten, Stimmen, Klänge und Bilder aus dem Alltag in Kalkutta – können Interessierte nun virtuell erkunden.

 

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