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Der in «Forschung&Lehre», einer Publikation des Deutschen Hochschulverbandes, veröffentlichte Artikel schildert minuziös, wie ein deutscher Professor an der ETH Lausanne angeblich gemobbt wurde. Der Fall wird ausschliesslich aus der Sicht des Opfers geschildert, die Gegenseite, in diesem Fall die Leitung der ETH Lausanne, kommt nicht zu Wort. Der Beitrag erhält zudem eine pathetische Note, indem der anonyme Autor, der mit Sapere Aude* zeichnet, mit Verweisen auf Kafkas Roman «Der Prozess» hantiert.
Schliesslich wird, ausgehend vom geschilderten Einzelbeispiel, in einer kruden Pauschalisierung die These aufgestellt, wer sich in die Schweiz berufen lasse, müsse mit Diskriminierungen rechnen: «Er (der gemobbte Professor) durchlitt ein Lehrstück Schweizerischer Behördenwillkür, das jedem zur Warnung dienen sollte, der mit einem Ruf an eine Hochschule in der Schweiz das grosse Los gezogen zu haben glaubt», heisst es da einleitend, und weiter: «Deshalb ist der 'Fall G.' von exemplarischer Bedeutung für die Frage der Rechtssicherheit von Professoren und die weitere Entwicklung unserer Hochschulen.» Gegen Ende des Artikels wird dann das Fazit gezogen: «Jeder, der einen Ruf in die Schweiz anzunehmen erwägt, hat damit schriftlich, worauf er sich einlässt. Und er kann wissen, dass der hier als Beispiel zitierte Fall nicht etwa ein Einzelfall ist. Der Deutsche Hochschulverband hat Informationen über weitere Fälle erhalten, in denen versucht wird, Professoren willkürlich aus dem Amt zu jagen.»
Der Beitrag irritierte Laurenz Lütteken, Professor für Musikwissenschaft an der Universität Zürich, dermassen, dass er einen Leserbrief schrieb, der in der Dezemberausgabe des Heftes publiziert wurde. In seinem Brief kritisiert Lütteken «die mehrfach ausgesprochene Warnung, einen Ruf in die Schweiz anzunehmen», und fragt: «Wie kommt F&L eigentlich dazu, eine derartige Kampagne einzuleiten, rufschädigend nicht nur für die Schweizer Universitäten, sondern auch für diejenigen, die einen Ruf dorthin angenommen haben?» Was die Situation an der Universität Zürich betrifft - die im inkriminierten Artikel nie erwähnt wird - hält Lütteken fest: «Ich habe bisher niemals aus der Universitätsleitung oder -verwaltung ein antideutsches Ressentiment zu spüren bekommen, kenne keinen Kollegen, dem es so ergangen ist, und könnte im GegenteilKollegen in zweistelliger Zahl (nicht nur in Zürich und nicht nur aus Deutschland) nennen, die sich unter den Bedingungen in der Schweiz mehr als wohlfühlen.»
In diesem Sinne hat Lütteken eine Stellungnahme verfasst, die von dreizehn deutschen Kolleginnen und Kollegen, die eine Professur an der Universität Zürich haben, unterzeichnet wurde.
* «Sapere Aude» ist eine anonyme Vereinigung, die sich für die Wahrung akademischer Rechte und die Freiheit von Forschung und Lehre in der Schweiz einsetzt.
Zum anonymen Artikel «Jemand muss Josef K. verleumdet haben», in Forschung&Lehre 10, 2002, S. 518-521:
«Der o.g. Artikel suggeriert über den dargestellten konkreten Fall hinaus ein grosses Mass an institutioneller und rechtlicher Unsicherheit, das insbesondere für Deutsche generell an den Universitäten der Schweiz bestehen würde. Die Unterzeichneten, allesamt deutsche Staatsbürger, die z.T. seit vielen Jahren an der Universität Zürich lehren, verwahren sich nachdrücklich gegen derartige pauschale Verallgemeinerungen. Sie sind rufschädigend nicht nur für die Schweizer Universitäten, sondern auch für alle, die aus dem Ausland einem Ruf in die Schweiz gefolgt sind. Das in dem Artikel gezeichnete Zerrbild entspricht nicht ansatzweise der universitären Wirklichkeit, der wir als Ausländer hier an der Universität Zürich begegnen.»
Prof. Dr. Laurenz Lütteken, Prof. Dr. Helmut Brinker, Prof. Dr. Reinhard Fatke, Prof. Dr. Hans-Joachim Hinrichsen, Prof. Dr. Christian Kiening, Prof. Dr. Anne Kolb, Prof. Dr. Wolfgang Marx, Prof. Dr. Jürgen Oelkers, Prof. Dr. Jochen-Ulrich Peters, Prof. Dr. Bernd Roeck, Prof. Dr. Ludwig Schmugge, Prof. Dr. Peter Schreiner, Prof. Dr. Brigitte Tag, Prof. Dr. Wolfgang Wohlers.