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Zeugen von gestern, Visionen von heute

Bruno Giacometti, Theo Hotz, Santiago Calatrava – sie und viele andere namhafte Baukünstler schufen so manche architektonische Perlen für die Universität Zürich. Ein neuer Kunst- und Architekturführer zeigt, wo’s langgeht.
Sascha Renner

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Avantgardistische Kuppelarchitektur im neuen Botanischen Garten, 1976-1977 erstellt.

KOL, HIP und TOP – wer hat sie nicht schon vergeblich zu entschlüsseln versucht, die kryptisch klingenden Abkürzungen der Zürcher Universitätsgebäude. Dass sich dahinter mehr als nur schale Büros und funktionale Hörsäle verbergen, nämlich so manche architekturhistorische Perle, führt nun der neu aufgelegte, aktualisierte und erweiterte Schweizerische Kunstführer GSK (herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich) vor Augen.

Auf 74 Seiten versammelt der Begleiter im Taschenbuchformat allerlei Wissenswertes zum Thema «Zürcher Universitätsgebäude» – und hält auch für langjährige Nutzerinnen und Nutzer der universitären Domizile die eine oder andere Überraschung bereit.

Türme, Kuppeln, Gärten

Ein Grund für die architektonische Vielfalt der universitären Häuser liegt zweifellos im steten Wachstum der Hochschule, was zu allen Zeiten Erweiterungs-, An- und Neubauten sowie Zukäufe notwendig machte. Die Raumnot der Universität Zürich ist so alt wie die Universität selbst. Wenige Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1833 verfügte sie bereits über Aussenstationen, um ihren Platzbedarf zu decken.

Das Eidgenössische Polytechnikum (heute Eidgenössische Technische Hochschule Zürich) bot der älteren Schwester während einem halben Jahrhundert Gastrecht – bis die Universität 1914 ihren eigenen Neubau beziehen konnte, der seither zusammen mit der benachbarten ETH die «Krone Zürichs» bildet. Noch heute ist der markante Turmbau des Architekten Karl Moser das unbestrittene Wahrzeichen der «Alma mater Turicensis».

Der handliche Führer bringt einem diese abenteuerliche Baugeschichte in alphabetischer Abfolge der Strassennamen näher. Das Kleingedruckte zu Beginn jedes Eintrags vermittelt in Stichworten die wesentlichen Kennziffern wie Bauzeit, Architekten und universitäre Bewohner.

Kurze Artikel bringen einem dann die insgesamt 26 Stationen – Gärten, Spitäler, Museen und Gebäude samt Kunst am Bau – mit ihren Besonderheiten näher. Das Werk versammelt ausserdem historisches und aktuelles Bildmaterial sowie Karten. Der eigenen Entdeckungstour steht damit nichts mehr im Wege.

Mut zu Experimenten

Unter den Architekten, die für die Universität bauten, stechen einige besonders hervor. So wurde etwa für den anspruchsvollen Turmbau des Kollegiengebäudes Robert Maillart als Ingenieur verpflichtet. Das Schaffen des international bekannten Brückenbauers und Statikers wird zurzeit im Zürcher Haus Konstruktiv mit einer Ausstellung geehrt.

Und die Villa «Zum Rosenegg» an der Moussonstrasse 15, die mit ihrem Eckturm an eine mittelalterliche Burg erinnert, soll dem Architekten Gustav Gull als Experimentierfeld für das später erbaute Landesmuseum gedient haben. Weitere bekannte Baukünstler im Dienste der Universität waren Bruno Giacometti, Theo Hotz, Annette Gigon und Mike Guyer sowie Santiago Calatrava.

Man bemühte sich stets um ein zeitgemässes, ja manchmal sogar zukunftsweisendes Bauen. Davon zeugt etwa – ganz unscheinbar – das Palmenhaus im alten Botanischen Garten: Die 1877 errichtete achteckige Konstruktion besteht ganz aus den damals neuen Baustoffen Eisen und Glas.

Exakt hundert Jahre später brach sich der avantgardistische Furor dann erneut Bahn: Wie Tautropfen auf einem Blatt erheben sich im neuen Botanischen Garten futuristische Gewächshäuser in Kuppelform. Die Architekten Hans und Annemarie Hubacher hatten diese Konstruktion in den USA entdeckt, wo sie zur Überdachung von Swimmingpools und als Markhallen benutzt wurde; sie adaptierten die Kuppeln erstmals auch für Gewächshäuser.

Auf geschichtsträchtigem Boden bewegt sich hingegen, wer das 1664 erbaute Bodmerhaus an der Schönberggasse betritt. Es war einst das geistige Zentrum Zürichs und Mittelpunkt einer internationalen Gelehrten- und Künstlergemeinschaft. Persönlichkeiten wie Lavater, Pestalozzi und Füssli sowie die deutschen Dichter Klopstock, Wieland und der junge Goethe gehörten zu Johann Jakob Bodmers (1698–1783) regelmässigen Gästen.

Vom Blitz getroffen

Eine weniger vornehme Vergangenheit haben die Gebäude an der Winterthurerstrasse 204 und 206 vorzuweisen: Sie dienten erst als Pockenspital, dann als Notspital und schliesslich als Strassenverkehrsamt, bevor das Areal 1974 an die Universität Zürich überging.

Eine kleine Kuriosität stellt der «Findling vom Geissturm» dar, ein 1800 Kilogramm schwerer Mauerstein an der Ecke Kirchgasse/Münstergasse beim Theologischen Seminar. Als vor 350 Jahren der Blitz in den als Pulvermagazin benutzten Geissturm einschlug, katapultierte die folgende Explosion den Brocken über 230 Meter weit an diesen Ort. Der Geissturm wurde dabei völlig zerstört.

 

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