Räume für Forschung, Lehre und Arbeit optimal nutzen

Manchmal scheint die UZH aus allen Nähten zu platzen, zu anderen Zeiten wiederum kommt der Eindruck auf, die Räume sind wenig genutzt. Was stimmt?
François Chapuis: Beides stimmt. Das ist eine der Herausforderungen, mit denen wir umgehen müssen. Die Nutzung der Räume variiert sehr stark, was die Planung sehr komplex macht. In der Lehre ist zum Beispiel die Auslastung der Räume nicht gleichmässig über die Zeit verteilt. Es gibt hohe Spitzen zu Beginn des Semesters und eher ruhige Phasen in der vorlesungs- und prüfungsfreien Zeit. Auch bei den Arbeitsplätzen führen die neuen Arbeitsformen mit Homeoffice, mobilem Arbeiten sowie Teilzeitstellen dazu, dass die Auslastung der Büros stark schwankt. Hier müssen wir in Spitzenzeiten für alle genügend Raum bereitstellen können.
Michael Schaepman: Die Anforderungen an Räumlichkeiten für Forschung, Lehre, Dienstleistungen und Administration verändern sich stetig. Kollaborative und interaktive Formen der Zusammenarbeit erfordern heute zusätzliche, sowie andere Arten von Räumen als nur die klassischen Hörsäle und Büros. Auch werden wir in zehn Jahren Räume für Forschung und Lehre wiederum anders nutzen als heute. Wir müssen also einerseits aktuellen Bedürfnissen gerecht werden und andererseits Leerstände vermeiden. Wo es Leerstände gibt, sollten wir die Räume dort zur Verfügung stellen, wo ein erhöhter oder veränderter Bedarf besteht. Wir setzen also alles daran, kommende Veränderungen bestmöglich zu antizipieren und die Planung entsprechend auszurichten – ohne dass wir permanent Räume unmfunktionieren müssen: eine Gratwanderung!
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Die UZH muss gute Rahmenbedingungen für Forschung und Lehre bieten, wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen.
Wo stellen sich die grössten Herausforderungen?
Schaepman: Als Institution mit Vorbildscharakter ist es unser Ziel, mit Räumen effizient, bedarfsgerecht und ressourcenschonend umzugehen. Dies bedingt, dass wir wissen, wie die tatsächliche Nutzung aussieht. So können wir Entwicklungen auf einer fundierten und quantitativ erhärteten Grundlage planen und begrenzten Raum optimaler nutzen.
Chapuis: Wir werden in den kommenden Jahren verschiedene Gebäude instand stellen müssen. Sei dies, weil die Nutzung geändert hat, die Substanz erneuert werden muss oder auch aus Sicherheitsgründen. Weiter sind wir daran, die Barrierefreiheit in vielen Gebäuden zu verbessern. Das heisst, dass wir einen Teil der Flächen wegen diesen Bautätigkeiten temporär nicht nutzen können. Auch wenn mittelfristig durch das FORUM UZH und PORTAL UZH grosse neue Flächen hinzukommen, entspannt sich die Situation nur teilweise. 2035 wird das PORTAL UZH auf dem Campus Irchel eröffnet. Das ist der Auftakt für die Sanierungsrochaden zur Gesamterneuerung des Campus Irchel, was mehr als zehn Jahre andauern wird.
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Wir brauchen fundierte, evidenzbasierte Grundlagen für die Planung: Wir müssen wissen, wie die Räume heute und in der Zukunft tatsächlich genutzt werden.
Wie plant man die Nutzung unter solchen Bedingungen?
Schaepman: Wichtig ist, dass man bei der Planung das Ziel im Auge behält: Die UZH muss gute Rahmenbedingungen für sämtliche Tätigkeiten in Forschung und Lehre bieten, wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen – und das ist ein erkärtes Ziel. In Zukunft werden Interdisziplinarität und methodenübergreifende Zusammenarbeit in der Forschung und der Lehre zunehmend an Bedeutung gewinnen. Unsere Infrastruktur soll dafür ideale Bedingungen bieten, zum Beispiel mit Räumen, die informelle Begegnungen oder die Zusammenarbeit in diverser zusammengesetzten Gruppen ermöglichen. Zudem üben wir alle während unserer Arbeit eine wachsende Anzahl von unterschiedlichen Tätigkeiten aus: stilles Arbeiten am Computer, Workshops, Gruppenarbeiten, etc. Dem tragen wir mit dem Konzept des «Activity Based Working» Rechnung. Das heisst, wir statten unsere Räume vermehrt so aus, dass sie einer Vielzahl von Tätigkeiten gerecht werden, welche spezifisch auf diese unterschiedlichen Aktivitäten ausgerichtet sind.
