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Agrovet-Strickhof kann gebaut werden

Die Baubewilligung für den Agrovet-Strickhof ist erteilt: Die Universität Zürich, die ETH Zürich und der Kanton Zürich können in Eschikon Lindau ein gemeinsames landwirtschaftliches Bildungs- und Forschungszentrum bauen. Im Interview äussern sich die Forschungsleiterin Carla Soliva und der IT-Verantwortliche Hans-Rudolf Wettstein zu den geplanten Bauten und die Chancen für die Nutztierforschung.
Alice Werner

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Carla Soliva, Forschungsleiterin von Agrovet-Strickhof, mit Rindern aus dem landwirtschaftlichen Betrieb. (Bild: ETH Zürich/Alessandro Della Bella)

Frau Soliva, Sie sind neue Forschungsleiterin des landwirtschaftlichen Bildungs- und Forschungszentrums Agrovet-Strickhof in Eschikon Lindau. Mitte letzten Jahres hat der Zürcher Kantonsrat den Kredit in der Höhe von 29 Millionen Franken für die geplanten Neubauten einstimmig bewilligt. Im Sommer/Herbst 2015 wird mit dem Abriss der alten Stallungen und dem Bau der ersten Gebäude begonnen. Was beinhalten diese Bauprojekte?

Soliva: Die Neubauten sind in zwei Teilprojekte gegliedert: Zum einen erstellt der Kanton Zürich ein Nutztierzentrum. Dieses besteht aus einem Milchviehstall und einem Stall für Aufzucht, Kälber- und Rindermast und soll der landwirtschaftlichen Ausbildung sowie der veterinärmedizinischen und agrarwissenschaftlichen Lehre und Forschung dienen. Zum Nutztierzentrum gehört auch ein «Forum» für Lehrveranstaltungen und für öffentliche Anlässe. Zum anderen errichtet die ETH Zürich ein Stoffwechselzentrum mit Versuchsställen für Rinder, Pferde, Schafe, Schweine, Geflügel und Kaninchen sowie Respirationskammern. Dazu kommt ein Büro- und Laborgebäude für Forschende der ETH Zürich und der UZH.

Ermöglicht es die neue Infrastruktur, neue Forschungsfragen zu stellen?

Soliva: Mit der neuen Infrastruktur können wir die ganze Wertschöpfungskette der Nahrungsmittel nach dem gesamtheitlichen Ansatz «From Feed to Food» betrachten, angefangen von der Futtermittelerzeugung über die Fütterung bis hin zur Gewinnung von Lebensmitteln. Im Vordergrund steht die translationale Nutztierforschung, die sich mit fachgebietsübergreifenden Fragestellungen beschäftigt, etwa mit der Frage nach effizienter, art- und standortgerechter und emissionsarmer Nutztierhaltung.

Mit der optimierten Versuchsinfrastruktur wird sich die wissenschaftliche Aussagekraft der Studien erhöhen, weil sich zum Beispiel Umweltfaktoren wie Aussentemperaturen oder schwankende Qualität von Wiesenfutter besser kontrollieren lassen. Die Neubauten werden überdies für die Forschenden organisatorisch-logistische Vorteile bieten.

Der Auszug der Kühe aus den heutigen Ställen des Strickhofs läutet die Realisierung der Neubauten ein. Rund 60 Kühe ziehen vom Strickhof für ca. 20 Monate in einen Bauernbetrieb nach Nürensdorf ZH um. (Bild: ETH Zürich/Alessandro Della Bella)

Was wird der neue Milchviehstall bringen?

Soliva: Der Milchviehstall wird rund 120 Milchviehplätze umfassen sowie je eine Herde für die Ausbildung von Landwirten, Agrarpraktikern, Tierpflegern und Studierenden und für die Forschung. Dazu werden zwei verschiedene Melksysteme installiert, darunter ein vollautomatischer Melkroboter.

Kernstück der neuen Anlage wird das Stoffwechselzentrum. Welche neuen Möglichkeiten in der Nutztierforschung erlaubt diese hochmoderne Einrichtung?

