Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Studie zur Langlebigkeit

Gesund bleiben mit Vitamin D

Heike Bischoff-Ferrari, Geriatrie-Professorin an der UZH, leitet Europas grösste Studie über gesundes Altern. Sie will herausfinden, inwiefern sich die Lebensqualität im Alter erhalten lässt, wenn man Bewegungstrainings mit Zugaben von Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren kombiniert.
Marita Fuchs
Will herausfinden, ob ein hoher Vitamin-D-Spiegel das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Stoffwechselerkrankungen und die Anfälligkeit für Infektionen senkt: Heike Bischoff-Ferrari.

Im Jahr 2030 wird in Europa einer von drei Menschen über 65 Jahre alt sein. Mit dem Alter steigt die Gefahr, gebrechlich und krank zu werden. Davor haben viele Menschen Angst. Zudem ächzen die Versorgungssysteme und die Wirtschaft unter der Last der Kosten.

Wie könnte man dieses Szenario zum Guten wenden? Kann das biologische Altern verzögert werden?

Dieser Frage geht jetzt eine europäische Studie nach. Mehr als 2000 Probanden aus fünf europäischen Ländern, die über 70 Jahre alt sind, nehmen daran teil. Erforscht wird, ob sich die Gesundheit mit der regelmässigen Einnahme von Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und einem einfachen sportlichen Trainingsprogramm verbessern lässt.

Leiterin der Studie ist Heike Bischoff-Ferrari, Professorin an der Universität Zürich und Direktorin des Zentrums Alter und Mobilität am Universitätsspital Zürich und am Stadtspital Waid.

Erste Befragung steht bevor

Die Studie trägt den Namen DO-HEALTH (VitaminD3-Omega3-Home Exercise - Healthy Ageing and Longevity Trial). Sie verfügt über ein Budget von 12 Millionen Euro und wird hauptsächlich von der Europäischen Union finanziert.

Das Team von Bischoff-Ferrari koordiniert sieben europäische Zentren an den Universitäten Zürich, Basel, Genf, Toulouse, Innsbruck, Berlin, und Coimbra sowie weitere zwölf DO-HEALTH Forschungspartner in Europa.

Nachdem das Projekt von der EU den Zuschlag bekommen hatte, begann das Team von DO-HEALTH im Januar 2012 mit den Vorarbeiten. Noch diese Woche wird der erste Studienteilnehmer in Zürich befragt und bis Juli 2018 sollen konkrete Ergebnisse vorliegen.

Ein positives Resultat käme einer Sensation gleich. Es würde bedeuten, dass es möglich ist, mit günstigen und einfachen Mitteln die Lebensqualität im Alter zu steigern und die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. 

Höhere Lebenserwartung mit Vitamin D

Schon lange weiss man, dass Vitamin D vor allem für die Knochen wichtig ist. Bei einem Mangel an Vitamin D wird zu wenig Calcium in die Knochen eingeführt, Rachitis (bei Kindern) und Osteomalazie (bei Erwachsenen) sind die Folgen. 

Vitamin D ist eigentlich gar kein Vitamin. Der Mensch nimmt es nicht durch die Nahrung auf, sondern kann es selbst in der Haut produzieren, sofern er genügend Sonnenlicht aufnimmt. Man könnte anstatt von Vitamin D auch von einem «D-Hormon»  sprechen, erläutert Bischoff-Ferrari. Gerade ältere Menschen leiden häufig unter einem Vitamin-D-Mangel, weil sie intensive Sonnenbäder meiden oder gar nicht die Möglichkeit haben, lange in der Sonne zu verweilen.

Solide Basis durch Vorstudien

Heike Bischoff Ferrari kann sich bei DO-HEALTH auf grosse Kohortenstudien und Vorstudien des Zentrums Alter und Mobilität abstützen. Diese hatten gezeigt, dass die Lebenserwartung von Menschen mit Vitamin-D-Mangel niedriger ist als diejenige von Menschen mit ausreichender Versorgung.

