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Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt

Als erste europäische Universität gründet die UZH ein One Health Institut

Veterinärmedizin, Humanmedizin und Naturwissenschaften spannen zusammen und gründen an der UZH das erste universitäre One Health Institut Europas. Gemeinsam wollen sie erforschen, wie die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt zusammenhängt.
David Werner
Tiere wie die von Asien in die Schweiz eingewanderte Tigermücke (im Bild) können Krankheitserreger übertragen. Der One-Health-Ansatz nimmt die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Mensch, Tier und Umwelt in den Blick. (Quelle: GordZam/iStock)

Die Gesundheit von Menschen ist untrennbar mit jener von Tieren und der Umwelt verbunden. Die stetig wachsende Weltbevölkerung führt zu einer immer stärkeren Verflechtung der Lebensräume. Damit steigt das globale Risiko, dass Krankheitserreger vom Tier auf den Menschen überspringen. Wie drastisch die gesellschaftlichen Auswirkungen zoonotischer Erkrankungen sein können, haben HIV, SARS und zuletzt Covid 19 gezeigt. Um wirksam gegen Zoonosen, aber auch gegen Antibiotikaresistenzen und viele weitere Gesundheitsrisiken vorgehen zu können, bedarf es der interdisziplinären Zusammenarbeit.

Beste Voraussetzungen

Der Begriff «One Health» steht für einen Forschungsansatz, der verschiedenste fachliche Gesichtspunkte integriert, um die Wechselbeziehungen zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt zu verstehen. An der Vetsuisse-Fakultät der UZH ist One Health seit 2018 ein Forschungsschwerpunkt. Auf gesamtuniversitärer Ebene gehört die Pflege des One-Health-Ansatzes seit 2019 zu den Strategischen Grundsätzen.

«Als grösste Volluniversität der Schweiz mit einer herausragenden Medizinischen, Veterinärmedizinischen und Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät ist die UZH für eine erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit im Sinne des One-Health-Gedankens geradezu prädestiniert», sagt Elisabeth Stark, Prorektorin Forschung an der UZH.

Dauerhafte interdisziplinäre Zusammenarbeit

Wie aber organisiert man die fach- und fakultätsübergreifende Zusammenarbeit konkret, um das Potenzial bestmöglich zu nutzen? Mit der Gründung eines One Health Instituts hat sich die UZH für eine besonders verbindliche Lösung entschieden: Das Institut ist zugleich der Vetsuisse-Fakultät, der Medizinischen Fakultät und der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät angegliedert und bildet die strategische, strukturelle oder operative Basis für ein fakultätsübergreifendes Programm mit lokaler, nationaler und internationaler Sichtbarkeit.

«Ein interfakultäres Institut ist eine in den Strategie- und Planungsprozessen der UZH vorgesehene reguläre Organisationseinheit und damit beständiger als zum Beispiel ein Kompetenzzentrum oder Forschungsnetzwerk», begründet Elisabeth Stark den Entscheid. «Mit der Etablierung eines Instituts verankern wir den interdisziplinären One-Health-Ansatz nachhaltig in der UZH und schaffen die Voraussetzungen, dass er zum Wohl der Gesellschaft eine möglichst grosse Wirkung entfaltet», sagt sie.

Elisabeth Stark

Die UZH hat das Potenzial und den Anspruch, längerfristig national und international eine Führungsposition im Bereich One Health zu übernehmen.

Elisabeth Stark
Prorektorin Forschung

Pionierrolle der UZH

Indem die UZH als erste europäische Universität ein One Health Institut gründet, übernimmt sie eine Pionierrolle auf diesem Gebiet. Die Ziele sind ambitioniert: «Die UZH hat das Potenzial und den Anspruch, längerfristig national und international eine Führungsposition im Bereich One Health zu übernehmen», sagt Prorektorin Elisabeth Stark.

Schon heute gehört die UZH in vielen Forschungsbereichen, die für den One-Health-Ansatz grundlegend sind, zu den führenden Universitäten. Die Vetsuisse-Fakultät und die Medizinische Fakultät bringen ihre Expertise zu Zoonosen, Wirkmittelresistenz, Stoffwechselerkrankungen und Krebs sowie ihre jeweiligen Kapazitäten in der Epidemiologie und der Evolutionsmedizin ins Institut ein. Die Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät steuert Wissen, Methodiken und Daten aus den Pflanzenwissenschaften und der Ökologie bei.

