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Altertumswissenschaften und Geschlecht

Der Untergang Roms – Ein Männerthema?

Gibt es in den klassischen Altertumswissenschaften Bereiche, die fast ausschliesslich von Männern beziehungsweise von Frauen erforscht werden? So lautete die Ausgangsfrage eines Podiumsgesprächs an der UZH.
Alexander Schärer
Wie finden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihr Forschungsthema? Diskussionsrunde mit Susanna Elm (rechts im Bild).

 

Frauen sind in der Wissenschaft unterrepräsentiert. Diese Feststellung wurde bereits oft diskutiert. Weniger beachtet wurde bisher die thematische Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern: Auf welche wissenschaftlichen Themen und Inhalte spezialisieren sie sich? Gibt es spezifische Frauen- bzw. Männerdomänen der Wissenschaft? Diese Fragen standen im Zentrum einer Podiumsdiskussion, zu der die Abteilung Gleichstellung der UZH am Mittwoch eingeladen hatte.

Durch den Abend führte Susanna Elm, Professorin für Alte Geschichte an der Universität California, Berkeley (USA). Sie ist zurzeit Hedi Fritz-Niggli-Gastprofessorin an der Theologischen Fakultät der UZH. Das Gespräch drehte sich um das Stichwort Hidden Bias – ins Deutsche übersetzt kann man von unbewusster Voreingenommenheit sprechen.

Ein solcher Bias existiert auch im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Geschlecht und also möglicherweise mit der Art und Weise, wie Forschende ihre Themen wählen. Auf dem Podium diskutierten sieben Professorinnen, Professoren und Forschende der UZH: Ulrike Babusiaux (Rechtswissenschaftliche Fakultät), Silke-Petra Bergjan (Theologische Fakultät), Adrian Brändli (Philosophische Fakultät), Nikolas Hächler (Philosophische Fakultät), Beat Näf (Philosophische Fakultät), Riccarda Schmid (Philosophische Fakultät) und Andreas Victor Walser (Philosophische Fakultät).

Auffällige Verteilung

Den Anfang machte Susanna Elm, sie berichtete, dass sie anfänglich bei ihrem Forschungsgebiet – dem Untergang des Römischen Reiches – keinen Zusammenhang zu Geschlechterstereotypen wahrgenommen habe. Erst später sei ihr aufgefallen, dass fast nur Männer dazu geforscht hätten.

Susanna Elms Beobachtung einer auffälligen Verteilung der altertumswissenschaftlichen Forschungsthemen nach Geschlecht wurde durch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Podium für ihre jeweiligen Fachgebiete bestätigt. Während die sogenannten «grossen Entwicklungen» – wie der Untergang Roms – vor allem Männern vorbehalten blieben, suchten sich Frauen Nischengebiete wie etwa Numismatik oder Aspekte aus der Sprachwissenschaft.

Wandelbare Typologien

Mit der Frage «Wie wählen wir unsere Themen?» erörterten die Podiumsteilnehmenden selbstkritisch die eigene Voreingenommenheit. Es gelte, Geschlechterstereotypen nicht bloss zu erkennen, sondern darüber hinaus zu bedenken, dass auch diese Vorurteile sich im Laufe der Zeit verändern. Dies zeige sich etwa in der Geschichte der Historiographie des Altertums. Die fixe Zuordnung eines Themas entweder zu Frauen oder zu Männern sei zu hinterfragen. Was vor einiger Zeit noch ein «typisch männliches» Thema war, kann zu einem «typisch weiblichen» Thema werden – und umgekehrt. So wurde zum Beispiel erläutert, dass das Thema «Untergang» in der griechischen Literatur generell weiblich konnotiert war.

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