Weitere Studien geben Hinweise darauf, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel neben bestimmten Krebserkrankungen auch das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Stoffwechselerkrankungen und die Anfälligkeit für Infektionen erhöht. «Jetzt müssen wir mit der grossen klinischen Studie klären, ob eine Vitamin-D-Einnahme diese Risiken senkt», sagt die Geriaterin. Einiges spricht dafür.

So konnte die Forscherin im Jahr 2010 nachweisen, dass Seniorinnen und Senioren, die nach einem Hüftbruch täglich eine hohe Dosis Vitamin-D zu sich nahmen, im Folgejahr seltener ins Spital überwiesen wurden als die Vergleichsgruppe.

Zudem hatten Probanden mit hoher Dosierung 60 Prozent weniger Sturzverletzungen und 90 Prozent weniger schwerwiegende Infekte. Nebenwirkungen der Vitamin-D-Abgaben liessen sich keine feststellen. In derselben Studie führte ein einfaches sportliches Trainingsprogramm zu einer Verminderung des Sturzrisikos um 25 Prozent.

Lachs für das Herz

Auch die Wirkung von Omega-3-Fettsäuren ist aus Vorstudien bekannt: Die Fettsäure, die zum Beispiel in fetten Fischsorten wie Lachs vorkommt, gilt als gesund für das Herz. Sie schützt zudem das Herzkreislaufsystem, indem sie Entzündungen und Arterienverkalkung vorbeugt sowie Herzrhythmusstörungen entgegenwirkt. Der dritte Faktor der Studie ist Bewegung. Dass ein Trainingsprogramm im Alter Beweglichkeit und Gesundheit fördert, ist hinlänglich bekannt.

Mit DO-HEALTH werden nun die drei Faktoren in ihrer Einzelwirkung und in ihrem Zusammenspiel untersucht. «Die Studie untersucht einerseits jede einzelne Intervention für sich, andererseits das Zusammenspiel aller drei Faktoren», sagt Bischoff Ferrari.

Körperliche Übungen erlernen die Probanden von einem Physiotherapeuten und erhalten ein Video und eine Instruktionsbroschüre, die die Übungen zusätzlich veranschaulichen. Alle drei Monate werden die Probanden telefonisch nach ihrem Befinden befragt.

Standardisierte Gesprächsprotokolle halten fest, wie es den Studienteilnehmern geht und wie oft sie ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen mussten. Damit erstellen die Forscher eine zusätzliche Datengrundlage, die genutzt wird, um zu klären, inwieweit die Wirkung von Vitamin D, Omega-3 Fette und Training die Kosten des Gesundheitswesens senken könnte.

Jährlich werden die Probanden zu einer eintägigen Untersuchung aufgeboten. Bei diesem Termin erheben die Forscher medizinische Daten wie Knochendichte, Muskelfunktion und Gedächtnisleistung. Die Daten werden per Tablet-Computer erfasst und fliessen direkt in einen Grossrechner am Zentrum Alter und Mobilität der Universität Zürich. Die statistische Auswertung erfolgt damit fortlaufend.

Integraler Blick auf den Gesundheitszustand

«Früher wurden ältere Menschen aus klinischen Studien systematisch ausgeschlossen, weil man Angst hatte, dass eventuell vorhandende Krankheiten die Ergebnisse verwässern», sagt Bischoff-Ferrari. Sie hält dies für einen Fehler, denn es sind ja in besonderem Masse ältere Menschen, welche die Medikamente einnehmen.

DO-HEALTH geht anders vor: In der Studie werden die Organfunktionen jedes Probanden, der älter als 70 Jahren ist, untersucht – und zwar nicht nur im Hinblick auf eine einzige Krankheit, sondern auf den Gesamtzustand. Denn alle Organfunktionen sind wichtig, um bis ins hohe Alter mit einer hohen Lebensqualität aktiv und unabhängig bleiben zu können. Dass sie den gesundheitlichen Gesamtzustand von Probanden in den Blick nimmt, ist eine der Stärken dieser grossangelegten Studie.