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4. Schweizer Archivtag

Auf Spurensuche im Universitätsarchiv Zürich

Sie waren noch nie in einem Archiv? Sie möchten wissen, was dort aufbewahrt und wie dort gearbeitet wird? Am kommenden Samstag haben Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, die Arbeit des Universitätsarchivs kennenzulernen. Universitätsarchivarin Silvia Bolliger erläutert im Interview mit UZH News, welche Trouvaillen dabei entdeckt werden können. 
Fragen an Silvia Bolliger: Marita Fuchs

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Kennt das Universitätsarchiv aus dem Effeff: Universitätsarchivarin Silvia Bolliger. (Bild: Markus Kandlbinder)

Frau Bolliger, Sie leiten seit fünf Jahren das Universitätsarchiv. Gibt es ein Lieblingsstück im Archiv, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Silvia Bolliger:Mir liegt eigentlich kein einzelnes Stück am Herzen, sondern das Universitätsarchiv in seiner Gesamtheit. Zugegeben: Eine Immatrikulationsurkunde aus dem Gründungsjahr 1833 übt auch auf mich eine besondere Anziehungskraft aus.

Aber auch ganz profane Dokumente wie beispielsweise das erste Universitätsgesetz, die Hausordnung fürs Kollegiengebäude um 1920, ein Studienführer aus den 1960ern, Briefe aus der Universitätsverwaltung oder Flugblätter der Studierenden können einen besonderen Reiz haben, vom Inhalt her oder vom Erscheinungsbild.

Was für Dokumente – und wie viele – werden am Universitätsarchiv aufbewahrt?

Das kann ich nicht beantworten, wir zählen nicht Dokumente, sondern gleich Laufmeter. In den Magazinen des Archivs selber werden etwa zwei Laufkilometer Akten aufbewahrt, im Staatsarchiv Zürich sind ebenfalls noch ein paar Hundert Laufmeter archiviert.

Unsere Dokumente und Objekte sind unterschiedlichster Natur: Von Sitzungsprotokollen der Leitungsgremien und Kommissionen über Verträge, akademische Abschlüsse, Geschäftsdossiers, Gesetze und Reglemente, universitäre Druckschriften, Personalakten, Fotos, Filme, Bilder, Medaillen bis zu Münzen haben wir alles Mögliche, sogar eine Urne!

Welche Urne?

Es handelt sich um die Urne von Professor Richard Avenarius, einem Philosophieprofessor, der 1877 an die Universität Zürich berufen wurde.

Kennen Sie alle Objekte im Archiv – oder machen Sie gelegentlich noch Entdeckungen?

Mein Team, ich und auch die Archivbenutzerinnen und -benutzer machen immer wieder Entdeckungen! Wir stossen immer wieder auf Dokumente oder Objekte, die unsere Vorgänger archiviert haben und die für uns quasi «neu» sind. Zum Beispiel bin ich kürzlich im Ehrendoktordossier von Le Corbusier auf eine von ihm illustrierte Karte gestossen, vermutlich ein Unikat. Auch ältere Fotobestände sind immer wieder gut für Überraschungen, egal ob es um Einzelpersonen, Anlässe oder Gebäude geht.

Wer darf die Dienstleistungen des Archivs in Anspruch nehmen?

Das Universitätsarchiv ist das zentrale Archiv der UZH und fungiert quasi als «Gedächtnis» der UZH. In dieser Funktion übernimmt, sichert und erschliesst es einerseits Unterlagen der Universitätsbehörden und übernimmt auch Archive von universitären Vereinen und Dozierenden. Andererseits macht es seine Archivalien  – unter Berücksichtigung des Daten- und Persönlichkeitsschutzes – für Forschung, Verwaltung und die interessierte Öffentlichkeit zugänglich.

Die Universitätsverwaltung kommt nicht um das UAZ herum, weil alle universitären Behörden gemäss kantonalem Archivgesetz verpflichtet sind, ihre Unterlagen dem UAZ zur Übernahme anzubieten. Zur Benutzung, also für Akteneinsichtnahmen und Auskünfte, steht das UAZ als öffentliches Archiv grundsätzlich allen Interessierten offen. De facto haben wir am meisten Anfragen aus der Universitätsverwaltung und von Forscherinnen und Forschern.

Gibt es Anfragen, die immer wieder an Sie gerichtet werden?

Das sind Anfragen zu Personen: zu Professorinnen und Professoren, Ehrendoktorinnen und -doktoren sowie zu Studierenden. Auslöser können familiengeschichtliche Recherchen sein, aber genauso gut kann dies für die Abfassung einer Disziplinengeschichte oder im Rahmen eines Institutsjubiläums erfolgen.

Welches war die schwierigste Anfrage, die Sie je erhalten haben?

Da kommt mir gerade nichts in den Sinn. Am schwierigsten sind immer Anfragen, bei denen wir trotz umfangreicher Recherchen in unserer Archivdatenbank und in älteren Findmitteln einfach keine Akten eruieren können, die etwas Spezifisches belegen. Etwa wenn die Behauptung im Raum liegt, es habe doch mal einen Vertrag zwischen X und Y bezüglich Z gegeben.

Was lässt sich am Samstag im Universitätsarchiv Spannendes über die universitäre Vergangenheit erfahren?

Nach unserem Motto «Studieren und Rebellieren» zweierlei: Erstens kann man anhand von historischen Foto- und Textdokumenten den Studienalltag zu verschiedenen Zeiten «erleben». Zweitens lassen wir studentische Proteste der jüngeren Vergangenheit wieder aufleben, von der Uni-Schliessung 1971 bis zu den Sparmassnahmen in den 1990ern. Dazu zeigen wir auch bewegtes Material aus unseren Beständen, also historische Filme. Zudem bietet ein kurzer Film über das UAZ die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen des Archivbetriebs zu werfen.

Wenn Sie rückblickend von den Anfängen der Universität auf die heutige Situation schauen: Inwiefern hat sich der Beruf des Archivars verändert?

Mit dem Wachstum der Universität wächst auch die Universitätsverwaltung, und es werden immer mehr Akten produziert. Die sorgfältige Auswahl der archivwürdigen Unterlagen durch das Universitätsarchiv wird deshalb immer wichtiger. Eine besondere Herausforderung stellt auch die digitale Archivierung dar. Hier ist das Universitätsarchiv jedoch auf gutem Weg und wird bald auch dafür gerüstet sein. Kurzum: Ich finde, der Beruf des Archivars wird immer anspruchsvoller und gleichzeitig immer spannender und  vielseitiger.

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