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Internationale Herausforderungen für die Nationalbank

Nationalbank-Präsident Jean-Pierre Roth resümierte in seinem Referat an der Universität Zürich, wie die Nationalbank in der Vergangenheit und heute mit der Abhängigkeit von internationalen Faktoren umgeht.
Theo von Däniken

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Jean-Pierre Roth erläuterte die wandelnden Strategien der Nationalbank und den Einfluss des Franken-Wechselkurses auf die schweizerische Geldpolitik.

Mit Spannung erwartet worden war die Rede des Nationalbank-Präsidenten Jean-Pierre Roth an der Universität nicht nur wegen des prominenten Redners, sondern auch, weil sich gegen die Veranstaltungsreihe des Schweizerischen Instituts für Auslandforschung (SIAF) – in deren Rahmen Roth auftrat – eine ad hoc gegründete Studierenden-Bewegung «uni von unten» formierte. Sie hatte im Vorfeld des geplanten Referats von Novartis-Chef Daniel Vasella zu Protesten aufgerufen. Dieses wurde daraufhin verschoben, «weil wir befürchten mussten, dass die Freiheit der Rede kassiert worden wäre», wie Martin Meyer, Delegierter des Vorstandes des SIAF, zu Beginn des Referats von Jean-Pierre Roth erklärte.

Die Redefreiheit war für Nationalbank-Präsident Jean-Pierre Roth gestern gewährleistet. Er konnte vor einem zahlreichen Publikum – unter ihnen auch Vertreterinnen und Vertreter von «uni von unten» – seine Ausführungen darlegen. «uni von unten» hatte im Anschluss daran Gelegenheit, an einer eigenen Veranstaltung, für die ihr die Universität einen Raum zur Verfügung gestellt hatte, ihre Positionen einzubringen.

Wandel der internationalen Strategie

Jean Pierre Roth verzichtete darauf, auf die aktuelle Krise einzugehen, sondern stellte die Auslandabhängigkeit der Schweizer Wirtschaft ins Zentrum seiner Ausführungen. Dabei zeigte er den weiten Weg auf, den die Schweizerische Nationalbank im Umgang mit der Internationalisierung in den vergangenen dreissig Jahren zurückgelegt hat. War das Streben der Nationalbank vor dreissig Jahren noch darauf ausgerichtet, die Verwendung des Schweizer Frankens im Ausland als Transaktions-, Wertaufbewahrungsmittel oder Verschuldungswährung zu verhindern, so bietet die Nationalbank heute selber anderen Notenbanken Schweizerfranken an, um den Markt für unsere Währung zu stabilisieren.

Die Schweizer Nationalbank sei heute eine global tätige Notenbank geworden und in dieser Hinsicht einmalig. Denn andere Notenbanken würden ihre Operationen auf den Binnenmarkt beschränken. Das Ziel sei bei allen Unterschieden der Strategie in den vergangenen dreissig Jahren jedoch dasselbe geblieben: Dem Einfluss des Franken-Wechselkurses auf die schweizerische Geldpolitik Rechnung zu tragen.

Breites Instrumentarium

Derzeit stehe die Schweiz am Rande einer deflationären Entwicklung, weshalb die Nationalbank mit Devisenkäufen eine weitere Aufwertung des Schweizer Frankens zu verhindern suche. Die Devisenkäufe seien ein «ergänzendes Notinstrument», um die Deflationsgefahr zu bekämpfen, erklärte Roth.

Hauptziel der Geld- und Währungspolitik sei nach wie vor, die Preisstabilität sicherzustellen, bekräftigte Roth. Dazu habe die Nationalbank heute ein gutes Instrumentarium zur Verfügung. Insbesondere die quartalsweise veröffentlichte Inflationsprognose für die kommenden ein bis drei Jahre erlaube es, die Inflationsentwicklung abzuschätzen und rechtzeitig Massnahmen zu treffen.

Im Anschluss an das Referat stellte sich Roth den Fragen aus dem Publikum. Die von der Gruppe «uni von unten» kritisierte Ökonomisierung der Universität kam dabei nicht zur Sprache. Auf die Kritik der Studierenden, die aktuelle Krise oder das Rettungspaket für die UBS nicht angesprochen zu haben, konnte Roth aus zeitlichen Gründen nicht mehr antworten.

Kritik an der Ökonomisierung und am Kapitalismus

Beide Themen wurden an der anschliessenden Veranstaltung der Gruppe «uni von unten» angesprochen. Der Basler Soziologe Peter Streckeisen bezeichnete das Rettungspaket für die UBS als einen Missbrauch öffentlicher Institutionen – nämlich der Nationalbank – um Ressourcen für die Wirtschaft zu gewinnen. Dasselbe passiere im Moment an den Universitäten, indem diese immer mehr auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet würden, so Streckeisen.

Der Buchautor Christian Felber, Mitbegründer von «Attac Österreich» und Lehrbeauftragter an der Wirtschaftsuniversität Wien, stellte die Freiheit der Marktwirtschaft in Frage und kam zum Schluss, dass das herrschende System der Marktwirtschaft die Freiheit und das Vertrauen systematisch zerstöre. Als Alternative skizzierte er einen «dritten Weg», der die Wirtschaft auf Kooperation statt Konkurrenz verpflichten soll.