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SNF-Förderprofesssur Molekularbiologie

Pannenhilfe im Erbgut

Petr Cejka ist neuer SNF-Förderprofesssor am Institut für Molekulare Krebsforschung der Universität Zürich. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie die DNA-Reparatur genau vor sich geht.
Adrian Ritter
Förderungsprofessor Petr Cejka: Der Molekularbiologe beschäftigt sich seit seinem Masterstudium in Prag mit den Mechanismen der DNA-Reparatur.

Die Gene von Pflanzen, Tier und Mensch sind ein Schauplatz dauernder Zerstörung und Reparatur. Das Erbgut wird beispielsweise von Sonnenlicht und chemischen Stoffen attackiert. Jede menschliche Zelle erleidet gemäss Schätzungen täglich Zehntausende von DNA-Schäden: Die Doppelhelix bricht, Chemikalien lagern sich an ihr an, DNA-Stränge zerbrechen, DNA-Sequenzen werden vertauscht.

Die Folge: Der genetische Code kann nicht mehr gelesen werden. Deshalb müssen die Schäden rasch behoben werden. Entsprechend beschäftigt ist die «DNA-Reparaturequipe». Im menschlichen Körper leisten rund 1000 Proteine Pannenhilfe, in der Hefe sind es immerhin noch 300.

Wenn die Reparatur versagt

Doch auch bei der Reparatur eines DNA-Schadens kann einiges schiefgehen: Unvorhergesehene Mutationen im Erbgut können entstehen und zu Krebs führen. Deshalb ist es so wichtig, die Reparaturprozesse genau zu verstehen.

Petr Cejka beschäftigt sich schon seit seinem Studium der Molekularbiologie in Prag mit dem Thema. Über eine Kollaboration der dortigen Universität mit der UZH kam er 2000 als Doktorand erstmals an die Universität Zürich (vgl. Kasten).

Jetzt hat ihm der Schweizerische Nationalfonds (SNF) eine Förderprofessur zugesprochen. Sechs Jahre lang kann er sich gemeinsam mit zwei Doktoranden und einem Postdoktoranden den Mechanismen der DNA-Reparatur widmen. Die Molekularbiologen interessiert insbesondere die «homologe Rekombination» – eine der wichtigsten Methoden, wie Lebewesen ihr Erbgut reparieren.

Die homologe Rekombination tritt vor allem in Aktion, wenn die DNA gleich in beiden Strängen der Doppelhelix gebrochen ist. Die Rekombination macht sich den Umstand zuhilfe, dass in den meisten Zellen mehr als eine Kopie der genetischen Information vorhanden ist. Proteine nutzen diese identische (homologe) Kopie der DNA zur Reparatur. Eine erfolgversprechende Methode, die in der Evolution weite Verbreitung gefunden hat.

Bei Hefe und Mensch

Der Prozess läuft in der Hefe sehr ähnlich ab wie beim Menschen. Darum arbeiten auch Cejka und sein Team vor allem mit Zellen dieser beiden Organismen. Die Forscher nutzen biochemische und genetische Methoden. Den Unterschied erklärt Cejka mit einem Vergleich: «Der Genetiker gleicht einem Elektrotechniker, der einen Baustein aus einem bestehenden Radio entfernt und schaut, ob trotzdem noch Musik ertönt. Der Biochemiker hingegen würde zwei bekannte Bausteine eines Radios zusammenbauen und schauen, ob damit schon Musik ertönt.» 

Die Genetik kann zwar zeigen, welche Proteine bei der DNA-Reparatur mitspielen, aber sie kann nicht erklären, wie der Prozess genau vonstatten geht. «Wenn aus dem Radio keine Musik mehr ertönt, weiss man deswegen noch nicht, welche Funktion der entfernte Baustein genau hatte», so Cejka.

Proteinnahrung als Therapie?

Genau dies aber will Cejka herausfinden. Er wählt dazu insbesondere den biochemischen Weg und fügt beschädigter DNA Proteine zu, die bekannterweise an der homologen Rekombination beteiligt sind. Ist eine Reparatur möglich, wenn sich nur drei Proteine daran beteiligen? Welcher Teil der Reparatur ist möglich, wenn fünf Proteine vorhanden sind?

Cejka und sein Team untersuchen wichtige Reparatur-Proteine, die sowohl in der Hefe wie beim Menschen vorhanden sind. So wollen sie zum Beispiel herausfinden, welche Proteine dafür zuständig sind, Defekte zu erkennen und welche die Aufgabe haben, die homologe Rekombination auszulösen.

Mit ihrer Grundlagenforschung stossen Cejka und sein Team auch bei Klinikern auf Interesse. Funktioniert die homologe Rekombination nämlich nicht korrekt, kann dies zu Krebs führen. Versagt sie gänzlich, stirbt die Zelle ab. Das Bloom-Syndrom beispielsweise ist auf eine fehlerhafte homologe Rekombination zurückzuführen. Menschen, die dieses Symptom aufweisen, haben ein erhöhtes Risiko, an verschiedenen Krebsarten zu erkranken.

Auch bestimmte Formen von Brustkrebs beruhen auf einer fehlerhaften homologen Rekombination. Eines Tages werden die Betroffenen vielleicht die spezifisch notwendigen Proteine der DNA-Reparatur mit der Nahrung zu sich nehmen können, sagt Cejka: «Aber das ist im Moment noch Science-Fiction.»

Eher überholte Geschichte als Science-Fiction ist demgegenüber die Vorstellung, der menschliche Körper könne die DNA-Reparatur trainieren. In den Medien war kürzlich zu lesen, ein geringes Mass an radioaktiver Strahlung lasse die menschliche DNA-Reparatur effizienter werden. Cejka winkt ab: «Einen solchen Trainingseffekt gibt es zwar bei Bakterien, aber nicht beim Menschen. Schon eine geringe Dosis Radioaktivität erhöht beim Menschen die Wahrscheinlichkeit, dass Mutationen in der DNA und damit Krebs entsteht.»