Internationale Ausstrahlung

Um dem Institut Kontur zu verleihen, werden zwei Assistenzprofessuren mit Tenure-Track sowie eine weitere Assistenzprofessur geschaffen. Ihre Aufgabe wird es sein, die Forschung voranzubringen und den wissenschaftlichen Nachwuchs aufzubauen, der den One-Health-Ansatz weiterträgt. In der Lehre sollen spezifische Module geschaffen und internationale Summer Schools durchgeführt werden, langfristig wird ein Masterstudiengang etabliert werden.

Das neue Institut soll mit seinen Aktivitäten auf die ganze Universität ausstrahlen, zugleich soll es die nationale und internationale Sichtbarkeit der UZH im Bereich One Health stärken. Die Ausgangslage dafür ist dank der Mitgliedschaft der UZH bei der europäischen Hochschulallianz Una Europa ausgezeichnet, denn One Health ist eines der Fokusthemen der Allianz. Damit sind die Wege für eine rasche Einbindung des OHI in eines der grössten internationalen One-Health-Netzwerke geebnet. Auch etablierte weltweite Kollaborationspartnerschaften der UZH – etwa mit der Makarere University in Uganda oder der Bangalore University in Indien – sollen längerfristig genutzt werden.

Nachhaltige Schwerpunktförderung

In den kommenden fünf Jahren erhält das OHI zur Anschubfinanzierung 1.993 Millionen CHF. In dieser Zeit soll es zu einer dauerhaften Einrichtung heranwachsen, die in der Lage ist, selbständig Drittmittel einzuwerben und ihre Reichweite aus eigener Kraft weiter auszubauen.

Die Mittel für die Anschubfinanzierung des OHI wurden im Rahmen der neuen Förderlinie TRANSORM bereitgestellt. Die UZH führte die Förderlinie Ende 2021 ein, um schnell und mit originellen Lösungen auf neuere Entwicklungen in der Forschungslandschaft reagieren zu können. Der Name «To Reach A New Structure For Optimal Research and Methods» ist Programm, wie Prorektorin Elisabeth Stark erklärt: «Wir wollen mit TRANSFORM sichtbare Akzente setzen und Entwicklungen anstossen, welche nicht nur einzelne Fachbereiche, sondern die Universität und die Wissenschaft insgesamt voranbringen.»

Das One Health Institut entspricht exakt der Stossrichtung der Schwerpunkt- und Netzwerkförderung an der UZH. Sie zielt auf strukturelle Verankerung von neuen, interdisziplinären Forschungsansätzen. «Den grossen Herausforderungen unserer Zeit kann man nur begegnen, wenn man über die Fachgrenzen hinausdenkt», sagt Elisabeth Stark, und ergänzt: «Multiperspektivische Ansätze führen bei komplexen Fragen zu originelleren und produktiveren Ergebnissen. Ausserdem tragen interdisziplinäre Forschungsschwerpunkte dazu bei, dass Institute und Fakultäten Ressourcen und Strukturen gemeinsam entwickeln und nutzen. TRANSFORM-Mittel stehen deshalb allen Forschenden und Fakultäten zur Verfügung, die aufwändige und zugleich nachhaltige Veränderungen in ihren traditionell gewachsenen, aber nicht immer aktuellen Organistationsstrukturen anstreben. Ich bin den Antragstellenden sehr dankbar für ihre Initiative und fest davon überzeugt, dass sie rasch zum wissenschaftlichen Erfolg führen wird.»

Einzigartige Chance

Roger Stephan, Dekan der Vetsuisse-Fakultät, sieht im One Health Institut eine «einzigartige Chance, mit breit aufgestellten Kompetenzen vertieft und auf lange Sicht fachübergreifend zusammenzuarbeiten, um Lösungen für die grossen Gesundheitsprobleme unserer Zeit zu erarbeiten». Als Beispiel für ein produktives Vorhaben nennt er gemeinsam von der Humanmedizin, der Tiermedizin und den Naturwissenschaften geführte Datenbanken, die unter anderem Aufschluss darüber geben können, wie Umweltfaktoren Krankheiten wie Krebs oder Diabetes beeinflussen.

