Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Internationale Stipendien

Mobiles Wissen

Spezielle Stipendien von Bund und Universitäten ermöglichen es Studierenden aus Entwicklungs- und Schwellenländern, einen Forschungsaufenthalt in der Schweiz zu machen. Wie dies ihre Karriere beeinflusst, zeigt erstmals eine Studie von Universität und ETH Zürich. An einer Tagung wurden die Resultate gestern diskutiert.
Adrian Ritter

Kategorien

«Brain drain» oder nicht? Podiumsgespräch über die Wirkung von Stipendien (von links): Jacques Moeschler (Eidg. Stipendienkommission für ausländische Studierende), Bassirou Bonfoh (Centre Suisse de Recherches Scientifiques, Elfenbeinküste), Moderator Thomas Streiff und UZH-Professorin Katja Michaelowa. 

Von der Betreuung durch kompetente Vorgesetzte über das Networking bis zu erweiterten Sprachkompetenzen: Die ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten von UZH und ETH Zürich sind voll des Lobes über die Wirkung, die ihr Aufenthalt in der Schweiz auf ihren beruflichen Weg hatte. 95 Prozent der Befragten gaben an, dass das Stipendium für sie hilfreich war.

Dies ist eines der Ergebnisse der Studie «Brain drain or bain circulation? Career paths of international students» von ETH Global und der Abteilung Internationale Beziehungen der UZH. Die Studie basiert auf einer Befragung von rund 300 Stipendiaten, die zwischen 1996 und 2012 an der Universität und ETH Zürich forschten. Sie stammten unter anderem aus China, Indien, der Mongolei, Russland und Kuba.

Die Hälfte kehrte zurück

An einer Tagung an der ETH Zürich wurden die Ergebnisse der Studie gestern vorgestellt und diskutiert. Vertreterinnen und Vertreter von Schweizer Hochschulen und des Bundes zeigten sich erfreut, dass sich mit der Studie erstmals ein Bild der Wirkung internationaler Stipendien zeichnen lässt.

Speziell zu reden gab die Frage, ob internationale Stipendien den so genannte «Brain drain» fördern. Die Studie zeigt nämlich: Rund 50 Prozent der Stipendiatinnen und Stipendiaten leben heute wieder in ihrem Heimatland, die anderen mehrheitlich in hoch entwickelten Ländern. Vor allem die jüngeren Befragten zog es nach dem Besuch der Schweiz weiter in alle Welt.

Den Talentpool leeren?

Die Studie relativiert die Sichtweise, dass internationale Stipendien den Talentpool der Entwicklungs- und Schwellenländer leeren: Mehr als die Hälfte der Personen, die heute nicht mehr in ihrem Herkunftsland leben, unterhalten trotzdem berufliche Kontakte dorthin. Die Stipendien leeren nicht den Talentpool, sondern ermöglichten Netzwerke von Individuen in unterschiedlichen Ländern.

Konzepte von «brain drain» und «brain gain» verlieren in einer globalisierten Welt zunehmend an Bedeutung, zeigte sich dabei Yasmine Inauen, Leiterin der Abteilung Internationale Beziehungen der UZH, überzeugt. Die weltweite Bildungslandschaft verändere sich: «Ehemalige Schwellenländer wie China und Indien ziehen heute mit hochkarätigen Universitäten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt an. Und ihren eigenen Nachwuchs locken sie nach einem Auslandaufenthalt mit attraktiven Angeboten zurück ins Land.» Für Inauen macht es deshalb mehr Sinn, von «brain circulation» zu sprechen.

«Dass internationale Stipendien die Mobilität fördern, liegt in der Natur der Sache», sagte Gabriela Tejada vom Zentrum für Zusammenarbeit und Entwicklung der ETH Lausanne. Neben ihr: ETH Zürich-Pflanzenbiotechnologe Herve Vanderschuren.

Die Selektion beachten

An einem Podiumsgespräch waren sich Vertreterinnen und Vertreter von UZH, ETHs und Bund einig, dass internationale Stipendien für alle Beteiligten ein Gewinn sein können: für die Geförderten ebenso wie für die beteiligten Institutionen im Herkunfts- und Gastland.

Ein Monitoring der Wirkung von Stipendien sei allerdings auch in Zukunft sinnvoll. Insbesondere gelte es, den Selektionsprozess bei der Vergabe der Beiträge im Auge zu behalten. Weniger entwickelte Länder mit Quoten bei der Stipendienvergabe speziell zu berücksichtigen, sei zwar sinnvoll, genüge aber nicht.

Es gelte auch, die zum Teil grossen sozialen Unterschiede innerhalb ärmerer Länder zu berücksichtigen und die Stipendien tatsächlich an Menschen aus sozial benachteiligten Schichten zu vergeben.

Den Austausch weiterführen

Dass internationale Stipendien die Mobilität fördern, liege in der Natur der Sache, gab Gabriela Tejada vom Zentrum für Zusammenarbeit und Entwicklung der ETH Lausanne zu bedenken. Unabhängig davon, ob die Geförderten in ihr Herkunftsland zurückkehren oder nicht: «Wichtig ist, dass es ihnen gelingt, Netzwerke aufzubauen, die als Brücken der Zusammenarbeit in die Heimat dienen», so Tejada.

Einen weitergehenden Austausch nach dem Gastaufenthalt wünscht sich auch Katja Michaelowa, UZH-Professorin für Politikwissenschaft. Für einen Doktoranden sei es einfacher, in sein Heimatland zurückzukehren, wenn die Aussicht bestehe, dass er als Postdoktorand wieder einmal ein paar Monate in die Schweiz kommen und die Vernetzung weiter pflegen könne.

«Gastaufenthalte und Kooperationen machen nicht nur in der Grundausbildung Sinn, sondern sollten auch in der Phase der Weiterbildung weiter gepflegt werden», betonte auch Bassirou Bonfoh, Direktor des «Centre Suisse de Recherches Scientifiques», das in der Elfenbeinküste die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Westafrika fördert.

Für den ETH-Pflanzenbiotechnologen Herve Vanderschuren ist trotz der globalen Mobilität das Ziel wichtig, dass die Stipendiaten in ihr Heimatland zurückkehren und vor Ort wissenschaftliche Einrichtungen gründen. Diese bieten sich für Schweizer Hochschulen dann geradezu an für die weitere Zusammenarbeit.

Für die Podiumsteilnehmenden war klar: Die Herkunftsländer tragen eine Verantwortung, ihren Stipendiaten attraktive Rückkehrangebote zu machen. Lernen können sie dabei unter anderem vom erfolgreichen Beispiel Chinas.