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Frauenfussball ebenso gut bewertet wie Männerfussball

Mit dem Start der Frauenfussball-WM am 20. Juli rückt erneut die Qualität des Frauenfussballs ins Rampenlicht. In diesem Diskurs liefert eine neue Studie der UZH interessante Erkenntnisse: Demnach wird der Männerfussball nur dann signifikant besser bewertet, wenn das Geschlecht der Spieler eindeutig erkennbar ist. Ist dies nicht der Fall, werden Frauen- und Männerfussball gleich gut bewertet.
Mangelndes Interesse am Frauenfussball liegt nicht an der Qualität der Leistungen, hier im Bild die US-Fussballerin Alex Morgan.

Der Frauenfussball verzeichnet ein bemerkenswertes Wachstum und bricht Rekorde beim Interesse der Fans, bei den Zuschauerzahlen und den Einnahmen. Dennoch hinken die Frauenwettbewerbe immer noch hinterher. Unabhängig davon, ob man die Berichterstattung, die Investitionen oder die Einnahmen betrachtet, schneiden die Spiele der Männer besser ab als jene der Frauen. Und warum? «Die gängige Meinung besagt, dass Männersportarten einfach besser sind als Frauensportarten, weil sie grösser, stärker und schneller seien», sagt Carlos Gomez, Forscher am Institut für Betriebswirtschaftslehre der UZH und Autor der Studie. «Die Existenz von Stereotypen sollte uns jedoch auf eine andere Möglichkeit aufmerksam machen: Geschlechtsspezifische Informationen können unsere Wahrnehmung von Qualität beeinflussen.»

Im Sport, wie auch in anderen männerdominierten Berufen, werden die Fähigkeiten von Sportlerinnen genau unter die Lupe genommen, und sie müssen sich routinemässig mit Kritik an ihrem Talent und ihrer Härte auseinandersetzen. So sind sexistische Äusserungen, wonach Frauensportarten langweilig, langsam und unattraktiv seien, zwar weniger verbreitet und akzeptiert als in der Vergangenheit, aber es gibt sie immer noch. In Verbindung mit mangelnder Berichterstattung und geringeren Investitionen können diese Stereotypen den Frauensport im Vergleich zum Männersport langweilig erscheinen lassen und die Wahrnehmung der Qualität negativ beeinflussen.

Morgan oder Modrić – Hauptsache Fussball

Forschende der UZH haben nun untersucht, ob Personen die Qualität von Frauen- und Männerfussball unterschiedlich bewerten, wenn sie das Geschlecht der Spielerinnen nicht erkennen können. Im Experiment haben 613 Teilnehmende Torszenen von Spitzen-Fussballerinnen und -Fussballern wie Alex Morgan und Luka Modrić angesehen. In einer Gruppe wurde das Geschlecht der Spielerinnen und Spieler verschwommen dargestellt, so dass die Teilnehmenden nicht erkennen konnten, ob sie Männer oder Frauen sahen. In der Kontrollgruppe wurden die Videos nicht verändert. Die Teilnehmenden schauten sich je fünf Männer- und fünf Frauenvideos an und bewerteten die Leistung der Spieler auf einer 5-Punkte-Skala.

Frauenfussball hat Potenzial noch nicht erreicht

Die Ergebnisse zeigen, dass die Fussballvideos der Männer nur dann signifikant besser bewertet werden, wenn die Teilnehmenden das Geschlecht der Spieler identifizieren können. Die Unterschiede zwischen den Bewertungen der Leistungen von weiblichen und männlichen Spielern verschwinden, wenn das Geschlecht nicht erkennbar ist. «Dieses Ergebnis widerlegt die Annahme, dass die geringe Nachfrage nach Frauenprofifussball auf die Leistungsqualität der Spielerinnen zurückzuführen ist», sagt Carlos Gomez. Die Studie deutet darauf hin, dass der Frauenfussball und wahrscheinlich auch andere Frauenmannschaftssportarten ihr volles wirtschaftliches Potenzial noch nicht erreicht haben. Während die Spannung vor der Frauenfussball-WM steigt, könnte diese Studie einen wichtigen Beitrag leisten, um die Diskussion über die Qualität des Frauenfussballs in ein neues Licht zu rücken.

Literatur:

Carlos Gomez-Gonzalez, Helmut Dietl, David Berri, Cornel Nesseler. Gender Information and Perceived Quality: An Experiment with Professional Soccer Performance. Sport Management Review, 12 July 2023. Doi: 10.1080/14413523.2023.2233341