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Neurochirurgie

Präzisionsarbeit am Nervenzentrum

Die Neurochirurgie in Zürich geniesst Weltruf. Professor Luca Regli, Professor für Neurochirurgie an der UZH, erklärte in der Veranstaltungsreihe «Wissen-schaf(f)t Wissen», welche Rolle die Technologie bei Hirnoperationen spielt. 
Magdalena Seebauer
Arbeitet im Operationssaal mit dem schweizweit einzigen intra-operativen MRI-Gerät: Neurochirurg Professor Luca Regli von der UZH. (Bild: Max Gassmann)

Das menschliche Gehirn ist ein komplexes Organ. Ob die Wissenschaft seine Funktionsweise je ganz durchschauen wird, ist noch ungewiss. Nicht nur übersteigt die Zahl der Verknüpfungen zwischen Nervenzellen um ein Vielfaches die Anzahl Sterne der Milchstrasse. Das Gehirn befindet sich auch in stetigem Umbau: Mit jeder Erinnerung werden Verbindungen geschaffen oder abgebaut. Für diese ausserordentliche Leistung verbraucht es zwanzig Prozent der Energie des gesamten Körpers, obwohl es nur zwei Prozent der Gewichtsmasse ausmacht.

Da sei es fast vermessen zu meinen, wir könnten das Gehirn verstehen, sagte Prof. Luca Regli, ordentlicher Professor für Neurochirurgie an der UZH und Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsspital Zürich zu Beginn seines Vortrags. Dennoch erlauben das heutige Wissen und die heutigen Technologien Eingriffe und Vorgehensweisen, wie aus Science-Fiction-Romanen. Beispielsweise können Teile der Schädeldecke mit einem individuell angefertigten Kunststoffknochen aus dem 3D-Drucker ersetzt werden. Mit bildgebenden Verfahren können Strukturen und Nervenbahnen im Gehirn dreidimensional sichtbar gemacht werden. So wird es möglich, den verschiedenen Arealen des Gehirns sehr genau die entsprechenden Funktionen zuzuordnen und quasi eine Karte des Gehirns zu erstellen.

Heikle Balance

Auch krankhafte Veränderungen im Gehirn wie beispielsweise bei einem Tumor können heute sehr genau lokalisiert werden. Müssen diese chirurgisch entfernt werden, wird der Eingriff dennoch zur Gratwanderung: Der Operateur muss möglichst viel Tumorgewebe entfernen, damit sich aus verbleibenden Zellen nicht neue Geschwülste bilden. Entfernt er zu viel, kann dies schwerwiegende neurologische Ausfälle zur Folge haben. «Oberstes Ziel ist es, die Krankheit effizient zu behandeln und dennoch die Funktion der gesunden Teile des Gehirns zu erhalten», erläuterte Regli.

Umso heikler wird die Situation, wenn ein Tumor beispielsweise die Bereiche im Gehirn, die für die Sprache oder das Sehen verantwortlich sind, durchdringt. Um kontinuierlich die Funktion der betroffenen Gebiete zu überwachen, wird in solchen Fällen oft in wachem Zustand operiert. Möglich ist dies, weil das Gehirn unempfindlich gegen Schmerzen ist. Nur der Hautschnitt und die Öffnung des Schädels erfolgen unter Narkose.

Zürich, Mekka der Neurochirurgie

Die Unterschiede zwischen verschiedenen Strukturen und zwischen bösartigen und gesunden Zellen zu erkennen, ist mit freiem Auge fast ein Ding der Unmöglichkeit. Mit den heutigen bildgebenden Verfahren im Operationssaal – von Ultraschall über Angiografie bis MRI und CT – ist dieser Herausforderung jedoch viel leichter zu begegnen als in den Anfangszeiten der Neurochirurgie, als noch mit der Stirnlampe das Licht an den Operationsort gebracht wurde. Seither gab es mehrere Quantensprünge. An einigen davon waren Reglis Vorgänger an der Zürcher Neurochirurgie – darunter Hugo Krayenbühl, Yasuhiro Yonekawa, Mahmut Gazi Yasargil und Helmut Bertalanffy – massgeblich beteiligt. Sie verhalfen der Klinik zu Weltruf.

Die Bedingungen für die Neurochirurgie seien in Zürich optimal, sagte Regli. «Wir profitieren von der engen Zusammenarbeit von Universitätsspital, Universität und ETH Zürich. Und unsere Ausstattung ist einzigartig: In unserem Operationssaal steht beispielsweise das schweizweit einzige intra-operative MRI-Gerät mit sehr hoher Feldstärke, das eine genaue Überwachung während des Eingriffs erlaubt.»

Virtual Reality im Operationssaal

Höchste Präzision durch innovative Technologien zu erreichen, sei der Schlüssel zum Erfolg, ist Regli überzeugt. Computergestützte Operationsverfahren ermöglichen heute neben einer präzisen virtuellen Planung vor der Operation ein sicheres Navigieren im Gehirn während der Operation. Über zahlreiche Bildschirme kann die gerade behandelte Stelle auf Patientenbildern visualisiert und das Operationsgerät darin exakt lokalisiert werden. Zusätzlich kann sich der Operateur durch ein automatisches Warnsystem unterstützen lassen. Ein Alarm wird auslöst, wenn sich die Spitze des Operationsinstruments einem bestimmten wichtigen Nerv bis auf einen gewissen Abstand nähert. «Das ist ähnlich dem Warnsystem beim Einparkieren eines Autos», erklärte Regli.

Dass für so eine Operation ein etwa zehnköpfiges Team von Spezialisten notwendig ist, überrascht nicht. Ebenso wenig die damit verbundenen hohen Kosten. Doch für Regli ist klar: «Was wir hier am Universitätsspital machen, ist beides: Grundversorgung sowie hochspezialisierte Medizin, die zudem wichtige Erkenntnisse für die Forschung liefert».