Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Neue Leiterin der Hochschuldidaktik

Das Lehren lehren

Sabine Brendel ist neue Leiterin der Hochschuldidaktik der Universität Zürich. Schritt für Schritt will sie das bestehende Kurs- und Beratungsangebot erweitern. Ihr Ziel: aktives Lehren und Lernen.
Adrian Ritter

Kategorien

Sabine Brendel ist momentan viel mit dem Fahrrad in Zürich unterwegs – auf Wohnungssuche. Es ist für sie gleichzeitig die ideale Art, die Stadt Zürich kennenzulernen. So hat sie, im September 2011 neu aus Berlin zugezogen, schon einiges «erfahren» und findet sich langsam in der Stadt zurecht.

«Wissen kognitiv aufnehmen reicht nicht. Um es zu festigen und zu vertiefen, müssen die Lernenden handeln.»: Sabine Brendel bei einem Vortrag am Tag der Lehre.

Aktives, praktisches, auch körperlich erlebbares Lernen – das entspricht der 50-jährigen Doktorin der Pädagogik und neuen Leiterin der Hochschuldidaktik der Universität Zürich. Auch der Hochschulunterricht soll die Studierenden aktivieren, betont Brendel: «Wissen kognitiv aufnehmen reicht nicht. Um es zu festigen und zu vertiefen, müssen die Lernenden handeln.» Auf dem Niveau einer Universität sieht dies nicht in jedem Fach gleich handfest aus wie ein Versuch im Chemielabor.

Hoher Stellenwert der Lehre

Aktiv und praktisch sei aber auch, kognitives Handwerkzeug anzuwenden – etwa in der Mathematik mit einer Formel zu rechnen. Gerade in den Sozialwissenschaften sieht Brendel dabei noch Verbesserungspotenzial, was die Aktivierung anbelangt. Ein gelungenes Beispiel aktiven Lernens in den Rechtswissenschaften ist für Sabine Brendel der Moot Court, eine inszenierte Gerichtsverhandlung.

Auch Sabine Brendel lernt im Moment viel. Nicht nur über die Stadt Zürich, die UZH ist ebenfalls Neuland für sie. Zu ihren ersten Eindrücken gehört, dass an der Universität Zürich eine offene Diskussionskultur herrscht und der Lehre ein hoher Stellenwert zukommt.

Aus Studien kenne man heute die Grundzüge guter Lehre. Neben der erwähnten Aktivierung gelte es vor allem, einen Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden zu etablieren. Wichtig sei auch, den Lernenden die Lernziele zu kommunizieren und ihnen regelmässig Feedback zu geben, wo sie mit ihren Leistungen stehen. Zudem sollen die Lernenden unterstützt werden, ihre eigenen Lernstrategien zu verbessern.

Hochschuldidaktik: gut aufgestellt

Wie gute Hochschullehre aussieht, ist also weitgehend bekannt. Wie aber transferiert die Hochschuldidaktik der UZH dies in die Praxis? «Das jetzige Angebot mit Kursen und individueller Unterstützung ist gut», ist Brendel überzeugt. So würden etwa die didaktischen Unterlagen auf der Website der Hochschuldidaktik auch von Fachleuten in Deutschland genutzt und gelobt.

Sabine Brendel kann auf das bestehende Angebot aufbauen, hat aber auch den Auftrag, es weiterzuentwickeln. So sollen etwa mit spezifischen Kursen die bisherigen Professorinnen und Professoren gezielter angesprochen und in ihrer Lehrtätigkeit unterstützt werden.

Zudem beabsichtigt sie, die bestehenden Angebote der Lehrkompetenzentwicklung stärker zu systematisieren, so dass vermehrt national wie international anerkannte Zertifikate erworben werden können. Ausbauen möchte sie auch das Coaching für Lehrende.

Um den Stellenwert der Lehre gegenüber der Forschung zu erhöhen, kann sie sich verschiedene Massnahmen vorstellen: «Weiterbildungen oder eine gute Evaluation von Lehrveranstaltungen könnten stärker honoriert werden, etwa durch mehr Lehrpreise oder finanzielle Mittel, um didaktische Projekte zu verwirklichen. » Dies sei sinnvoller als eine allgemeine Verpflichtung, Weiterbildungen zu besuchen. Gute Erfahrungen mit solchen Anreizen hat sie in Berlin gemacht, wo sie 2008–2011 die Geschäftsstelle des Berliner Zentrums für Hochschullehre aufgebaut und geleitet hat.

Französisch im Eiltempo

Für das Leben in Zürich sprach aber auch eine private Vorliebe – ihre Begeisterung für kulinarische Ausflüge nach Frankreich. Diesem Genuss ist sie jetzt 800 Kilometer näher. «Ich bin frankophil», sagt sie und erklärt dies mit einer positiven Lernerfahrung. Als sie mit 18 Jahren Französisch zu lernen begann, vermittelte der Lehrer eine solche Begeisterung, dass sie der Sprache innerhalb eines Jahres mächtig war.

Die Französischkenntnisse waren ihr später nützlich. Nach dem Studium der Pädagogik in Tübingen verbrachte sie zwei Jahre im westafrikanischen Togo. Als Praktikantin im Gesundheitsministerium erstellte sie eine Studie zur Situation von Strassenmädchen. Die Kontakte zu Afrika mündeten in eine Tätigkeit als hochschuldidaktische Ausbildnerin, unter anderem in Benin. Weil an den staatlichen Universitäten dort oft der Strom fehle, sei die «Powerpoint-Manie » nicht so grassierend wie bei uns, erzählt sie lachend.

Wenn die Kursteilnehmenden das Programm als «Sinnbild moderner Lehre» trotzdem kennenlernen wollen, stellt sie es zwar vor, rät aber auch davon ab, ausschliesslich auf diese Präsentationsform zu setzen. Sinnvoller findet sie, wenn die beninische Sprachlehrerin die Unterrichtsstunde weiterhin singend eröffnet «auch das ist Aktivierung».