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Denkfallen

Psychologie der Fehlschlüsse

Auf unser Alltagswissen ist kein Verlass. Zwei UZH-Psychologinnen haben ein Buch herausgegeben, das 100 typische Denkfallen beschreibt und wissenschaftlich beleuchtet. 
Marita Fuchs
Vorsicht Falle: Manchmal ist es besser, nicht vorschnell zuzugreifen. (Bild: iStockphoto)

Wir alle haben Lieblingstheorien im Kopf – über die Griechen, das Treiben an der Börse oder unsere Nachbarn. Und wir finden immer Gründe, die unsere Theorien als richtig bestätigen. Erst die Empirie zeigt, dass uns unser sogenannter gesunder Menschenverstand manchmal in die Irre führt.

Darüber haben die Psychologinnen Marie Hennecke und Jana Nikitin von der Universität Zürich ein kurzweiliges Buch herausgegeben: «100 Psychologische Denkfallen. Warum wir hinterher meinen, es vorher besser gewusst zu haben.» Anhand von 100 Beispielen widerlegen die Autorinnen verbreitete Vorurteile.  

Short Cuts des Denkens

«Die Wissenschaft spricht nicht von Denkfallen, sondern von Heuristiken – quasi Short Cuts des Denkens», sagt Marie Hennecke, die als Oberassistentin am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie arbeitet. Alltagstheorien sind unabdingbar, um sich ein Bild von der Welt zu machen, sagt Hennecke. «Bei allzu grosser Informationsfülle geben schnelle Urteile Orientierung im Chaos. Mit diesen Schnellentscheiden liegen wir in den allermeisten Fällen richtig, nur in Ausnahmesituationen nicht.» Die Neigung zur Vereinfachung erklären sich die Forscherinnen mit der evolutionären Entwicklung des Hirns. Schnell zu handeln, auch in unübersichtlichen Situationen, waren für den Menschen oft überlebenswichtig.

«Die Gründe für menschliches Tun, Fühlen und Denken sind oft komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint», Marie Hennecke, Oberassistentin am Institut für Allgemeine Psychologie. (Bild: zVg.)

Griff zum Smartphone

Eine typische Denkfalle ist das Stereotyp. So gelten Smartphonejunkies als besonders gut organisiert und vermitteln das Gefühl, dass bei ihnen immer etwas läuft. Psychologen haben jedoch herausgefunden, dass der ständige Griff zum Handy auf eine geringe Selbstwirksamkeitsüberzeugung hindeutet. Sprich: Die Handyfreaks glauben weniger als andere daran, ihr persönliches Schicksal beeinflussen zu können.

Besonders verbreitet sind Geschlechterstereotypen. Forschende haben untersucht, ob Frauen wirklich mehr reden als Männer. Es stellte sich heraus, dass auch Männer Plaudertaschen sind und den Frauen im Hinblick auf Beredsamkeit in nichts nachstehen.

Ökonomie der Ökos

Stereotype Vorstellungen gibt es auch über Personen, die sich ökologisch bewusst verhalten und naturbelassene Produkte kaufen. Gerne schreibt man ihnen Grosszügigkeit, Verantwortungsbewusstsein und moralisches Handeln zu. Doch ökologisches Denken schliesst ökonomisches Handeln nicht aus. Wenn es ums Teilen von Geld geht, zeigen sich die Ökos oft von der geizigen Seite, weil sie das Gefühl haben, bereits genug für die Gesellschaft getan zu haben.

Hat zusammen mit Marie Hennecke ein Buch über Denkfallen herausgegeben: Jana Nikitin, Oberassistentin am Psychologisches Institut, Bereich Entwicklungspsychologie. (Bild: zVg.)

Beobachtungen in der Mensa

Und noch ein Stereotyp: Kantinen und Mensen gelten als Orte der raschen und kostengünstigen Kalorienaufnahme. Man kommt, isst und geht wieder. Doch auch in diesem Umfeld gelten soziale Spielregeln. Forschende haben einen Blick in die Mensen gewagt und untersucht, welche Gerichte die Studierenden auf ihre Tabletts stellten. Fazit: Frauen, die gemeinsam mit einem Mann essen, bestellen ein Gericht mit weniger Kalorien als Frauen, die mit einer anderen Frau ihre Mahlzeit einnehmen.

Das gilt sogar für Gruppen: Je mehr Männer anwesend sind, desto geringer war der Brennwert der Menüs der weiblichen Studierenden. Blieben die Frauen unter sich, so waren ihre Mahlzeiten in Bezug auf ihren Kaloriengehalt einander sehr ähnlich. Selbst in der Mensa – und nicht nur im Edelrestaurant – dient das Essen offenbar nicht nur der Nahrungsaufnahme, sondern auch der Image-Bildung. Das gilt insbesondere für Frauen. Männer dagegen zeigen sich in der Studie bei der Wahl ihres Menüs ganz unbeeinflusst vom jeweiligen Esspartner. Was wiederum ganz dem Klischee entspricht. Vorturteile sind eben nicht immer falsch, wie die Wissenschaft zeigt.