Von Zürich aus europaweit studieren

«Data Science for Lawyers», «Massive Data Processing» oder «AI in Society»: Ab dem kommenden Herbstsemester können Informatik-Studierende an der UZH Module zu diesen Themen besuchen. Das besondere daran: Die Module werden nicht von der UZH angeboten, sondern von Partneruniversitäten aus dem Netzwerk Una Europa. Sie sind Teil des so genannten Modulaustausches von Una-Europa-Universitäten und bieten Studierenden eine einfache Möglichkeit, in bestimmten Programmen ein erweiteretes Studienangebot zu nutzen.
In der ersten Phase umfasst das Angebot für UZH-Studierende Module der Universitäten Università di Bologna, Universidad Complutense de Madrid und Helsingin yliopisto/Helsingfors universitet. Sie sind thematisch auf Informatik ausgerichtet, weitere Angebote in anderen Disziplinen sollen folgen.
Ausweitung des Angebots
«Durch den Modulaustausch haben die Studierenden die Möglichkeit, Kurse zu belegen, die es an der UZH in dieser Form nicht gibt», sagt Annika Silberstein, die im Prorektorat Lehre und Studium für die Koordination des Modulaustausches zuständig ist. Der Austausch bietet eine Gelegenheit, im regulären Studium Erfahrungen auch ausserhalb der UZH zu sammeln.
Für die beteiligten Universitäten ist der Modulaustausch ein pragmatischer Weg, wie ihre Studierenden von den fachlichen Stärken oder Spezialisierungen innerhalb des ganzen Netzwerkes profitieren können. «Beim Modulaustausch geht es nicht nur um die internationale Erfahrung», erklärt Silberstein. «Wir sehen dieses Format insbesondere auch als eine Ausweitung des Angebotes für die Studierenden.»
Anrechnung garantiert
Dabei ist zentral, dass sich die Studierenden nicht individuell darum kümmern müssen, ob ihnen die Studienleistungen an der Partneruniversität angerechnet werden oder nicht. «Der Modulaustausch garantiert ihnen, dass die Credits für ihr Studium an der UZH angerechnet werden», erklärt Silberstein. Dies ist durch Abkommen zwischen den Universitäten auf der Eben der einzelnen Studienprogramme geregelt. «Damit haben wir die Abklärung für die Anrechenbarkeit von der individuellen auf die institutionelle Ebene gehoben.»
Die Studierenden sind ganz normal in ihrem Studiengang an der UZH eingeschrieben und können die Module an der Gastuniversität online absolvieren. Entsprechend kommen für den Austausch nur online-Module in Frage. Die Auswahl ist in der aktuellen Pilotphase noch auf Angebote aus dem Bereich Künstliche Intelligenz und Datenwissenschaften fokussiert.
Bottom-up-Ansatz
«Die Modulauswahl ist in der Una-Europa-Themengruppe zu KI und Data Science im Austausch der Dozierenden aus den verschiedenen Universitäten entstanden», so Silberstein. Denn – auch das ein Merkmal des Austauschs – die Dozierenden sind im Rahmen der Self Steering Committees von Una Europa an der Entwicklung des Angebotes beteiligt. Aktuell gibt laut Silberstein etwa im Bereich der historischen Kulturwissenschaften (Cultural Heritage) Bestrebungen, Austauschmodule anzubieten.
Wenn sich Dozierende entschliessen, ihren Kurs für den Modulaustausch zur Verfügung zu stellen, dann regeln wiederum die Universitäten untereinander die Modalitätern der Anrechung. «Die Dozierenden haben damit nichts zu tun, für sie ensteht kein Mehraufwand.»
Europaweite Sichtbarkeit
Mehraufwand für die Dozierenden entsteht aber bei der Betreuung der zusätzlichen Studierenden, die von den Gastuniversitäten kommen. Da die Dozierenden nicht beliebig viele Studierende betreuen können, ist der Zugang zu den Modulen auf eine bestimmte Anzahl von Studierende beschränkt. «Diese Lösung hat sich ebenfalls aus den Diskussionen unter den Dozierenden ergeben», so Silberstein.
Der Modulaustausch ermöglicht nicht nur Studierenden eine Horizonterweiterung, sondern auch den Dozierenden: Sie können mit ihren Lehrveranstaltungen Studierende in ganz Europa ansprechen. Gemäss Angaben von Una Europa sind das über 500’000 Studierende an allen beteiligten Universitäten. «Vielleicht finden sich darunter auch mögliche PhD-Kandidat:innen», sagt Silberstein. «Sie können durch den Modulaustausch schon einmal unkompliziert eine Lehrveranstaltung bei einer Professorin oder einem Professor an der UZH absolvieren.»
Gemeinsame Studiengänge
Der Modulaustausch ist nur eine von verschiedenen Möglichkeiten, wie Studierende von Una Europa profitieren können. So ist die UZH an zwei Bachelor-Studiengängen beteiligt, die gemeinsam von mehreren Una-Europa-Universitäten angeboten werden – in European Studies und in Sustainability. «Beide sind interdisziplinär ausgelegt», betont Silberstein.
Im Gegensatz zum Modulaustausch finden bei den Joint Bachelor-Programmen die Studien an den beteiligten Universitäten vor Ort statt. «Je nach Programm gibt es mehrere Möglichkeiten, Teile des Studiums an verschiedenen Universitäten zu absolvieren», erklärt Silberstein. Die Programme beginnen in der Regel jeweils mit einem Grundlagenstudium mit breiter Fächerkombination an einer der beteiligten Universitäten.
Ab dem zweiten oder dritten Semester können die Studierenden dann eine Verteifung oder Fachrichtung an einer anderen Universität auswählen und dort nahtlos weiterstudieren. Möglich ist, an bis zu drei Universitäten nacheinander zu studieren. Das Diplom wird von allen beteiligten Universitäten gemeinsam ausgestellt. Diese Joint-Studienprogramme von Una Europa unterscheiden sich von den meisten anderen Joint und Double Degrees insofern, als die Programme gemeinsam von den beteiligten Universitäten entwickelt wurden.
Europaweites Studium als Fernziel
Weiter bieten einige Una Europa-Universitäten Online-Kurse an, bei denen sich die Studierende so genannte Micro-Credentials im Umfang weniger ECTS-Credits erwerben können. Anders als beim Modul-Austausch ist hier allerdings die Anrechnung nicht gesamtuniversitär geregelt. «Sie sind aber zum Beispiel auch eine Möglichkeit, sich zusätzlich zum curriculären Studium spezialisierte Kompetenzen für eine spätere Berufskarriere anzueignen», erklärt Silberstein.
Die Angebote stünden alle noch in der Anfangsphase, betont Silberstein. Wichtig sei aber die längerfristige Perspektive: «Ich wünsche mir, dass es in Zukunft für die Studierenden ganz selbstverständlich ist, dass ein Studium an der UZH zugleich eine grosse Palette an Studienmöglichkeiten in ganz Europa eröffnet.»