Chapuis: Wir brauchen fundierte, evidenzbasierte Grundlagen für die Planung: Wir müssen wissen, wie die Räume heute und in der Zukunft tatsächlich genutzt werden. Weil sich die Anforderungen und die Art der Nutzung verändert hat, können wir nicht nur auf Erfahrungswerte abstellen. Deshalb wollen wir nun die Voraussetzungen schaffen, um ein aktuelles Bild der tatsächlichen, gemessenen Nutzung zu erhalten.
Was heisst das nun konkret? Wie gehen Sie vor?
Chapuis: Als erstes werden wir vom Herbstsemester 2025 bis Mitte 2026 an verschiedenen Standorten die Belegung der Räume im Lehr- und Forschungsbereich sowie bei verschiedenen Büroarbeitsplätzen messen. Auf dieser Grundlage können wir dann konkrete Massnahmen planen.
Wie muss man sich diese Messungen vorstellen?
Chapuis: Wir werden verschiedene Indikatoren messen, von denen man auf die Nutzung, nicht aber auf die Individuen im Raum schliessen kann. Einerseits werden wir auswerten, wie viele Geräte zu einer bestimmten Zeit einen WLAN-Zugangspunkt nutzen. Ein weiterer Indikator ist eine Messung des CO2-Wertes der Luft. Ein mehrmonatiger Testlauf in unserem Grossraumbüro an der Pfingstweidstrasse hat gezeigt, dass man damit zuverlässige Angaben über die tatsächliche Anzahl der Personen im Raum sowie der Belegungsdauer erhält.
Schaepman: Bei der Evaluation der Messmethode standen sowohl die Genauigkeit wie auch der Datenschutz an erster Stelle. Alle Informationen werden ausschliesslich anonymisiert verarbeitet. Es wird nicht möglich sein, in irgendeiner Weise Rückschlüsse auf die Identität einzelner Personen zu machen.
So funktionieren die Messungen
Für die Raumbelegungsmessung und Auslastungsanalyse werden keine personenbezogenen Daten ausgewertet. Gemessen wird mit Systemen, die Aufschluss geben über die Anzahl Personen, die sich an einem bestimmten Ort befinden. Zum Beispiel:
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WiFi
Es wird ausgewertet, wie viele Geräte mit einem bestimmten WLAN-Zugangspunkt verbunden sind. Dabei wird die MAC-Adresse des Geräts, die Signalstärke sowie ein Zeitstempel übertragen. Die MAC-Adressen werden vor der Speicherung und Bearbeitung anonymisiert. Mit Hilfe von KI-Algorithmen werden doppelt eingeloggte Geräte erkannt. -
CO2-Werte
Mit CO2-Messgeräten wird der CO2-Gehalt der Luft gemessen. Schwankungen in der CO2-Last werden durch Algorithmen ausgewertet. Damit können Rückschlüsse auf die Anzahl Personen in einem Raum gemacht werden.
Sowohl der Datenschutzbeauftragte des Kantons als auch der Datenschutzbeauftragte der Universität Zürich haben alle Aspekte geprüft und die Messungen freigegeben. Auch ein externes Rechtsgutachten hat zum selben Ergebnis geführt.
Wo wird gemessen?
Oktober 2025 – Oktober 2026: Zentrale Lehr- und Lernflächen am Campus Irchel
Stichprobenartige Messungen in ausgewählten Büroflächen und Laborflächen an verschiedenen Standorten. Die Betroffenen werden im Voraus rechtzeitig über die Messungen informiert.
Wann werden die Resultate vorliegen? Was passiert damit?
Chapuis: Wir rechnen mit ersten Resultaten im Laufe des Jahres 2026. Sie werden uns wertvolle Informationen liefern, wo wir allenfalls kurz- und mittelfristig die Nutzung optimieren können. Und sie sind die Grundlage für die längerfristige Planung.
Wie könnten solche Optimierungsmassnahmen aussehen? Was bedeutet das für die einzelnen Mitarbeitenden oder für die Studierenden?
Schaepman: Bei allen Massnahmen steht immer im Vordergrund, dass sie nicht auf Kosten der Qualität der Forschung und Lehre gehen. Für die Mitarbeitenden und Studierenden heisst das, dass sie vermehrt Räume nutzen können, welche noch besser auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind.
Chapuis: Ein Ziel wird sicher sein, derzeit wenig genutzte Flächen weiteren oder anderen Nutzenden zur Verfügung zu stellen. Das tun wir beispielsweise seit einigen Jahren, indem wir in der Prüfungszeit die Vorlesungsräume den Studierenden als Arbeits- und Lernplätze zur Verfügung stellen. Bestehende Spitzen könnten durch organisatorische Massnahmen abgeschwächt werden. Auch hier können die Messungen Hinweise geben, wo entsprechende Potenziale liegen und wie solche Massnahmen ausgestaltet werden könnten.