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Datenschutz und Ethik

Forschen auf geprüftem Grund

Mit einem neuen Self-Assessment-Tool können Forscher:innen der Universität Zürich ihre Projekte bezüglich datenschutzrechtlicher und ethischer Fragen selbstständig systematisch prüfen. Das fördert die Sensibilisierung für solche Fragen und erhöht die Sicherheit in der Forschung.
Nathalie Huber
Mit DESAT lassen sich ethische und datenschutzrechtliche Aspekte eines Forschungsprojekts systematisch prüfen. (Bild: UZH)

Sozialwissenschaftler Peter Frank* erforscht, welches die Bedürfnisse und Anliegen von Geflüchteten sind. Dazu wertet er mittels Scraping-Verfahren (automatische Erfassung) entsprechende Daten aus einem Telegram-Kanal aus. Beim Entwurf seines Forschungsdesigns ist er unsicher, worauf er bei der Erhebung und Bearbeitung der Daten achten muss. Ist es legal, diese Daten zu nutzen? Muss er dafür die betroffenen Personen informieren, und könnte man allenfalls Rückschlüsse auf sie ziehen?

Zur Klärung dieser datenschutzrechtlichen und ethischen Fragen steht ihm neu ein Online-Self-Assessment-Tool zur Verfügung. DESAT (Datenschutz & Ethik Self-Assessment Tool) unterstützt alle UZH-Forschenden, die mit Personen oder Daten von Personen zu tun haben – sei es im Rahmen von Beobachtungen, von Umfragen oder Experimenten.

Elisabeth Stark

Das Self-Assessment-Tool hilft Forschenden auf niederschwellige Art und Weise, gesetzliche Vorschriften einzuhalten und dadurch Risiken zu vermeiden.

Elisabeth Stark
Prorektorin Forschung

Mit dem Gesetz konform

«Das Self-Assessment-Tool DESAT unterstützt die Forschenden dabei, verantwortungsvoll und im Einklang mit den Grundsätzen von Datenschutz und Ethik zu arbeiten. Es hilft ihnen auf niederschwellige Art und Weise, gesetzliche Vorschriften einzuhalten und dadurch Risiken zu vermeiden», betont Elisabeth Stark, Prorektorin Forschung. 

Christian Schwarzenegger, Prorektor Professuren und wissenschaftliche Information, ergänzt: «Die Menge der zu nutzenden Daten wächst kontinuierlich, dadurch erhöhen sich auch die datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Forschungspraxis. DESAT fördert die Auseinandersetzung mit dem Datenschutz und erhöht die Compliance der Universität und ihrer Forschenden mit den geltenden rechtlichen Vorschriften.»

Effizientere Prüfung

Bis vor Kurzem wandten sich Forscher:innen mit ihren Fragen bezüglich Datenschutz und Ethik an die Abteilung Recht und Datenschutz, an die fakultären Ethikkommissionen oder an die Kantonale Ethikkommission. Dies bedingte eine präzise Dokumentation ihrer Vorhaben und eine Einzelfallprüfung durch die Mitarbeitenden der Support-Abteilungen. DESAT gestaltet den Prüfprozess wesentlich effizienter. «Die Forscher:innen können nun selbstständig mit einem Tool gleichzeitig die datenschutzrechtlichen und ethischen Vorgaben prüfen und werden nur bei komplexen Fragestellungen an die entsprechenden Fachstellen verwiesen», sagt Markus Christen von der Digital Society Initiative (DSI). Gemeinsam mit dem Fachbereich Datenschutzrecht unter der Leitung von Markus Golder zeichnet er für das DESAT-Projekt verantwortlich.

Christian Schwarzenegger

DESAT fördert die Auseinandersetzung mit dem Datenschutz und erhöht die Compliance der Universität und ihrer Forschenden mit den geltenden rechtlichen Vorschriften.

