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Festival Zurich meets Seoul

Netzwerke nach Seoul spannen

Wie können wir Blockchain sinnvoll anwenden und was heisst es, unsere Städte in «Smart Cities» umzuwandeln? Forschende aus Zürich und Seoul begeisterten am Festival «Zurich meets Seoul» das Publikum mit wissenschaftlichen Beiträgen und knüpften Netzwerke für zukünftige Forschungskooperationen.
Priska Feichter
Festival Zurich meets Seoul
Mit «Zürich meets Seoul - A Festival of Two Cities» setzen Stadt und Kanton Zürich sowie Zürich Tourismus gemeinsam mit Zürcher Hochschulen ein starkes Zeichen für Zürich als international attraktiven Standort für Wissenschaft, Innovation und Kultur.

 

In den letzten fünf Jahren hat die Universität Zürich über 900 Co-Publikationen mit akademischen Institutionen in Südkorea veröffentlicht. Über 70 Studierende aus Korea verbrachten ein Austauschsemester an der UZH oder umgekehrt.

Diese bestehenden Partnerschaften mit koreanischen Universitäten sollen vertieft und weiter ausgebaut werden: Am Wissenschafts- und Kulturfestival «Zurich meets Seoul», das vom Kanton Zürich, der Stadt Zürich und Zürich Tourismus gemeinsam mit Zürcher Hochschulen organisiert wird, trafen sich Forschende aus beiden Städten, um aktuelle Themen aus wissenschaftlicher Sicht zu beleuchten und mögliche gemeinsame Forschungskooperationen zu diskutieren.

Blockchain: Zürich und Seoul sind internationale Hubs

Ein Kernthema, das beide Städte verbindet, ist die Entwicklung von Blockchain-Technologien. Seoul ist genauso wie Zürich einer der grossen internationalen Blockchain-Hubs: «Allein in der Region Zürich und Zug sind etwa 800 Unternehmen angesiedelt, die Blockchain-Technologien entwickeln», betonte Claudio Tessone, Direktor des UZH Blockchain Centers.

Breite Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie

Das Potenzial für Anwendungen in unterschiedlichsten Branchen ist gross. Zu den zentralen Merkmalen von Blockchains gehört, dass Daten dezentral, auf viele verschiedene Rechner verteilt, gelagert werden, zeitlich geordnet und nicht mehr veränderbar sind.

Sie dienen damit nicht nur als Grundlage für Kryptowährungen, sondern können beispielsweise auch zur Kontrolle von Lieferketten eingesetzt werden, etwa im Diamantenhandel, bei Bio-Lebensmitteln oder um sicherzustellen, dass Subventionen ihren richtigen Weg nehmen.

Ein anderes aktuelles Forschungsprojekt der UZH – das Car Dossier – setzt Blockchain dazu ein, alle Daten von der Herstellung eines Autos bis zum Recycling in einer Blockchain festzuhalten. Die sonst übliche Informationsasymmetrie zwischen Käufern und Verkäufern bei Gebrauchtwagen können so beseitigt werden.

Erst am Anfang

Gleichzeitig wurde an den Vorträgen und Diskussionen in Seoul klar, dass es noch viele offene Fragen gibt. Die Vertreter von Start-ups aus Zürich und Seoul sind euphorisch, während die akademischen Vertreter auch noch viel Optimierungspotenzial sehen, etwa in Bezug auf Geschwindigkeit und Sicherheit.

«Blockchain hat den üblichen Prozess zwischen Wissenschaft und Praxis umgekehrt», hielt Professor Sooyong Park, Leiter des Blockchain Research Center der Sogang University in Seoul, fest. «Oft entwickelt die Praxis Anwendungen, die auf wissenschaftlicher Forschung beruhen. Die Blockchain-Technologie wurde hingegen in der Praxis entwickelt und wir erforschen sie nun. Aus akademischer Sicht fehlt deshalb noch eine solide Grundlage.»

Mehr als ein Technologiethema

UZH-Prorektor Christian Schwarzenegger betonte, wie wichtig es sei, das Thema Blockchain nicht nur aus technologischer Perspektive zu diskutieren. «Wir müssen auch regulatorische Fragen klären und die wirtschaftlichen und sozialen Mechanismen erforschen.» Deswegen wurde das «UZH Blockchain Center» gegründet, das die Thematik aus dem Blickwinkel verschiedener Disziplinen beleuchtet und zu den grössten solcher Initiativen in der Schweiz zählt.

