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Freisetzung unter kontrollierten Bedingungen

Am Montag Abend haben Wissenschaftler an einer öffentlichen Veranstaltung auf dem Hönggerberg die Bevölkerung über die geplanten Freisetzungsversuche von gentechnisch verändertem Weizen informiert. Der Aufmarsch der «betroffenen» Bevölkerung war etwas mager.
Peter Rüegg

Im Rahmen des NFP 59 wollen Wissenschaftler unter anderem herausfinden, wie sich gentechnisch veränderter Weizen im Freiland verhält.

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP 59 «Nutzen und Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen» haben Forscherinnen und Forscher der ETH Zürich, der Universität Zürich und weiteren Institutionen geplant, gentechnisch veränderten Weizen kontrolliert im Freiland auszubringen.

Dafür haben sie der zuständigen Bundesbehörde, dem Bundesamt für Umwelt (Bafu), drei Gesuche stellen müssen. Diese sind seit dem 15. Mai öffentlich einsehbar und die Frist für Stellungnahmen und Einsprachen läuft am 14. Juni ab. Danach wird das Bundesamt die eingegangenen Stellungnahmen prüfen und voraussichtlich bis Mitte August entscheiden, ob es die Versuche bewilligt.

Gross angelegte Risikoabklärung

Die Weizenfreisetzungsversuche sind ein Teil des NFP 59, das der Bundesrat im Anschluss an die Moratoriumsinitiative beschlossen hat. Im Rahmen dieses gross angelegten Forschungsprogramms sollen insgesamt 27 Projekte mehr Klarheit darüber bringen, welchen Nutzen und welche Risiken gentechnisch veränderte Pflanzen in der Landwirtschaft haben. Für das NFP 59 stehen 12 Millionen Franken bereit. Davon entfallen mehr als 3,3 Mio. Franken auf die Weizenversuche des Konsortiums Weizen, ein Forschungsverbund von elf Gruppen, die sich acht Projekte teilen. Dieses hat als einzige Forschungsgruppe des NFP 59 Freisetzungsversuche geplant.

Dialog mit der Öffentlichkeit

Die Freisetzungsversuche finden auf Flächen der Versuchsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) in Reckenholz und Agroscope Changins/Wädenswil in Pully statt. Die Felder sollen für das Publikum zugänglich sein, werden aber trotzdem eingezäunt, um sie zu schützen, wie Michael Winzeler vom ART sagte. «Wir möchten den Dialog mit der Öffentlichkeit führen, und die Leute sollen kommen und sich die Felder anschauen.»

Mit den Freisetzungsversuchen wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie sich der gentechnisch veränderte Weizen im Freiland verhält, ob die zusätzlich eingebauten Resistenzgene wirklich den erhofften Nutzen für die Pflanze bringen oder ob sie sich zum Beispiel negativ auf nützliche Wurzelpilze auswirken.

Die Forscher untersuchen auch den Einfluss des Gentechweizens auf andere Bodenorganismen. Zudem wird das Auskreuzungspotenzial erforscht, das beim Weizen als sehr gering eingeschätzt wird. Die einzige Grasart, mit der sich Weizen kreuzen kann, ist der Zylindrische Walch, eine Pflanze, die hierzulande nur im Wallis vorkommt.

Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Ausbildung von Nachwuchs-Forschenden auf diesem Gebiet. «Wir brauchen auch hierzulande Expertise», sagte ETH-Professor Wilhelm Gruissem, «wir müssen weiterhin Leute ausbilden, denn rund um die Schweiz werden GVO-Pflanzen im grossen Stil angebaut.»

Verbesserte Resistenz

Eine zentrale Frage ist die der Koexistenz, also ob zum Beispiel biologisch angebauter Weizen neben GV-Weizen gedeihen kann, ohne dass es zu einer unerwünschten Durchmischung kommt.

Die ETH Zürich testet einen Weizen, der eine verbesserte Resistenz gegen Mehltau aufweist. Dazu bauen die Forscher der Nutzpflanze mehrere Gene ein, die die Resistenz erhöhen sollen. Die Gene kodieren für die Enzyme Chitinase und Glukanase. Das soll die Pflanze vorab gegen Pilze resistenter machen, weil der Pilz nicht mehr in eine Pflanzenzelle eindringen kann.

Die Universität Zürich untersucht, ob die zusätzlichen Resistenzgene das Eindringen des Pilzes in die Pflanzenzelle und die Ausbildung eines Haustoriums, eines Saugorgans des Pilzes, verhindert.

Weizen haben die Forscher deshalb als Modellpflanze ausgewählt, weil er anders als etwa Raps oder Mais selbstbestäubend ist, seine Pollen schwer und sich nur wenige Meter verbreiten können und weil sich Weizen kaum mit anderen Pflanzen kreuzt.

Auftrag des Bundes

Nur wenige Leute aus dem «betroffenen» Quartieren nutzten die Gelegenheit, sich aus erster Hand über die geplanten Versuche zu informieren, waren aber gegenüber den geplanten Versuchen kritisch eingestellt: Weshalb etwas erforscht werde, was die Bevölkerung gar nicht wolle, war einer der Einwände.

Für Dirk Dobbelaere war klar: Der Auftrag dazu kommt von den Behörden und vom Bundesrat. Dies sei ein politischer Auftrag des Bundesrats, dass solche Forschung stattfindet. «Die Ängste gegenüber Gentech können wir nur abbauen, wenn wir die Risiken anschauen.» Und Wilhelm Gruissem konterte mit dem Argument, dass 1500 Tonnen Fungizide, welche die Schweizer Bauern jährlich verspritzen, auch keine langfrsitige Lösung seien. «Es ist unsere Verantwortung, den Einsatz von Chemikalien zu verringern.»