Soliva: Die Fütterung hat grossen Einfluss auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Nutztieren. Im Stoffwechselzentrum können beispielsweise Fütterungseinflüsse auf die Methanemission von Wiederkäuern ermittelt werden oder die Fütterungsbedürfnisse von Milchkühen nach der Geburt untersucht werden. In den Nutzen dieser Forschung kommen Landwirte, aber natürlich auch die Tiere selbst sowie die Konsumenten.

Frau Soliva, Sie üben als neue Forschungsleiterin eine «Drehscheibenfunktion» aus: drei Projektpartner, vier Standorte, dazu Landwirte, Tierärztinnen, Agronomen, Forschende, Studierende und Lernende als Nutzende sowie ein laufendes, millionenschweres Bauprojekt. Können Sie Ihre Hauptaufgaben kurz umreissen?

Carla Soliva: Ich arbeite bis zur geplanten Eröffnung 2017 am Aufbau des Agrovet-Strickhof mit. Markenzeichen des neuen Bildungs- und Forschungszentrums wird die enge Verknüpfung von Agrarwissenschaft, Veterinärmedizin und landwirtschaftlicher Praxis (siehe Kasten). Daneben begleite ich als wissenschaftliche Beraterin die Bauprojekte und die Ausarbeitung des Betriebs- und Nutzungskonzeptes. Parallel dazu koordiniere ich die Forschungsaktivitäten im Bereich Nutztiere innerhalb von Agrovet-Strickhof.

Es ist eine komplexe Organisations-, Koordinations- und Kommunikationsaufgabe. Daher bin ich froh, dass ich mit dem Agrovet-Strickhof-Projekt schon seit einigen Jahren vertraut bin. Nach meiner Dissertation habe ich sowohl an der ETH Zürich als auch an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich gearbeitet.

Im Agrovet-Strickhof entsteht unter anderem ein Nutztierzentrum, bestehend aus einem Milchviehstall und einem Stall für Aufzucht, Kälber- und Rindermast. (Bild: ETH Zürich/Alessandro Della Bella)

Herr Wettstein, Sie leiten die drei derzeitigen landwirtschaftlichen Forschungsstationen der ETH Zürich: Chamau, Früebüel und Alp Weissenstein. Die letzteren beiden werden künftig zu Agrovet-Strickhof gehören. Mit der Eröffnung von Agrovet-Strickhof 2017 soll der Standort Chamau aufgegeben werden. Warum?

Hans-Rudolf Wettstein: Es war ein strategischer Entscheid der ETH Zürich, eine enge Kooperation mit dem Strickhof und der Universität Zürich einzugehen, um die Agrarwissenschaften zu stärken. Durch die Zusammenarbeit ergeben sich inhaltliche und betriebliche Synergien. Da der Strickhof in Eschikon Lindaubereits einen Landwirtschaftsbetrieb in der Talzone hat und die ETH mit der Forschungsstation für Pflanzenwissenschaften schon in Eschikon Lindau präsent ist, wird die Forschungsstation Chamau aufgegeben. Die beiden Standorte im Berggebiet (Früebüel, 1000 m ü. M.) und im Alpwirtschaftsgebiet (Alp Weissenstein, 2000 m ü. M.) werden hingegen in den Agrovet-Strickhof integriert.

Mit der Inbetriebnahme von Agrovet-Strickhof werden Sie als neuer IT-Verantwortlicher nach Eschikon Lindau wechseln. Welche Aufgaben erwarten Sie dort?

Wettstein: Auf dem Agrovet-Strickhof-Areal werden viele Systeme eingebaut, die umfangreiche Datenmengen erheben und abspeichern. So werden etwa im Nutztierzentrum die Futtermengen automatisch erhoben. Die Melksysteme liefern unter anderem Daten zur Milchmenge und Milchqualität. Hinzu kommen zum Beispiel Informationen zur Abstammung der Tiere und Analysenwerte über die eingesetzten Futtermittel. Meine primäre Aufgabe wird es sein, Konzepte zu erarbeiten, wie diese Daten zusammengengeführt und genutzt werden können.

Modell des Agrovet-Stickhofs: Die Eröffnung ist für das Frühjahr 2017 geplant.