Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Krebsforschung

Mit Nanopartikeln dem Krebs einheizen

Eine neuartige Behandlung mit Wärme könnte die Krebstherapie wirkungsvoll unterstützen. Caroline Maake erhitzt Tumore mithilfe natürlicher Nanopartikel und bringt die Krebszellen im Tiermodell damit zum Verschwinden.
Nathalie Huber
Caroline Maake kann dank zwei Förderprojekten ihr vielversprechendes Hyperthermie-Verfahren weiterentwickeln. (Bild: Nathalie Huber)


Dass Wärme den Krebs bekämpfen kann, beobachteten Menschen bereits in der Antike: «Nach längerem hohem Fieber kam es vor, dass sich der Krebs plötzlich zurückbildete», kommentiert Caroline Maake, Professorin für Anatomie an der Universität Zürich.

Heute weiss man: Krebszellen können empfindlicher auf Wärme reagieren als gesunde Körperzellen. Bei lang andauernder und wiederholter Überwärmung, sogenannter Hyperthermie, bilden die Zellen Stresseiweise. Diese signalisieren den körpereigenen Abwehrzellen, die Krebszellen abzubauen. Bereits bei einer geringen Temperaturerhöhung auf etwa 43 bis 45 Grad Celsius sterben die Krebszellen ab. Die Übererwärmung durchblutet den Tumor und sensibilisiert das Gewebe, um Medikamente oder Strahlen besser aufzunehmen. Die Wirkung einer Strahlen- oder Chemotherapie kann durch Hyperthermie verbessert werden. In der Schweiz wird die Hyperthermie bereits in Kombination mit diesen Standardbehandlungen eingesetzt, grössere klinische Studien stehen aber noch aus.

Tumore komplett verschwunden

Nun untersucht Caroline Maake gemeinsam mit dem französischen Physiker Edouard Alphandéry einen neuartigen Ansatz für die Krebsbekämpfung mit Hyperthermie. Zur Behandlung von Mäusen mit klar abgegrenzten Tumoren in Brust oder Hirn verwenden Maake und Alphandéry eisenoxidhaltige, magnetische Nanopartikel. Das Forschungsteam spritzt diese Nanopartikel direkt in die Tumoren und minimiert dadurch die Gefahr, auch gesundes Gewebe zu beschädigen. Die Partikel werden von aussen durch ein alternierendes Magnetfeld angeregt, wodurch sie sich – und damit auch den Tumor – auf die gewünschte Temperatur erwärmen. Die Resultate im Tiermodell sind überraschend: «Wir brachten Hirn- oder Brusttumoren allein mit Hyperthermie in einem Monat vollständig zum Verschwinden ohne dass die Mäuse sichtbare Nebenwirkungen zeigten», erklärt Maake.

Natürlicher Nanopartikel mit attraktiven Eigenschaften

Die für die Studien verwendeten magnetischen Nanopartikel werden nicht wie sonst üblich im Labor produziert, sondern stammen aus der Natur. Edouard Alphandéry hat dabei ein patentiertes Verfahren entwickelt, um aus einem in Gewässern lebenden Bakterium diese sogenannten Magnetosomen zu gewinnen und zu reinigen. Caroline Maake ist fasziniert von diesen potenten Winzlingen: «Sie wirken nicht nur sehr gut, sie sehen auch sehr schön aus». Mikroskopisch vergrössert zeigen sich die Magnetosomen aneinandergereiht als eine Kette im Bakterium. Im Gegensatz zu künstlich hergestellten magnetischen Nanopartikeln sind diese Magnetosomen zum Beispiel einheitlich gross, wärmestabil und sehr rein – Eigenschaften, die das neuartige Hyperthermie-Verfahren speziell wirksam machen.

Mikroskopisch vergrössert sind die Nanopartikel im Bakterium als aneinandergereihte Kette erkennbar (Bild: Le Fèvre R. et al., Theranostics. 2017)

Bösartige Tumore an Pferden behandeln

Nun haben Maake und Alphandéry Fördergelder erhalten, um das therapeutische Potential dieses Hyperthermie-Ansatzes weiter zu untersuchen. Im Rahmen von «Eurostars», einem EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation, arbeiten die beiden Wissenschaftler mit Forschenden der Vetsuisse Fakultät der UZH zusammen. Die UZH-Forschungsgruppe wird im kommenden Frühjahr erstmals krebserkrankte Pferde behandeln.

Diese Pferde leiden an einem bösartigen Bindegewebstumor, der oft ungünstig in Augen- oder Mundnähe liegt und deshalb chirurgisch äusserst schwierig zu behandeln ist. Auch Caroline Maakes Forschungsvorhaben ist fordernd, sie bekennt: «Die Übertragung unserer Erfahrungen mit Mäusen auf grössere Tiere ist sicher anspruchsvoll». Schwierig ist etwa, wie man bei den Pferden das magnetische Wechselfeld anbringt, um die Nanopartikel anzuregen. «War das bei den Mäusen relativ einfach, indem man sie in das magnetische Wechselfeld setzte, geht das bei Pferden nicht. Wir testen zur Aktivierung unserer Magnetosomen deshalb alternative Methoden», erklärt die Forscherin. 

Immunreaktion und Bildgebung besser nutzen 

Parallel zum EU-Förderprojekt mit Tierpatienten wird Caroline Maake von der NOMIS Foundation unterstützt, weitere Fragen im Zusammenhang mit Magnetosomen zu untersuchen. Sie will dabei zum einen klären, inwiefern das Immunsystem an der Tumorzerstörung beteiligt ist: «Bis jetzt haben wir festgestellt, dass die Nanopartikel sehr gut wirken, aber wir wollen genauer wissen, warum. Und wir wollen die möglichen Immunreaktionen besser nutzen können», sagt Maake. Darüber hinaus will sie die Vereinbarkeit mit Bildgebungsverfahren verbessern. Vorangehende Studien belegen, dass die Magnetosomen im Tumor ein so starkes Signal erzeugen können, dass es sehr schwierig wird, das Krebsgewebe abzubilden und den Therapieverlauf zu kontrollieren. «Wir untersuchen, wie sich die Nanopartikel genau verteilen und über die Zeit abbauen, sodass wir die Tumore mit der passenden Menge Nanopartikel zerstören, ohne dabei die Bildgebung zu verhindern», hält Caroline Maake fest. 

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen