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Tag der Biodiversität

Neue Buchen für den Schweizer Wald

Der Klimawandel setzt den hiesigen Buchen zu. Forschende der UZH wollen nun lernen, wie die Buchenwälder von morgen aussehen könnten. Dazu gehen sie experimentell vor und nutzen Spektraldaten, um die Biodiversität der Buchenwälder zu erforschen.
Marita Fuchs
Buchen auf dem Irchel
Mit diesen Jungbuchen aus unterschiedlichen Populationen untersuchen UZH-Forschende die physiologischen Reaktionen auf Trockenstress. (Bild: Dave Kurath)

Wanderer, die jetzt im Mai durch Wald und Flur streifen, bewundern das frische Grün der Buchenwälder. Wissenschaftler:innen dagegen beobachten die Buchenwälder mit Sorge. Der Klimawandel mit den Phasen langer Trockenheit setzt nicht nur Baumarten wie der Fichte zu. In Schweizer Wäldern zeigt auch die vielerorts prägende Buche ein teilweise dramatisches Bild.

Ein Indiz zum Ausmass der sogenannten Buchen-Vitalitätsschwäche in der Schweiz zeigen Zahlen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Demnach sind bis zu 10 Prozent der Buchen, die im trockenen Jahr 2018 bereits im Juli ihr Laub verfärbten und abwarfen, innerhalb von drei Jahren abgestorben. Betroffen waren vor allem Bäume in niederschlagsarmen Regionen und auf trockenen Böden. Der Laub- sowie Astverlust nahm laut der WSL bei Buchen nach 2018 weiter zu, wenn sie auch in den folgenden Jahren wenig Wasser erhielten. Letztlich starben viele von ihnen ab. Buchen auf feuchteren Böden erholten sich jedoch in den folgenden Jahren.

Resistente Buchen suchen

Buchenwälder gibt es in ganz Europa; sie gedeihen sogar im trockenen Klima Nordspaniens, in Kroatien oder Italien. Sind diese südlichen Buchen resistenter? Können sie mit der Trockenheit besser umgehen? Gibt es innerhalb der Art Buche (lat. Fagus sylvatica) intraspezifische Merkmale, die den Buchen erlauben, die Hitzeperioden besser zu überstehen? Diese Fragen beschäftigt ein Forschungsteam am Geografischen Institut der UZH. Das Ziel: Mit dem Wissen um die Besonderheiten des Buchen-Genoms könnten in Zukunft Förster:innen Bäume pflanzen, die aufgrund ihrer genetischen Voraussetzungen besonders gut gegen Hitze und Trockenheit gewappnet sind.

Sofia van Moorsel ist leitende Wissenschaftlerin des Buchen-Projekts am Irchel. Die Ökologin untersucht zusammen mit ihrem Team 180 Buchen. 2021 aus Samen gezogen, sind die Buchen im Sommer 2023 schon etwa einen halben Meter hoch. Auf den ersten Blick sehen sie gleich aus. Doch der Schein trügt: Die 16 Buchen-Populationen – Forschende sprechen auch von Provenienzen – stammen aus unterschiedlichen Ländern, beinahe dem gesamten Verbreitungsgebiet der Art in Europa.

Gartenexperiment mit 180 Buchen

Gartenexperiment
Mit dem Spektrometer können die Forschenden die Diversität innerhalb der Buchenpopulation auswerten. (Bild und Grafik: Dave Kurath)

Knapp fünf Stunden dauert es, bis die 180 Töpfe aus dem Gewächshaus getragen und auf dem Versuchsgelände genau nach Plan verteilt sind. Sensoren in den Töpfen messen die Bodenfeuchte, zudem erfassen die Geograf:innen die Wachstumsraten der Buchen und die Blatteigenschaften wie Chlorophyllgehalt und Verdunstung. «Wir kombinieren den experimentellen Ansatz aus der Ökologie mit der spektroskopischen Analyse der Blätter, es ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Geografen und Umweltwissenschaftler:innen, die in dieser Form neu ist», sagt van Moorsel. Die Blattspektroskopie erweist sich als ein wertvolles Instrument zur Bewertung der Trockenheitsreaktion der untersuchten Sämlinge. 

Südliche Populationen erweisen sich als stressresistenter

Um zu zeigen, wie sie die spektroskopischen Eigenschaften der Blätter erfasst, fixiert van Moorsel ein Buchenblatt in einem Blatthalter, der mit einer Lichtquelle verbunden ist. Diese beleuchtet nun das Blatt mit unterschiedlichen Wellenlängen, die vom sichtbaren Spektrum bis ins Infrarot reichen. Das Licht wird von der Blattoberfläche reflektiert und von einem Lichtsensor gemessen. Letztlich können so physiologische, biochemische und strukturelle Merkmale der Pflanze ausgewertet werden. Dazu gehört die Effizienz der Photosynthese, der Wasserindex und die Messung des Chlorophylls. «Die Spektrumsmessung ist wie ein Fingerabdruck der Pflanze», erklärt van Moorsel. Die Messdaten werden gespeichert und ausgewertet. Auf diese Weise können sie und ihr Team eine Vielzahl relevanter physiologischer Reaktionen auf Trockenstress bei verschiedenen Buchengenotypen erfassen. Bis jetzt deuten die ersten Ergebnisse darauf hin, dass die jungen Buchen, die aus den südlichen Regionen stammen, besser mit der experimentellen Trockenheit umgehen können.

Buchenwald auf dem Irchel-Campus

Sofia van Moorsel mit Buchen auf dem Irchel Campus. (Foto: Dave Kurath)
Sofia van Moorsel mit Buchen auf dem Irchel Campus. (Bild: Dave Kurath)

«Die genetische Variation einer Art ist besonders wichtig für die Biodiversität», bilanziert die Forscherin. «Verlieren wir die genetische Diversität und den Artenreichtum, verlieren die Ökosysteme ihre Fähigkeit, äussere Einflüsse abzufedern». Die stressresistenten Buchen des Buchenexperiments auf dem Irchel könnten demnächst helfen, die Schweizer Buchenwälder mit resistenteren Exemplaren aufzuforsten, so die Hoffnung.

Und was geschieht mit den Buchen, wenn das Experiment abgeschlossen ist? «Vielleicht können wir hier auf dem Irchel-Campus einen kleinen Buchenwald wachsen lassen», meint van Moorsel lachend.

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