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Schweizer investieren anders

Mit «Swissness» bezeichnet man in der Schweiz eine besondere Qualität im Vergleich zu ausländischen Dienstleistungen oder Erzeugnissen. Doch gibt es auch eine «Swissness» beim Umgang mit Finanzanlagen? Eine neue Studie des Instituts für Banking und Finance gibt Antwort.
Caspar Türler
Kremena Bachmann
Untersuchte das Investitionsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer im Vergleich zu Anlegern aus den Nachbarländern: Kremena Bachmann, Co-Autorin der Studie.

Investitionskompetenz – definiert als das Vermeiden von Investmentfehlern – hängt ab vom Wissen eines Investors und seiner Fähigkeit, bei Verlusten wie auch bei Gewinnen nicht emotional zu reagieren. Auf der Suche nach einem möglichen «Swissness»-Faktor beim Investieren werteten Kremena Bachmann und Thorsten Hens vom Institut für Banking und Finance der UZH eine Umfrage unter rund 1000 Teilnehmenden aus den drei Sprachregionen der Schweiz sowie gleich vielen Personen aus grenznahen Regionen in Deutschland, Frankreich und Italien aus.

Die Probanden mussten eine Reihe von Fragen beantworten, mit denen ihre Fähigkeit getestet wurde, systematische Fehlentscheidungen beim Geldanlegen zu vermeiden. Zusätzlich wurden sie nach weiteren Angaben wie Anlageerfahrung, Ausbildung, Bezug zum Anlageberater, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Alter und Geschlecht befragt.

Gelassener und besser informiert

Die Autoren der Studie konnten statistisch relevante Unterschiede im Anlegerverhalten feststellen. So entscheiden Schweizer Investorinnen und Investoren in allen Sprachregionen insgesamt weniger emotional als Anleger im jeweils benachbarten Ausland. Zudem verfügen zumindest die Anleger in der deutschen und französischen Schweiz über ein besseres Finanzwissen und begehen daher in der Tendenz auch weniger Anlagefehler.

Diese von den Verhaltensökonomen festgestellte «Swissness» des Anlageverhaltens liegt einerseits darin begründet, dass sich Schweizer intensiver und mit mehr Weitblick mit ihren Investitionen beschäftigen. Zum anderen haben sie einen differenzierten Bezug zu ihrem Finanzberater. Kremena Bachmann: «Schweizerinnen und Schweizer haben im Vergleich zu den anderen Befragten mehr Verständnis für das Argument, dass man bei Anlageentscheidungen in die Zukunft schauen muss und sich nicht durch die Emotionen leiten lassen soll, welche auf vergangenen Gewinnen und Verlusten basieren.»

Die Studie gibt auch Aufschluss zur Unterschieden des Investitionsverhaltens innerhalb der Schweizer Sprachregionen. Diese sind am stärksten in guten Zeiten, wenn die Anleger Gewinne machen. «Während französisch- und italienischsprechende Schweizer einem positiven Trend vertrauen, sind Deutschschweizer generell skeptischer und würden lieber die ganze Anlageidee überprüfen. Sie zeigen auch mehr Geduld, wenn es darum geht, gut laufende Anlagen zu halten, anstatt sie schnell zu verkaufen, um Gewinne zu realisieren», erklärt Kremena Bachmann weiter.

Erfahrung schützt vor Emotionen nicht
Über die länderspezifischen Unterschiede bei der Anlagekompetenz hinaus zeigen die Autoren, dass mit zunehmender Investitionserfahrung auch das Finanzwissen steigt. Allerdings sind auch erfahrene Anleger nicht gegen emotionale Reaktionen gefeit. Obwohl sie eine bessere Vorstellung von den finanziellen Risiken ihrer Investitionen haben, sind sie weniger gut darauf vorbereitet, mit den einhergehenden emotionellen Risiken umzugehen als weniger erfahrene Investoren.

Das persönliche Vermögen oder eine höhere Ausbildung haben dabei nur bedingt Einfluss auf Anlageentscheide. Während das gute Ausbildungssystem in der Schweiz finanzielles Wissen zwar fördern kann, verbessert es nicht zwangsläufig auch die individuelle Fähigkeit, bei Finanzentscheiden mit Emotionen richtig umzugehen. Diese Fähigkeit steigt gemäss Studie mit dem Alter, dem Einkommen und der beruflichen Verantwortung.

Wer braucht Anlegerschutz?
Die Resultate der Studie könnten auch politisch bedeutsam sein – zum Beispiel in Bezug auf den Anlegerschutz. Das eidgenössische Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG, welches sich derzeit in der Vernehmlassung befindet, könnte diesen verstärken. Die Autoren halten fest, dass Anlegerschutz am ehesten für Haushalte mit tieferem Einkommen sinnvoll sein könnte. Diese Investoren sind auch weniger flexibel, aus Fehlern zu lernen, weil sie sich Fehler gar nicht leisten können.
Doch ganz generell sollte man sich nicht zu stark auf seine Anlageerfahrung verlassen, raten die Autoren. Denn erfolgreiches Investieren hängt nicht nur vom Wissen ab, sondern vor allem auch von der Fähigkeit, mit Emotionen umzugehen. Die Anlageerfahrung allein verbessert diese Fähigkeit nicht unbedingt.