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Studierendenkongress

Eine neue Erfahrung

Studierende aus der ganzen Schweiz haben am ersten interdisziplinären Studierendenkongress am Campus Irchel ihre wissenschaftlichen Arbeiten präsentiert. UZH News wollte wissen, wie Studentinnen und Studenten das Experiment gelang, vor einem fachfremdem Publikum zu referieren.
Nathalie Huber
Bachelorstudentin Raffaela Christina de Vries präsentiert ihre wissenschaftliche Arbeit am schweizweit ersten Studierendenkongress.


Ein Novum: Der Verband der Studierenden der Universität Zürich initiierte den ersten interdisziplinären Studierendenkongress in der Schweiz. 43 Studierende aus der ganzen Schweiz nutzten die Bühne im Campus Irchel, um ihre wissenschaftlichen Arbeiten anderen Studentinnen und Studenten sowie der Öffentlichkeit zu präsentieren. Von Physik zu Ökonomie über Soziologie bis hin zu Design Management – die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten zu rund 30 Fachgebieten Vorlesungen im Hörsaal oder Poster- und Projekt-Präsentationen besuchen. Ziel des Kongresses war es, den interdisziplinären Austausch zwischen den Studierenden zu fördern und einem breiten Publikum zu zeigen, welchen Beitrag Studierende zur Forschung leisten.

Spezieller Rahmen

Gewöhnlich treffen an einem wissenschaftlichen Kongress Forscherinnen und Forscher derselben Fachrichtung aufeinander – um sich über ähnliche Fragestellungen auszutauschen und um sich in ihrem Fachbereich zu vernetzen. Der Studierendenkongress war hingegen interdisziplinär angelegt und stand allen Interessierten offen. Die Referentinnen und Referenten stellten sich folglich der Herausforderung, ihre wissenschaftliche Arbeit einem Publikum ohne Vorwissen vorzustellen – Studierenden anderer Fächer oder Laien. Eine anspruchsvolle Ausgangssituation. Wie gingen sie dieses Experiment an und welchen Nutzen zogen sie daraus? UZH News hat sich unter das Publikum gemischt und drei Studierende der Universität Zürich im Anschluss an Ihre Präsentation befragt.

 

Biologie- und Bioinformatikstudent Alexander Schanné: «Resultate in Vorträgen verständlich ausführen, das muss man als Wissenschaftler beherrschen.»

Alexander Schanné teilte den Hörerinnen und Hörern gleich zu Beginn seiner Präsentation mit, dass er sie auf denselben Wissensstand bringen wolle. Der Biologie- und Bioinformatikstudent erklärte deshalb zuerst wichtige Elemente aus seiner Forschung – wie Bestäubung und Befruchtung bei Pflanzen funktioniert, und wie man ein naturwissenschaftliches Experiment aufsetzt. Darauf gestützt, stellte er die wesentlichen Schritte seiner Bachelorarbeit vor. Diese untersuchte, ob ein neu entdecktes Gen bei der Befruchtung von nah verwandten Pflanzen eine Rolle spielte. Anhand von Grafiken erläuterte er anschaulich, dass seine Forschung letztlich kein eindeutiges Resultat hervorgebracht habe. Mit sichtlichem Vergnügen und in eloquentem English, gelang es dem Bachelorstudenten in 20 Minuten, den Aufbau einer naturwissenschaftlichen Arbeit und seine Forschungsergebnisse laienverständlich zu erklären.

Aufwändige Vorbereitung

«Ich habe mir sehr viel Zeit für die Vorbereitung genommen, und mir gut überlegt, welches die Punkte sind, die man als wissenschaftsfremde Person allenfalls nicht verstehen könnte», begründete Alexander Schanné das positive Ergebnis. Durch die Vorbereitung auf den Vortrag habe er gelernt, dass er sein Projekt noch besser erklären könne. Resultate in Vorträgen verständlich auszuführen, das müsse man als Wissenschaftler beherrschen. «Die Präsentation war eine gute Übung für mich», bilanzierte Schanné.

 

Stefan Abt will ein Bewusstsein für die Diskriminierung von LGBTIQ Elternpaaren schaffen.

