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Hochschulmedizin Zürich

Die Flaggschiffe stechen in See

Seit nunmehr fünf Jahren fördert die «Hochschulmedizin Zürich» interdisziplinäre Forschungsprojekte und hilft, die Expertisen der beiden Hochschulen und der universitären Spitäler zu bündeln. Der Jahresanlass letzte Woche gab Einblick in bisherige Erfolge und zukünftige Vorhaben.
Magdalena Seebauer
Belebte Diskussion: Prof. Donald Kossmann, Institut für Informationssysteme ETH, Prof. Peter Wild, Institut für Klinische Pathologie USZ, Prof. Thomas Gächter, Rechtswissenschaftliches Institut UZH, Dr. Karin Vey, Executive Innovation Consultant IBM Research – Zürich ( v.l.n.r.).

Das Ökosystem für die medizinische Forschung in Zürich sei hervorragend. Neben den beiden Hochschulen und den universitären Spitälern gäbe es im Raum Zürich zahlreiche weitere Partner, um Forschung an der Schnittstelle von Naturwissenschaften, Medizin und Technik voranzubringen. Damit begrüsste Detlef Günther, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, die zahlreich erschienen Gäste in der Aula der Universität Zürich. «Wir müssen aber noch intensiver zusammenarbeiten», sagte Günther. Um das zu unterstützen, setzt die Hochschulmedizin Zürich auf «Flagship»-Projekte – grossangelegte, eher langfristige Projekte, welche das Potenzial haben, die Zukunft der Medizin zu prägen und den Forschungsplatz Zürich weltweit als «Hotspot» sichtbar zu machen.

Eigenschaften des natürlichen Herzens nachbilden

Das erste davon ist «Zurich Heart», das seit 2012 läuft. Es hat sich zum Ziel gesetzt, verbesserte Kunstherzen für Menschen mit schwerer Herzschwäche zu entwickeln. «Herzinsuffizienz ist eines der grössten medizinischen Probleme, das wir zu bewältigen haben», sagte Volkmar Falk, Initiator des Projekts und Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin. Es betrifft einen von fünf Menschen im Alter von 70 bis 80 Jahren. Und die Sterblichkeit ist höher als bei den meisten Krebsarten. Doch die Liste der Schwierigkeiten mit den heute verfügbaren Pumpensystemen ist noch immer lange.

Am Anlass präsentierten junge Forschende von der Universität Zürich und der ETH Zürich innovative Lösungsansätze. Diese reichen von der Optimierung der Strömung, um die Bildung von Blutgerinnseln zu vermeiden bis zum Austesten von ganz neuen Materialien, um in Zukunft mit einer weichen Pumpe noch besser die Eigenschaften des natürlichen Herzens nachbilden zu können.

Narbenfreie Heilung von Wunden

Das jüngste interdisziplinäre Grossprojekt widmet sich dem Thema Haut. Im Rahmen von «Skintegrity» entwickeln Forscherinnen und Forscher aus Naturwissenschaften, Medizin und Technik gemeinsam neue Therapien und Diagnoseverfahren für Hautkrankheiten und Wundheilungsstörungen, aber sie erforschen auch die Grundlagen dieser Erkrankungen. «Wir arbeiten dafür, dass wir eines Tages die Mechanismen verstehen, die eine narbenfreie Heilung von Wunden ermöglichen», sagte Sabine Werner, Professorin für Zellbiologie an der ETH Zürich und Co-Leiterin des Projekts.

Auch neuartige Diagnosemethoden sind Themen des Projekts, wie beispielsweise die Messung von mechanischen Eigenschaften der Haut. Andere Untergruppen des Projektkonsortiums arbeiten an der Herstellung von künstlicher Haut oder untersuchen die Parallelen von Wundheilung und Krebsentstehung. «Durch diese vielfältigen Ansätze bekommen Nachwuchsforscherinnnen und -forscher erstmals in diesem Feld eine wirklich interdisziplinäre Ausbildung auf hohem Niveau», sagte Werner.

Forschung über die Grenzen der Institutionen hinweg

In der anschliessenden Podiumsdiskussion ging es um die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für die Medizin. Karin Vey, Executive Innovation Consultant bei IBM Research Zürich, gab einen kurzen Einblick in die Möglichkeiten, die künstliche Intelligenz schon heute der Medizin bietet. Kognitive Assistenten wie «Watson» könnten die Ärzte bei der Aufbereitung der enormen Informationsmengen unterstützen. «Dann hätten diese wieder mehr Zeit für das, was sie am besten können: Gespräche mit Patienten führen», sagte Vey.

Für Thomas Gächter, Professor am Rechtswissenschaftlichen Institut der UZH, sind die Risiken der Digitalisierung enorm. Dass man mit höchstpersönlichen Gesundheitsdaten, die digital zugreifbar sind, fast alles herausfinden kann, sei den meisten bewusst. Doch jeder Schutzwall, den wir aufrichteten, sei nur eine begrenzte Zeit überhaupt wirksam. «Die Entwicklung hat sich so beschleunigt, dass wir fast schon kapitulieren müssen», sagte Gächter.

Donald Kossmann, ETH-Professor am Institut für Informationssysteme, hielt dem entgegen, dass aus seiner Sicht die Vorteile klar überwiegen. Der Schlüssel dazu sei, den Eigentümern der Daten mehr Macht über deren Nutzung zu erteilen. «Genauso wie ja auch jeder selbst entscheidet, welcher Bank er sein Geld anvertraut», sagte Kossmann.

Als einen der klaren Nutzniesser von Big Data bezeichnete sich Peter Wild, Leitender Arzt am Institut für Klinische Pathologie des Universitätsspitals Zürich. Dort hätten sie ein riesiges digitales Archiv von Gewebeschnitten aufgebaut, das den automatisierten Vergleich neuer Patientenproben ermöglicht. Und die Maschine erkenne diese zu 99.991 Prozent richtig. Dennoch glaubt er nicht, dass Pathologen künftig um ihre Arbeit fürchten müssten. «Die Entscheidung für die richtige Behandlung treffen und die Verantwortung tragen, das muss weiterhin ein Mensch», sagte Wild.

Das Schlusswort der Veranstaltung hatte Christoph Hock, Prorektor Medizin und Naturwissenschaften der Universität Zürich. «Die Hochschulmedizin Zürich lebt sehr aktiv», hielt er fest. Interdisziplinäre Forschung über die Grenzen der Institutionen hinweg liefere damit einen enorm wichtigen Beitrag für innovative Projekte im Interesse der Patientinnen und Patienten.

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