«Ein von drei Fakultäten gemeinsam getragenes Institut ist in organisatorischer Hinsicht neu für die UZH. Der Weg dahin war nicht einfach, hat sich aber gelohnt. Vielleicht haben wir das Eis gebrochen und Pionierarbeit geleistet für ähnliche Projekte in anderen Bereichen», sagt Stephan.

Solide Grundlage für späteren Ausbau

Thomas Lutz, Prodekan Lehre der Vetsuisse-Fakultät, war zusammen mit Adrian Hehl und Max Gassmann von Seiten der Vetsuisse-Fakultät massgeblich an der Vorbereitung des Instituts beteiligt und ist der momentane Leiter von dessen Steuerungsausschuss. «One Health umfasst sehr viele Aspekte», sagt er, «uns war es aber wichtig, das Projekt nicht zu überfrachten. Priorität hatte die Schaffung einer soliden Grundlage für ein funktionierendes Institut, deshalb haben wir die Zusammenarbeit zunächst auf drei Fakultäten beschränkt und uns thematisch auf die Life Sciences fokussiert.» Sobald sich die Zusammenarbeit eingespielt hat, sollen Forschungsgruppen aus allen anderen UZH-Fakultäten einbezogen werden, um beispielsweise auch ethische, soziokulturelle, rechtliche und politische Aspekte einzubringen.

Eine ‘Universitas’ im Kleinen

Frank Rühli, Dekan der Medizinischen Fakultät, ist überzeugt, dass der One-Health-Ansatz dank des neuen Instituts innerhalb der Humanmedizin an Bekanntheit und Attraktivität gewinnen wird. «Das OHI ist eine ‘Universitas’ im Kleinen, weil es die Wirklichkeit – hinsichtlich Gesundheit – in ihrer ganzen Komplexität verstehen will», sagt er. Als Dekan sieht er bezogen auf das neue Institut seine Hauptaufgabe darin, gute fachlich gemischte Teams für interessante gemeinsame Forschungsprojekte zusammenzubringen. «An meiner Fakultät gibt es viele Forschende, die sich schon heute mit One-Health-Themen beschäftigen und die ich für die neue, intra- und interfakultäre Zusammenarbeit gewinnen möchte.»

Als Evolutionsmediziner war Rühli mitbeteiligt an der Ausarbeitung des TRANSFORM-Antrags zur Gründung des OHI. Die Evolutionsmedizin, die sich mit der Entstehung und Entwicklung von Krankheiten auch im Kontext der Umwelt befasst, bildet zusammen mit der Epidemiologie eine der beiden thematischen Hauptlinien des neuen Instituts. Das OHI und das Institut für Evolutionäre Medizin werden in Zukunft eng kooperieren und gewisse Forschungsinfrastrukturen teilen. 2025 wird das OHI eigene Räumlichkeiten beziehen können, was Rühli sehr begrüsst: «Eine eigene Adresse und eigene Aufenthaltsräume sind wichtig, um den One-Health-Gedanken an der UZH sichtbar zu machen und im Wissenschaftsalltag zu leben.»

Das grosse Ganze im Blick

Stephan Neuhauss, Prodekan Forschung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, sagt mit Blick auf die bevorstehenden Aufgaben des neuen Instituts: «Die Bausteine sind vorhanden, nun ist die Kunst gefragt, sie produktiv zusammenzubauen.»

Den wichtigsten Wert des One Health Instituts sieht Neuhauss darin, dass es die unvermeidliche Tendenz zur Spezialisierung in der Wissenschaft ausbalanciert. «Das neue Institut erhellt die Zusammenhänge all der Einzelheiten, die wir in unseren jeweiligen Disziplinen erforschen. Darin liegt sein intellektueller Gewinn. Das OHI wird uns helfen, das grosse Ganze nicht aus den Augen zu verlieren.»