Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Lebensmittelsicherheit

Kleiner Keim mit grosser Wirkung

Die meisten Lebensmittelvergiftungen werden von Staphylococcus aureus verursacht. Wie sich das Bakterium vermehren und Schaden anrichten kann, untersucht Sophia Johler, Privatdozentin am Institut für Lebensmittelsicherheit und –hygiene der Universität Zürich. Ihre Arbeit wurde vom Forschungskredit der Universität Zürich unterstützt.
Lena Serck-Hanssen
Untersucht, wie das Bakterium Staphylococcus aureus Lebensmittelvergiftungen verursacht: Privatdozentin Sophia Johler.

Dass Salmonellen in Eiern einem böse auf den Magen schlagen können, ist bekannt. Aber wer denkt bei einer Magenverstimmung an Staphylococcus aureus? Dabei verursacht dieses Bakterium die meisten Lebensmittelvergiftungen, auch wenn es selber nur indirekt daran beteiligt ist. Staphylococcus aureus (S. aureus) kommt weltweit vor, viele von uns tragen den Keim auf der Haut und in der Nase, ohne dass wir im Normalfall dessen Anwesenheit bemerken. Der Keim kann eine Vielzahl von Infektionen verursachen, von der eher harmlosen Hautentzündung bis zur Blutvergiftung. Einige Stämme sind resistent gegen Antibiotika und können deshalb besonders gefährlich werden.

Sophia Johler, Privatdozentin am Institut für Lebensmittelsicherheit und –hygiene der UZH, befasst sich nicht primär mit den Infektionen, sondern mit den Vergiftungen, die S. aureus über seine Toxine auslösen kann. Gelangt das Bakterium bei der Lebensmittelherstellung oder bei der Zubereitung, zum Beispiel über die Haut, auf geeignete Lebensmittel, kann sich der Keim unter günstigen Bedingungen vermehren und Toxine bilden. Diese führen nach dem Verzehr innert weniger Stunden zu heftigem Erbrechen und Durchfall. Meistens ebben die Symptome nach einem Tag ab. Bei kleinen Kindern, bereits kranken oder älteren Personen kann die Vergiftung jedoch lebensbedrohend werden.

Komplexe Toxinbildung

Doch was ist mit «geeigneten Lebensmitteln» und «günstigen Bedingungen» gemeint? Das sind genau die Fragen, mit denen sich Sophia Johler beschäftigt. Tatsächlich vermehrt sich S. aureus nicht auf jedem Lebensmittel und nicht in jedem Fall. Meistens halten andere Bakterien auf demselben Lebensmittel S. aureus in Schach und verhindern seine ungehemmte Vermehrung.

Doch der Keim ist ein harter Kerl und erträgt recht harsche Bedingungen, bei denen andere Bakterien längst aufgeben, zum Beispiel hohe Salz-, Zucker- oder Nitritgehalte oder tiefere pH-Werte. Johler hat untersucht, wie verschiedene S. aureus-Stämme auf solche Stressbedingungen reagieren. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht, denn während ein Stamm unter Stress die Toxinproduktion reduziert, kurbelt ein anderer Stamm diese erst recht an. Das heisst, verschiedene Stämme bilden unter unterschiedlichen Bedingungen verschiedene Toxine in unterschiedlichen Mengen.

«Das Ganze ist enorm komplex und kann eigentlich nur von Fall zu Fall untersucht werden», kommentiert Johler die Resultate. Konkret heisst dies, dass sie auch mit Unternehmen der Lebensmittelindustrie zusammenarbeitet und gemeinsam die optimalen  Produktions- und Lagerbedingungen für einzelne Lebensmittel definiert. «Das Ziel ist zu verhindern, dass sich S. aureus vermehrt und Toxine bildet», so Johler. Das kann auch dazu führen, dass bei der Produktion eines Lebensmittels gezielt passende Starterkulturen - gute Bakterien – eingesetzt werden, die als Konkurrenzflora die Vermehrung von S. aureus unterdrücken.

Fünfzig Jahre weiterforschen

Als problematisch erachtet Johler die in vielen Ländern vorherrschende Gesetzgebung, die eine Obergrenze an Koloniebildenden Einheiten (KBE) für S. aureus festlegt. «In vielen Vergiftungsfällen sind in den verursachenden Lebensmitteln gar keine Bakterien mehr nachweisbar, da sie beim Erhitzen abgetötet wurden. Das hitzeresistente Toxin ist aber noch vorhanden und kann weiterhin zu einer Vergiftung führen», erklärt Johler.

Johler hat soeben das zweite Forschungsprojekt abgeschlossen, welches vom Forschungskredit der UZH unterstützt wurde, und zeigt sich sehr dankbar dafür. Die zwei aufeinanderfolgenden Forschungskredite hätten ihr erlaubt, die im ersten Teil begonnenen Arbeiten weiter zu vertiefen, konkrete Empfehlungen auszuarbeiten und die Ergebnisse in verschiedenen Publikationen der Wissenschaft und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Und wie geht es jetzt weiter? «Ich habe mich in die Forschung verliebt», meint Johler, die soeben ihre Habilitation abgeschlossen hat. Dabei habe sie während des Studiums der Veterinärmedizin nie an eine akademische Karriere gedacht, sondern den klassischen Weg mit einer Tierarztpraxis vor Augen gehabt. Doch bereits während der Doktorarbeit an der UZH sei sie von ihrem Doktorvater, Professor Roger Stephan, dazu ermutigt worden, in der Forschung zu bleiben.

Nach dem Doktorat folgten Postdoc-Aufenthalte in den USA und Wien, bevor sie wieder an die UZH zurückkehrte. «Meine Arbeit ist so spannend, dass ich noch die nächsten fünfzig Jahre weiter forschen könnte», erklärt Johler begeistert.  Als nächsten Schritt möchte sie sich noch weitere toxinbildende Lebensmittelerreger wie zum Beispiel Bacillus cereus vorknöpfen. Für die nächsten fünfzig Jahre sollte das Forschungsmaterial also reichen.