Smart Cities

Brandaktuell waren auch die Diskussionen am Seoul Smart City Summits 2019. Korea hat mit dem Aufbau eines landesweiten 5G-Netzwerks als eines der ersten Länder weltweit den Grundstein gelegt für das Internet der Dinge, das autonome Fahrzeuge, intelligente Häuser und Städte sowie digitale Identitäten und Zahlungssysteme umfasst.

Die Wirtschaftsdelegation von Zurich meets Seoul, an der auch die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der UZH teilnahm, besuchte diverse Technologie-Unternehmen, die ihre Lösungen und Visionen präsentierten, darunter «SK Telecom» und das «Samsung Medical Center».

Politische Auswirkungen noch zu wenig diskutiert

Doch auch bei der Anwendung von digitalen Technologien in sogenannten «Smart Cities» werden gesellschaftspolitische Aspekte in der Diskussion vernachlässigt, stellte UZH-Politikwissenschaftler Daniel Kübler fest. Er leitete einen Workshop, der die demokratischen und regulatorischen Herausforderungen beleuchtete.

Insbesondere stellte er infrage, was es bedeutet, wenn private Unternehmen wie «AirBnB» oder «Uber» praktisch das Monopol auf elementare Daten haben. «Diese Daten sind Grundlage für verkehrs- oder wohnungspolitische Entscheidungen. Kann der Staat die Interessen seiner Bürgerinnen und Bürger überhaupt noch vertreten, wenn diese Daten fehlen?»

Kübler wies auch auf die kaum diskutierten politischen Nebenwirkungen von Apps hin. «Wird die Verkehrsplanung obsolet, wenn Apps Umwege zeigen? Wie kann die Politik unsere Interessen vertreten, wenn wir unsere Anliegen direkt online bei der Verwaltung platzieren anstatt die traditionellen demokratischen Wege zu gehen? Das sind Fragen, die wir erforschen wollen.»

Regulieren ohne Innovation zu verhindern

Gleichzeitig zeigt das Beispiel Uber, dass die Konsumentinnen und Konsumenten durchaus von neuen Unternehmen im Markt profitieren, etwa in Form von niedrigeren Preisen und besserem Service auch bei klassischen Taxiunternehmen. Überregulierung wäre deshalb kontraproduktiv. Professor Young Sung Lee der Seoul National University betonte: «Die Nachfrage nach intelligenten Technologien ist da. Ja, wir sollten den Einsatz von Technologien regulieren. Aber so, dass uns die Vorteile erhalten bleiben.»

Klimawandel und Erforschung des Alls

Am dritten akademischen Anlass bei Zurich meets Seoul, geleitet von Umweltwissenschaftlerin Gabriela Schaepman-Strub und Astrophysiker Jaiyul Yoo, wurde rasch klar, dass die beiden Städte auch viel Potenzial für Forschungskooperationen in den Naturwissenschaften haben, beziehungsweise bestehende vertiefen möchten.

Sowohl die Schweiz als auch Südkorea sind Mitglieder des International Arctic Science Committee und Beobachter im Arctic Council. Schaepman-Strub untersucht in ihrer Forschung die Auswirkungen des Klimawandels auf die Arktis und nutzt dazu die rasant wachsenden technologischen Möglichkeiten, die Satellitenprogramme bieten.

Diesen Blick von oben auf die Erde, ergänzt der gebürtige Südkoreaner Jaiyul Yoo mit einem Blick ins All. Er nutzt die optische Astronomie, um Galaxien jenseits unserer eigenen zu erforschen und Ansätze aus der theoretischen und beobachtenden Kosmologie, um daraus die ursprünglichen Bedingungen beim Big Bang abzuleiten. Er hat an der Seoul National University studiert und nutzte den Anlass «Zurich meets Seoul», um eine mögliche Zusammenarbeit zu initiieren.

«In der Forschung in durchmischten internationalen Teams zu arbeiten ist extrem wertvoll, weil jeder und jede eine andere Sichtweise einbringen kann», betonte Gabriela Schaepman-Strub.