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Standpunkt

Ein Gründerklima schaffen

Die UZH behauptet in Innovationsrankings bereits heute eine starke Stellung. In Zukunft sollen Innovation und Unternehmertum noch mehr gefördert werden, um Studentinnen und Studenten sowie Nachwuchsforschenden alternative Karrierewege aufzuzeigen, wie Michael Schaepman, Prorektor Forschung, im Interview erklärt.
Nathalie Huber
Michael Schaepman: «Wir wollen an der UZH ein positives Gründerklima schaffen, das vermittelt, wie kreativ und attraktiv Unternehmertum sein kann.»

Michael Schaepman, was ist der Unterschied zwischen einem Forschungsergebnis und einer Erfindung?

Eine Erfindung ist eine schöpferische Leistung, dank der man ein Problem lösen kann. Bei einem Forschungsergebnis ist das nicht zwingend der Fall. Es kann beispielsweise sein, dass sich damit ein Sachverhalt bestätigt oder ausschliessen lässt. Natürlich sind aber viele Forschungsergebnisse Erfindungen.

Und was macht eine Erfindung zu einer Innovation?

Eine Innovation setzt voraus, dass sie umgesetzt wird und von Personen, Unternehmen oder anderen Institutionen genutzt wird – sei es als neues Produkt, neue Dienstleistung oder als neues Verfahren.

Die UZH schneidet in Innovationsrankings gut ab. Wie erklären Sie sich das?

Ich denke, dass drei Faktoren dazu beigetragen haben. UZH-Forscherinnen und -Forscher melden erstens viele Patente an. Zweitens haben wir eine hohe Erfolgsrate bei der Patentierbarkeit: Mehr als ein Drittel der eingereichten Patente werden auch bewilligt. Und drittens werden diese Patente häufig in Forschungspublikationen der Industrie oder für andere Patente zitiert.

Braucht es angesichts dieser Innovationsstärke überhaupt noch weitere Innovationsförderung?

Ja, weil sich die Gesellschaft von Hochschulen neben Forschung, Lehre und Dienstleistungen auch Innovationen erhofft. Innovationsförderung stärkt unser Image. Ausserdem soll unternehmerisches Denken an der UZH noch mehr gefördert werden.

Warum?

Ausser in den Wirtschaftswissenschaften fehlt heute der Bezug zum Unternehmertum im Studium. Zukünftig sollten Studentinnen und Studenten am Ende ihres Studiums nicht nur in der Lage sein, zu entscheiden, ob sie Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler werden wollen. Wir wollen ihnen auch alternative Karrierepfade aufzeigen. Ich glaube, dass in Zukunft unternehmerisches Denken ganz wichtig sein wird. Die ausschliessliche Up-or-out-Strategie, eine akademische Karriere bis hin zur Professur zu verfolgen, ist eine zu enge Zukunftsperspektive.

Ist Innovationsförderung ein neuer Anspruch an die Hochschulen?

Nein, diesen Anspruch gibt es schon lange. Bis anhin haben sich vor allem die Fachhochschulen und die Eidgenössischen Technischen Hochschulen in der Öffentlichkeit als Innovationstreiber positioniert. Die UZH ist aber genauso eine Innovationsträgerin. Es gab auch schon immer Innovationen an der UZH, wir haben sie einfach nicht entsprechend gekennzeichnet. Mit anderen Worten: Wir haben es in der Vergangenheit verpasst, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass wir ebenso Innovationen generieren und fördern, und wir haben Innovationsförderung nicht systematisch betrieben.

Was hat die UZH denn bis anhin punkto Innovationsförderung gemacht?

Wir waren bis anhin vor allem stille Schaffer. Und bis vor rund zehn Jahren haben wir uns an der UZH hauptsächlich um den Technologietransfer gekümmert. Wenn jemand geistiges Eigentum aus der Universität in eine Firma mitnahm, prüften wir deren Sicherung in Form von Patenten und Lizenzen.

Damit will es die UZH künftig nicht mehr bewenden lassen?

Wir wollen an der UZH ein positives Gründerklima schaffen, das vermittelt, wie kreativ und attraktiv Unternehmertum sein kann.  

In welcher Form kann die UZH unternehmerische Fähigkeiten vermitteln und fördern?

Bereits heute können Bachelorstudierende an Innovators Camps teilnehmen, die ihnen aufzeigen, was Unternehmertum bedeutet. Und dies nicht nur theoretisch, sondern sie besuchen auch Betriebe und sehen, wie es dort läuft. Unser Ziel ist es, Kurse und Weiterbildungsprogramme für UZH-Angehörige aller Qualifikationsstufen anzubieten, vom Bachelorstudenten bis hin zur Nachwuchsforscherin.

