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Urs Moser

«Plötzlich wollen alle Zahlen sehen»

Seit dem PISA-Test hat der Glaube an die Qualität des Schweizer Bildungssystems einen Dämpfer erlitten. Politiker und staatliche Stellen wollen plötzlich fundierte Daten und Analysen zur Bildung. Bildungsexperte Urs Moser liefert sie.
Tanja Wirz

Urs Moser und sein Team tun etwas sehr Modernes: Sie messen Leistung. Die Leistung von Schülern, aber auch jene der Lehrer und der Schule überhaupt. «Dazu machen wir Studien mit sehr vielen Schülern», erklärt Moser. Zur Zeit gerade eine zur Frage, ob Unterricht in der jeweiligen Muttersprache die Sprachkompetenz von Migrantenkindern erhöhe. Auch an der Durchführung des PISA-Tests in der Schweiz ist das Institut beteiligt.

Urs Moser: «Seit der PISA-Studie beginnt man zu fragen, was eigentlich guter Unterricht ist.»

Bildungsevaluation liegt im Trend, die Dienstleistungen des Instituts sind gefragt. Das war nicht immer so. Moser erläutert: «Vor dem Jahr 2000 interessierte sich die Politik kaum für Bildungsforschung. Man verfasste einen Lehrplan und dachte, wenn der gut genug ist, wird es schon recht kommen.» Die schweizerische Schule galt ohnehin als die Beste der Welt.

Auch für Politiker verständlich

Als das mit der PISA-Studie erstmals hinterfragt wurde, war das ein Schock. Man begann zu fragen, was eigentlich eine gute Schule, was guter Unterricht ist. Der unabhängige Bildungsexperte von der Universität kommt mit seinen wissenschaftlich abgesicherten Befunden da natürlich wie gerufen. «Plötzlich wollen alle wissenschaftlich begründete Zahlen. Für uns ist das natürlich sehr schön. Unsere Arbeit löst viel Interesse aus und wird unmittelbar geschätzt.» Zudem scheint Urs Moser der Kontakt zur Praxis zu liegen: «Das Übersetzen von komplexen Analyseergebnissen in eine Sprache, die auch für Politiker verständlich ist, finde ich sehr spannend.»

Manchmal stellt er jedoch fest, dass die Erkenntnisse aus Forschung und Schulpraxis zu wenig in die politische Arena dringen und dass Themen wie etwa die Chancengleichheit teilweise auf etwas gar bescheidenem Niveau diskutiert werden. Als die SP bei ihm ein Grundlagenpapier dazu orderte, ergriff er die Gelegenheit deshalb gerne, die Diskussion mit Anstössen aus seiner Forschung zu ergänzen.

Keine Transferprobleme

Häufiger als Parteien sind die Auftraggeber allerdings staatliche Stellen wie etwa Erziehungsdirektionen; gelegentlich auch einzelne grössere Schulen. Man will beraten werden bei der einen oder anderen Entwicklung, man möchte einen Test. Stets geht es um anwendungsorientierte, konkrete Fragen. Etwa: Wie kann gewährleistet werden, dass an der Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium auch für jene Chancengleichheit besteht, deren Eltern keine teuren Vorbereitungskurse bezahlen können? Führt die gegliederte oder die dreiteilige Sekundarschule zu besseren Leistungen? Oder: Dient die Grundstufe der besseren Förderung der Vorschulkinder?

Stellt Urs Moser seinen Auftraggebern die Ergebnisse einer Studie vor, kommt anschliessend die Frage: «Und jetzt? Was sollen wir unternehmen?» Die Beratungstätigkeit des Instituts hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Kontakt ist dabei sehr intensiv und eng, und – anders als früher – wollen die Zuständigen ganz konkrete Vorschläge zur Umsetzung. «Die Erziehungsdirektionen erwarten, dass man klar Stellung bezieht»,sagt Urs Moser,«auch wenn ich als Wissenschafter Ergebnisse, Interpretation und die daraus folgenden Ratschläge gerne sauber auseinanderhalten möchte.» Und manchmal scheint es ihm geradezu unheimlich zu sein, wie schnell und einfach seine Forschungsergebnisse zu konkreten Projekten führen. Von Transferproblemen kann da keine Rede sein.

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