Schlaflos in Dübendorf
Um 13.34 Uhr gilt es ernst: 60 Studierende, Forschende und Weltraum-Begeisterte setzen sich in Gruppen an ihre Tische und legen los. Sie klappen Laptops auf, vertiefen sich ins Gespräch, hauen in die Tasten. Ihr Auftrag: Innerhalb von 30 Stunden ein Konzept zu entwickeln für die wirtschaftliche Nutzung auf dem Starlab. Diese Raumstation soll ab 2029 im unteren Erdorbit unterwegs sein. Dann, wenn die Raumstation ISS nicht mehr im Betrieb ist, wird aus der bisher staatlich getriebenen Raumfahrt eine unternehmerische Raumfahrtökonomie. Dafür braucht es neue Ideen.
Der Innovation Hub der Universität Zürich hat den Starlab Space Mission Hackathon gemeinsam mit verschiedenen Partnern organisiert. Der 30-stündige Ideenwettbewerb findet im Innovationspark Dübendorf statt. Er bietet ein Innovationsfeld zwischen Wissenschaft, Unternehmertum und Raumfahrtindustrie.
Der Anlass war begehrt: Es haben sich rund 260 Personen für die 60 Plätze interessiert. Die Teilnehmenden stammen von verschiedenen Universitäten in Deutschland und der Schweiz und aus unterschiedlichen Disziplinen, zum Beispiel Soziologie, Maschinenbau, Biotechnologie, Psychologie oder Game Design. «Unser erster Space Mission Hackathon mit Starlab zeigt die Kraft der interdisziplinären Zusammenarbeit in ihrer besten Form. Genau diese Art von disziplinübergreifender Innovation fördern wir an der Universität Zürich», sagt Maria Olivares, Head Innovation der UZH.
Mehr Infos zum Starlab Space Mission Hackathon
Der Starlab Space Mission Hackathon fand am 14. und 15. November 2025 im Switzerland Innovation Park Zurich statt.
Es nahmen Studierende der Universität Stuttgart, Technischen Universität Dresden, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Technischen Universität Berlin, Technischen Universität München sowie der Universität Zürich und ETH Zürich teil.
Partner des Hackathons waren neben der Universität Zürich und Starlab die Universität Stuttgart, der deutsche Bundesverband studentischer Raumfahrt, die deutsche Raumfahrtagentur, Aris, das Center for Space and Aviation Switzerland and Liechtenstein (CSA), der Switzerland Innovation Park Zurich, Yuri, FoodFor und ESA BIC Switzerland.
Die 11 Teams, die es in die Auswahl geschafft hatten, haben in den Wochen vor dem Hackathon an vier Online-Trainings teilgenommen und bereits an ihrer Projektidee gearbeitet. Während des Hackathons geht es nun darum, die Idee in ein realisierbares Missionskonzept mit wirtschaftlichem Potenzial zu verwandeln. Dabei stehen ihnen Expert:innen aus der Startup-Szene oder der Raumfahrt zur Seite, die kurze Inputs geben, die Teilnehmenden coachen und herausfordern.
Dübendorf als neues Space-Zentrum
Einer der Experten ist Ulrich Kuebler. «Starlab ist als offene Plattform konzipiert, auf der Unternehmen Hightech-Materialien und -Produkte, zum Beispiel für neue Halbleiter oder Medikamente, unter Bedingungen entwickeln und herstellen können, die nur im Weltraum möglich sind», sagt der Senior Manager Business Development bei Starlab. «Wir möchten junge Talente schon heute motivieren, sich Gedanken zu machen über mögliche Nutzungen. Mit dem Ende der ISS wird es in der Raumfahrt einen Generationenwechsel geben und wir möchten die nächste Generation für unsere Raumstation begeistern.»
Starlab ist ein Joint Venture, zu dem Unternehmen wie Airbus, Voyager Space, Mitsubishi, MDA Space und Space Application Services gehören. Es hat Ende 2024 bekannt gegeben, dass es im Innovationspark Dübendorf seinen europäischen Standort für die kommerzielle Nutzung aufbauen wird. Ein entsprechendes Memorandum of Understanding wurde zwischen Starlab und dem Center for Space & Aviation Switzerland and Liechtenstein (CSA) unter der Leitung von UZH-Professor Oliver Ullrich sowie der Stiftung Switzerland Innovation Park Zürich (IPZ) unterzeichnet.
UZH baut starkes Netzwerk
Der Kanton Zürich verfügt über eine optimale Ausgangslage, um sich als bedeutender Standort für die New Space Economy zu positionieren. Die Universität Zürich mit ihren Innovationsaktivitäten, insbesondere in den Life Sciences, ist exzellent aufgestellt, um dazu maximal beizutragen. In Dübendorf ist die UZH mit dem Space Hub präsent, der mit seinem internationalen Netzwerk eine treibende Kraft ist hinter dem Bestreben, die kommende Space-Industrie in Zürich zu stärken. «Aufgrund ihrer breit gefächerten Forschung ist die UZH prädestiniert dafür, Expertise einzubringen und Impulse zu geben, wenn wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen geschehen», sagt Elisabeth Stark, Prorektorin Forschung der UZH und deren Vertreterin im Stiftungsrat des CSA. «Wir haben als Gründungs-Partner des Center for Space and Aviation ein starkes Netzwerk mit Partnern aus Hochschulen, Wirtschaft und Politik aufgebaut, um Innovationen in der Luft- und Raumfahrt zu fördern.»
Ein Beispiel für diese Vernetzung ist der kürzliche Besuch von Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Petra Olschowski, Baden-Württembergs Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Dübendorf. Der Besuch zielte darauf ab, die Zusammenarbeit in Bildung und Forschung zu stärken und gleichzeitig potenzielle Kooperationsmöglichkeiten in der Raumfahrt und Luftfahrt zu identifizieren. Auch der Starlab Space Mission Hackathon wurde an diesem Treffen diskutiert, die Universität Stuttgart war eine der Partnerinnen dieses Events.
Müde, aber glücklich
Am Hackathon in Dübendorf sind mittlerweile die 30 Stunden fast verstrichen. Viel Schlaf haben die Teilnehmenden in der Nacht nicht erhalten. Die Teams geben ihren Präsentationen den letzten Schliff. Sie haben Konzepte ausgearbeitet zu der Erforschung von Halbleitern unter Schwerelosigkeitsbedingungen, dem Metall-3D-Druck im All oder auch zu der Frage, wie Astronaut:innen im All ihre Kleider waschen könnten.
Der Jury fiel der Entscheid angesichts der vielen guten Projekte nicht leicht, am Ende standen aber die Sieger fest (siehe Kasten). Die prämierten Teams durften sich über Preise von insgesamt 9'000 Franken freuen. Nach 30 Stunden endete also der Hackathon – die Begeisterung für die Raumfahrt aber nicht: Viele der Teams wollen ihre Ideen weiterverfolgen, damit diese Wirklichkeit werden.