Ausserdem wollen wir Studierende und Nachwuchsforschende, die bereits gute Ideen haben, aber nicht wissen, wie man diese in marktfähige Produkte umsetzen kann, unterstützen. Seit zwei Jahren organisiert der Innovation Hub der UZH entsprechende Programme oder Coachings und vermittelt Entrepreneur-Fellowships. Er unterstützt auf diese Weise Nachwuchsforschende dabei, ihre Erfindungen weiterentwickeln – mit dem Ziel, ein Spin-off oder Startup zu gründen.

Müssen zukünftig alle Studierenden und Forschenden lernen, unternehmerisch zu denken?

Nein. Ein Pflichtkurs «Innovation und Unternehmertum» für alle Studentinnen und Studenten ist noch nicht in Sicht (schmunzelt). Aber wer sich für Unternehmertum interessiert, soll grundsätzlich die Möglichkeit haben, entsprechende Kurse zu belegen.

Welches ist für Sie die beste Erfindung, die jemals an einer Universität gemacht wurde?

Die beste Erfindung ist die Freiheit von Forschung und Lehre. Nichts fördert die Innovationskraft mehr als zweckfreie Grundlagenforschung.

Fachhochschulen und technische Hochschulen betreiben seit jeher anwendungsorientierte Forschung. Weicht die UZH ihr Profil auf, wenn sie nun auch auf Innovationsförderung setzt?

Nein, denn wir forschen ja deswegen nicht hauptsächlich anwendungsorientiert. Wir geben der Forschung keine inhaltlichen Vorgaben. Wir möchten, wie gesagt, Grundlagenforscherinnen und -forschern den Weg zum Unternehmertum aufzeigen. Sie entscheiden letztlich selbst, ob sie diesen beschreiten wollen oder nicht. Wer nur angewandte Forschung betreibt, setzt sich auch einem gewissen Risiko aus. Dies zeigt sich, wenn die Forschungspolitik umschwenkt und sich ihr Fokus beispielsweise nicht mehr auf Energieforschung richtet, sondern neu auf Nachhaltigkeit. Dann stehen die auf Energieforschung spezialisierten Forschenden plötzlich vor veränderten Zielvorgaben und damit vor massiv reduzierten Finanzierungsmöglichkeiten.

Wird es die UZH insgesamt verändern, wenn sie bei der Innovationsförderung stärkere Akzente setzt?

Man muss da schon die aktuellen Relationen sehen: Gemessen am Gesamtumsatz der Forschung investiert die UZH sehr wenig in die eigentliche Innovationsförderung. Innovationsförderung wird heute durch den Innovation Hub betrieben, und dies mit rund vier Stellen. Wir konnten so bereits eine gewisse Visibilität extern und intern erzielen. Wir wollen die Förderprogramme des Innovation Hubs mittels Drittmittel ausbauen, um noch mehr Studierende und Nachwuchsforschende zu motivieren, eigene Innovationsprojekte anzupacken.

In welchen Bereichen hat die UZH ein besonders grosses Innovationspotential?

Die UZH hat rund 26'000 Studierende, da ist ein riesiges Potential vorhanden! Besonders innovationsstark ist an der UZH traditionell der Bereich Life Sciences. Hinzu kommen die neu definierten Innovationscluster Luft- und Raumfahrt, Digitalisierung sowie die strategischen Forschungsplattformen. Darüber hinaus sehe ich grosses Potential in den Sozial- und Geisteswissenschaften sowie den Rechtswissenschaften.

Hat die UZH selbst auch einen Nutzen davon, wenn sie Innovationen fördert?

Wir arbeiten nicht allein nutzenorientiert. Allerdings kann die UZH durch Innovationsförderung an Ansehen gewinnen. Es ist wichtig, dass die Gesellschaft erfährt, dass aus der UZH viele Firmen hervorgehen. Genauso wichtig ist es, dass sich UZH-Absolventinnen und -Absolventen positiv an ihr Studium erinnern, und sagen können, dass sie das notwendige Rüstzeug erhalten haben, um sich in einem kompetitiven Umfeld behaupten zu können. 

Blick in die Zukunft, die UZH in zehn Jahren: Wie stark hat sich bis dann die Zahl der Spin-offs im Vergleich zu heute verändert?

Ich schätze, dass dann jährlich doppelt so viele Spin-offs und Startups entstehen werden.

Was muss Ihrer Meinung nach an der UZH noch erfunden werden?

Die Risikofreude! Die heutige Überlebensrate von mehr als 90 Prozent unserer Ausgründungen zeigt zwar eine sehr hohe Qualität, nicht aber sehr viel Mut zum Risiko. Da gibt es noch viel Luft nach oben! Ich bin aber zuversichtlich, dass Jungunternehmerinnen und -nehmer in Zukunft mehr Mut zum Risiko entwickeln werden sowie den Trend zum Individuellen, also kleine, agile Firmen zu gründen, verfolgen werden.

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