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«Günstige Situation, um Forscher aus den USA zu rekrutieren»

Letzte Woche fand zu Ehren des Begründers der Prionenforschung an der UZH, Professor Charles Weissmann, ein Meeting zu Prionenerkrankungen statt, organisiert von Life Science Zurich. unipublic hat die Gelegenheit genutzt, den seit drei Jahren am Scripps in Florida forschenden Prionenspezialisten Weissmann zu treffen.
Interview: Brigitte Blöchlinger

Charles Weissmann, Sie waren bis zu Ihrer Pensionierung Begründer und Leiter des Instituts für Molekularbiologie und etablierten an der Universität Zürich die Prionenforschung. Wie entwickelte sich die Prionenforschung in Zürich in den letzten zwanzig Jahren?

Charles Weissmann: In Zürich sind viele wichtige Erkenntnisse gewonnen worden, beispielsweise wie die Struktur des PrP aussieht, was ETH-Professor Wüthrich herausgefunden hat, oder die zahlreichen Beiträge von UZH-Professor Adriano Aguzzi zur Vermehrung von Prionen im lymphoretikulären System. Zürich steht im internationalen Vergleich gut da.

Prof. Charles Weissmann (Mitte), dem zu Ehren das Forscher-Meeting «Prionenkrankheiten» stattfand, mit UZH-Kollege Prof. Adriano Aguzzi (re).

Seit 2004 arbeiten Sie am Scripps Florida in den USA zu Prionen. Was konnten Sie bisher herausfinden?

Wir sind vor allem daran interessiert, herauszufinden, wie die Zellen die verschiedenen Prionenstämme erkennen. Wir haben in einem ganz frühen Stadium einen Prozess in der Zelle entdeckt, mittels dessen die Zelle die verschiedenen Prionenstämme unterscheiden kann. Die Unterscheidung geschieht nicht, wie früher angenommen, während der Vermehrung, sondern bereits bei der Aufnahme der Prionen in die Zelle. Die Zelle erkennt, ob die eindringenden Prionen einem Prionenstamm zugehörig sind oder nicht, entsprechend werden sie ausgeschieden oder nicht. Früher dachte man, das passiere erst, wenn sich die Zelle mit den Prionen vermehrt.

Die medizinische Grundlagenforschung soll letzten Endes immer auch Fortschritte in der Diagnose und Behandlung von Prionen-Krankheiten wie Creutzfeld-Jakob bringen. Wie weit ist man da?

Die Fortschritte geschehen sehr langsam. Im Moment sehe ich noch keinen Weg, der zu einer Therapie führen würde. Das kann sich natürlich ändern, aber im Moment ist nicht ersichtlich, wie eine Therapie aussehen müsste.

Sie haben viele Jahre in Zürich geforscht, seit drei Jahren arbeiten Sie in Florida in den USA. Wenn Sie die beiden Länder miteinander vergleichen, wie stellt sich die jeweilige Situation für die Forschenden dar?

Im Moment ist es in den USA schwierig, zu Geld zu kommen. In Zürich hatten wir ein Budget zur Verfügung, das regelmässig vom Kanton, zu dem die Universität Zürich ja gehört, gesprochen wurde. Zusätzlich erhielten wir Unterstützung vom Schweizerischen Nationalfonds. So mussten wir uns nie grosse Sorgen machen.

In den USA ist es mittlerweile sehr schwierig geworden. Wir sind völlig abhängig von den National Institutes of Health, NIH, und der Wettbewerb um das Geld ist in den USA gewaltig. Nur zirka acht Prozent der Gesuche werden bewilligt. Alle Forscherteams müssen um ihre Existenz kämpfen.

Im Moment brauche ich mir zwar noch keine Sorgen zu machen. Wir haben dieses Jahr einen nicht rückzahlbaren Kredit erhalten. Auch werde ich vorerst vom Staate Florida unterstützt. Aber die Situation ist schwierig. (Lacht:) Es wäre zur Zeit ideal für Schweizer Universitäten, Forscher aus den USA zu rekrutieren.

Bekannt wurden Sie durch die Klonierung von Interferon, dem Wirkstoff gegen Krebs, Multiple Sklerose und Viruserkrankungen, der dank Ihrer Forschung breit gegen diese Krankheiten eingesetzt werden konnte. Hängen die beiden Gebiete, Interferon und Prionenerkrankungen, zusammen?

Nein, überhaupt nicht. Es sind einfach zwei Gebiete aus der Grundlagenforschung, die mich faszinieren. Beim Interferon ergab sich eine praktische Anwendung, bei den Prionenerkrankungen bisher noch nicht.

Trotzdem sind Sie bei der Erforschung der Prionen geblieben …

Ich finde die Prionenforschung etwas vom Interessantesten. Die Prionen sind Erreger, die sich von allen anderen Erregern, von Viren und Bakterien, unterscheiden. Sie sind eine neue Art Erreger, die über weite Strecken noch ein biologisches Mysterium darstellen. Das macht sie so faszinierend für die Grundlagenforschung.

Arbeiten Sie am Scripps Florida eng mit der Universität Zürich zusammen?

Natürlich pflege ich freundschaftliche Beziehungen zu den Forschern in Zürich. Doch eine aktive Zusammenarbeit haben wir im Moment keine. Wo es geht, helfen wir uns gegenseitig aus, aber wir forschen nicht zum gleichen Aspekt.