Christian Schwarzenegger
Prorektor Professuren und wissenschaftliche Information

In Drittmittel-Prozess eingebunden

DESAT ist als Modul in AVA integriert, der Applikation, in der Anträge für Forschungsprojekte gestellt werden und die sämtliche Drittmittelprozesse an der UZH verwaltet. Das Self-Assessment-Tool ist ein optionaler Prüfschritt im Bewilligungsprozess für Forschungsprojekte. Es handelt sich dabei um einen interaktiven Fragebogen mit vorgegebenen Antworten, aus denen die Forscher:innen auswählen müssen. Der erste Frageblock prüft auf strukturierte Weise forschungsrelevante Aspekte des Datenschutzes. Die Forschenden beantworten u.a. folgende Fragen: Wer erhebt die Daten, wer analysiert, speichert, bearbeitet sie und mit wem werden sie geteilt? Tangiert das Projekt auch besonders schützenswerte Personendaten wie zum Beispiel religiöse oder politische Ansichten? Geklärt wird auch, welches Datenschutzgesetz – jenes des Kantons oder jenes der EU – zur Anwendung kommt.

Der zweite Frageblock betrifft ethische Vorgaben und prüft zuerst, ob ein Forschungsprojekt in den Geltungsbereich des Humanforschungsgesetzes fällt und deshalb der Kantonalen Ethikkommission vorgelegt werden muss. Danach wird eruiert, ob man sich zur Klärung weiterer Fragen an eine der fakultären Ethikkommissionen der UZH wenden soll – zum Beispiel, wenn vulnerable Personen in die Forschung einbezogen oder sensible Daten erhoben werden.

Schwachstellen frühzeitig beheben

Durch die Prüfung all dieser grundlegenden Fragen erkennen Forschende, welche datenschutzrechtlichen und ethischen Aspekte für ihr Forschungsprojekt eine Rolle spielen. Sie können mögliche Schwachstellen im Aufbau oder Ablauf von Experimenten oder von empirischen Datenerhebungen frühzeitig identifizieren und erhalten Hilfestellung. Bei komplexen Fragen oder wenn die Vorgaben nicht eingehalten werden können, werden die Forschenden aufgefordert, sich zur weiteren Klärung an den Fachbereich Datenschutzrecht der UZH, an die DSI oder an die fakultären Ethikkommissionen zu wenden.

Sensibilität erhöhen

«DESAT führt die Forschenden systematisch durch die datenschutzrechtlichen und ethischen Aspekte ihrer individuellen Projekte, sensibilisiert sie so dafür und bietet Hilfestellung, damit die Vorgaben eingehalten werden können», sagt Markus Golder. Typische blinde Flecken werden schnell erkannt. Zum Beispiel benötigt man für die Bearbeitung von Personendaten von den betroffenen Personen grundsätzlich eine informierte Einwilligung (informed consent). Auch anonymisierte Daten können ethische Fragen aufwerfen. Zudem gewinnen die Forschenden im Austausch mit den Ethikkommissionen der Fakultäten wertvolle Einsichten für die eigene Forschung.

Nach Abschluss des Online-Assessments erhalten die Forschenden einen Bericht, der die systematische Prüfung ihres Projekts dokumentiert und auf allfällige weitere notwendige Schritte oder offene Fragen hinweist. Er kann gegenüber Geldgebern oder bei der Publikation der Ergebnisse in Fachzeitschriften aufzeigen, wie im Forschungsvorhaben mit den einzelnen Aspekten aus Datenschutz und Ethik umgegangen wird.

Praktische Anleitung

Wer sich mit DESAT vertraut machen möchte, dem bietet sich am kommenden Mittwoch eine gute Gelegenheit. Die DSI stellt DESAT interessierten Forschenden und Mitarbeitenden vor. Der Launch-Event adressiert ausserdem das Inkrafttreten des neuen Datenschutzgesetzes in der Schweiz (siehe Kasten).

*Name geändert