Routiniert trat Stefan Abt auf. Anhand von wenigen PowerPoint-Slides stellte der Soziologiestudent sein Thema vor: die Diskriminierung von homosexuellen Paaren in der Schweiz in Bezug auf Partnerschaft und Familie. Er erklärte, dass die soziale Elternschaft im Vergleich zur biologischen als nicht gleichwertig betrachtet werde. Zuerst zeigte er die rechtliche Situation in der Schweiz auf. In einem zweiten Schritt veranschaulichte er exemplarisch, wie ein lesbisches Paar wiederholt benachteiligt wurde – etwa bei der Adaption ihrer Stiefkinder. Seine gewählte qualitativ sozialwissenschaftliche Methode umriss er knapp: Anhand von narrativen Interviews erfasste er die Situation von vier gleichgeschlechtlichen Paaren.

«Der vorgegebene Zeitrahmen von 30 Minuten war etwas eng, um eine ideale Balance zu finden zwischen der Vermittlung meines soziologischen Zugangs und der Konklusion aus meinen Interviews», bilanzierte Stefan Abt. Die soziologische Theorie habe er aus Rücksicht auf das fachfremde Publikum ausgelassen. «Mit meinem Vortrag wollte ich ein Bewusstsein für die Diskriminierung von LGBTIQ Elternpaaren schaffen, und bei anderen Studierenden das Interesse daran wecken, das Thema weiter zu erforschen», sagte er. Positiv fand er, dass der Studierendenkongress die Präsentation von Arbeiten erlaubte, die normalerweise, abgesehen von einer Betreuungsperson, von niemandem zur Kenntnis genommen werde.  

 

Raffaela Christina de Vries mass Ernst Meumanns Forderungen an eine neue, empirisch fundierte Pädagogik an seinen eigenen Publikationen

Raffaela Christina de Vries hielt ihren Vortrag so, wie man es von einem wissenschaftlichen Seminar her kennt. Sie stellte ihre Bachelorarbeit analog dem Aufbau ihrer Arbeit vor und griff viele Originalzitate aus ihrer Forschungsliteratur auf. Ihr Forschungsobjekt war Ernst Meumanns experimentelle Pädagogik. Die Studentin der Erziehungswissenschaften mass dessen Forderungen an eine neue, empirisch fundierte Pädagogik an seinen eigenen Publikationen. Strukturiert und anhand eingängiger Beispiele begründete die Bachelorstudentin das Fazit ihrer Arbeit: Meumann sei als Forscher seinen eigenen Massstäben nicht gerecht geworden.

Gute Übung

Die Vorbereitung auf die Präsentation sei ihr nicht leicht gefallen. «Für mich war alles in meiner Arbeit wichtig, aber ich musste sie ja Personen erklären, die nicht Erziehungswissenschaft studierten», erklärte Raffaela Christina de Vries. Sie habe deshalb ein Skript geschrieben, das die Bachelorarbeit um die Hälfte kürzte. Ihre Teilnahme am Kongress bewertete sie positiv. «Für mich war es gut herauszufinden, wie es ist, vor einem heterogenen Publikum zu sprechen», betonte sie. Es sei eine gute Übung gewesen, zu sehen, wie sie mit einer solchen Situation und insbesondere mit der Nervosität umgehen könne. Ihre Erfahrung am Studierendenkongress sei hilfreich für ihre Teilnahme an einem internationalen Kongress der Erziehungswissenschaften im Herbst.

Mehr vernetzen  

Alle drei Studierende hatten sich etwas mehr Publikum für ihre Vorträge erhofft sowie eine intensivere Auseinandersetzung mit ihren präsentierten Themen. Aufgrund des eng getakteten Ablaufs war eine vertiefte Diskussion mit dem Publikum nicht möglich. Auch der interdisziplinäre Austausch kam etwas zu kurz. Die Poster-Präsentationen gaben laut Raffaella de Vries Einblick in andere spannende Forschungsprojekte. Allerdings hätte sie sich mehr Gelegenheiten zur Vernetzung gewünscht. «Vielleicht braucht es eine gewisse Anlaufzeit, um herauszufinden, in welchem Rahmen sich die Studierenden effektiv vernetzen können», sagte Alexander Schanné. Insgesamt stimmten die drei Studierenden überein: Der Studierendenkongress war ein gelungenes Pilotprojekt, wenn auch mit Optimierungspotential. 

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