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Mathematiktalent

«Ich habe mein halbes Leben an der UZH verbracht»

Der 21-jährige Maximilian Janisch hat heute seine Dissertation verteidigt. Im Interview blickt der Mathematiker zurück auf seine Zeit an der Universität Zürich (UZH) und erzählt, was er als nächstes macht.
Carole Scheidegger
Maximilian Janisch bei der Verteidigung seiner Dissertation. Mit zehn Jahren wurde ihm von der UZH ein Förderprogramm angeboten. Nun hat er seine Doktorarbeit abgeschlossen. (Bild: UZH)

Sie gehen seit elf Jahren an der Universität Zürich ein und aus. Wie war diese Zeit für Sie?

Maximilian Janisch: Ich habe mein halbes Leben an der UZH verbracht. Schon der Start im Alter von zehn Jahren war sehr gut: Ich wurde von Camillo De Lellis unterrichtet, der damals Mathematikprofessor an der UZH war. Das war eine sehr besondere Zusammenarbeit, die mir auf alle Fälle in Erinnerung bleiben wird. 2018 habe ich mich dann als normaler Student eingeschrieben und das Bachelor- und Masterstudium absolviert. Die letzten dreieinhalb Jahre habe ich an meiner Dissertation gearbeitet. Es war eine schöne Zeit und ich bin ein wenig melancholisch, dass sie nun zu Ende geht.

Welche Bereiche der Mathematik interessieren Sie besonders?

Janisch: Ich habe mich sehr lange mit vielen Feldern der Mathematik beschäftigt. Besonders gefallen mir Analysis und Wahrscheinlichkeitstheorie. Zu Themen aus diesen Bereichen habe ich in meiner Masterarbeit und meiner Doktorarbeit gearbeitet.

Können Sie das bitte für Nicht-Mathematiker:innen wie mich erklären: Was genau interessiert Sie daran?

Janisch: Das ist unterschiedlich bei Analysis und bei Wahrscheinlichkeitstheorien. Was vielleicht in beiden Fällen ähnlich ist: Es gibt eine spezielle Form, Berechnungen zu machen. Diese Vorgehensweise gefällt mir, weil man viele Schritte geht, die auf nicht offensichtliche Weise zusammenhängen. Dabei hat man viel Freiheit, um gute Argumente zu finden.

Beide Felder haben ausserdem gemeinsam, dass es sich zwar um rein theoretische Gebiete handelt, die sich aber auch gut für Anwendungen eignen. Die Hydrodynamik, die Quantenmechanik und die klassische Mechanik – sie alle verwenden Differenzialgleichungen aus der Analysis. Und die Wahrscheinlichkeitstheorie, auf der die Statistik aufbaut, fliesst zum Beispiel in die Künstliche Intelligenz ein.

Akademischer Weg oder Industrie: Ich kann mir beides vorstellen, denn ich interessiere mich sowohl für reine als auch für angewandte Mathematik.

Maximilian Janisch

Haben Sie im Studium oder bei der Doktorarbeit auch schwierige Momente erlebt?

Janisch: Ja, die gab es. Weniger im Studium – da ist vielleicht das Schlimmste, dass man mal eine Prüfung nicht besteht. Bei der Doktorarbeit hingegen hat man viel mehr Freiheiten als im Studium, muss aber auch selbstständiger arbeiten.  Das war teilweise stressig für mich. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass meine wissenschaftlichen Ergebnisse nicht so ergiebig waren, wie ich mir vorgestellt hatte. Dann war ich selbst dafür verantwortlich, dass sich das ändert.

Wie haben Sie solche Situationen bewältigt?

Janisch: Ich habe keine spezielle Technik angewendet, sondern versucht, den Frust zu überwinden und weiterzumachen – einfach nicht aufgeben.

Sie waren wohl oft der Jüngste im Hörsaal oder im Büro. Wie war das für Sie?

Janisch: Heute ist das für mich kein so grosses Thema mehr. Als ich noch jünger war, habe ich habe das stärker empfunden: Da war ich zehn und die anderen in der Klasse etwa 13 Jahre alt, also schon in der Pubertät, an einem ganz anderen Punkt. Mit der Zeit hat sich das ausgeglichen. Heute sind manche Leute, mit denen ich zusammenarbeite, auch wesentlich älter. Aber wir haben ähnliche Interessen. Und die Studierenden, mit denen ich zu tun habe, sind in einem ähnlichen Alter oder noch etwas jünger.

Und wie geht es jetzt bei Ihnen weiter?

Janisch: Zunächst einmal mache ich ein zehnwöchiges Praktikum bei einem Finanzdienstleister in London. Was danach kommt, ist noch nicht ganz klar: Will ich den akademischen Weg einschlagen oder in die Industrie wechseln? Ich kann mir beides vorstellen, denn ich interessiere mich sowohl für reine als auch für angewandte Mathematik. Es hängt auch davon ab, wie mir das Praktikum gefällt. Im Moment ist der Weg noch offen.