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Risiken der Internetnutzung

Wie viele Stunden sind zu viel?

Chatten, Bilder posten, TikTok-Videos schauen: Jugendliche verbringen viele Stunden pro Woche im Internet und mit sozialen Medien. Das kann sich schädlich auf die Psyche auswirken. Forschende der UZH und Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich gehen in einem europäischen Horizon-Projekt dem Nutzungsverhalten auf den Grund.
Marita Fuchs, Redaktorin Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Wann ist die Internetnutzung problematisch? UZH-Forschende eruieren das in einem Horizon-Europe-Projekt. (Bild: iStock / Marco Plunti)

Die alarmierenden Meldungen häufen sich: Laut der «Jugend-Digitalstudie» der deutschen Postbank vom Juni 2023 verbringen Jugendliche 63,7 Stunden in der Woche online. Das sind knapp 10 Stunden pro Tag und 5,7 Stunden mehr als vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. In der Schweiz dürften es ähnliche Zahlen sein. Die so genannte JAMES-Studie der ZHAW aus dem Jahr 2020 zeigte, dass Jugendliche in der Schweiz das Handy unter der Woche sowie vor allem am Wochenende länger nutzen als noch vor zwei Jahren. Gleichzeitig nehmen psychische Störungen wie Angst, Depressionen, Essstörungen weltweit wie auch in der Schweiz zu. Sowohl Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen als auch Jugendliche sehen Zusammenhänge zwischen der zunehmenden Nutzung der Medien und der Zunahme von Problemen der psychischen Gesundheit.

«Das Smartphone war während der Corona-Krise für viele Teenager ein unverzichtbares Kommunikationsmittel, doch übermässiger Medienkonsum kann psychische Leiden hervorrufen oder verstärken», sagt Susanne Walitza, UZH-Professorin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Direktorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK). «Wir wollen jungen Menschen helfen, eine gesunde Internetnutzung zu entwickeln, bevor sie Schaden anrichtet.» Denn der Einfluss des pathologischen Internetkonsums könne zur sozialen Isolation und Abhängigkeit führen.

Neun europäische Länder beteiligt

Um das Online-Verhalten der Jugendlichen wissenschaftlich zu erforschen und Eltern, Betreuer, Lehrpersonen und medizinisches Fachpersonal dabei zu unterstützen, Risiken einzuschätzen und Handlungsmöglichkeiten anzubieten, beteiligt sich ein Forschungsteam der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie an einem europaweiten Forschungsprojekt zu Risiken einer schädlichen Internetnutzung. Unter dem Namen «BootStRaP» (Boosting Societal Adaptation and Mental Health in a Rapidly Digitalizing, Post-Pandemic Europe) arbeiten bei diesem Horizon-Projekt – das von der Europäischen Union mit 7,5 Millionen Euro unterstützt wird – 22 Institutionen aus 14 Ländern zusammen. Es werden Jugendliche aus neun Ländern zu ihrem Nutzungsverhalten befragt; so auch in der Schweiz. Das Forschungsteam um Susanne Walitza – mit Meichun Mohler-Kuo, Professorin, sowie den wissenschaftlichen Mitarbeitenden Simon Foster und Anita Meinke sowie der Doktorandin Kristin Mosler – leitet das Teilprojekt Rekrutierung, in dem Schüler aus neun Ländern eingeschlossen werden.

Die Rekrutierung der Jugendlichen läuft über die Schulen. «Wir in Zürich haben bereits erste Schulen gefunden, die bei der Studie mitmachen wollen», sagt Simon Foster. «Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich unterstützt das Projekt.»

Die Forschenden sind mit Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen der teilnehmenden Schulen aus allen Studienländern im Austausch. Diese werden dabei als «Botschafter» ihrer Schulen mit den Forschenden zusammenarbeiten und durch ihre Rückmeldungen und Anregungen die Studie und Studienmaterialien möglichst schul- und schülergerecht gestalten

Portrait Prof. Walitza

Wir wollen jungen Menschen helfen, eine gesunde Internetnutzung zu entwickeln, bevor sie Schaden anrichtet.

Susanne Walitza
Professorin für Kinder- und Jugendpsychiatrie

Schlüsselbotschaften vermitteln

Die Forschenden werden mithilfe einer eigens entwickelten App erfassen, wie Tausende von Teenagern aus einem breiten Spektrum von europäischen Standorten, Kulturen, sozioökonomischen Hintergründen und Bildungssystemen die sozialen Medien tagtäglich nutzen. Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ermitteln dabei, wie das Surfen, Memes verschicken, Bilder teilen, Tiktok-Trends liken zu Schäden oder einer schlechten Gesundheit führen können. In der zweiten Phase des Projektes sollen Interventionen entwickelt werden, die das Risiko für die Entwicklung einer problematischen Mediennutzung reduzieren helfen.

Susanne Walitza betont, wie wichtig die Erkenntnisse des BootStRaP-Projekts sein werden. «Wir erhoffen uns wissenschaftliche Erkenntnisse über die psychologischen Mechanismen, die dem Risiko der problematischen Internetnutzung zugrunde liegen, und wollen Anregungen vermitteln, die für die Jugendlichen zu einem verbesserten Selbstmanagement führen.» Darüber hinaus soll ein politisches Toolkit mit Schlüsselbotschaften für politische Entscheidungsträger und private Unternehmen entwickelt werden. «Nur mit Hilfe der gesellschaftlichen Stakeholder können wir gefährdete Gruppen schützen und auch evidenzbasierte Regularien zum Umgang mit dem Internet entwickeln.»

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