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Die Welt gerechter machen

Der UZH-Alumnus Johan Rochel will nichts weniger als alle Länder an Innovationen gleichberechtigt teilhaben zu lassen. Porträt eines Idealisten, der Einfluss nehmen will.
Thomas Gull

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Rochel
Propagiert ethische Richtlinien, um die Welt gerechter zu machen: der Rechtsphilosoph Johan Rochel. (Blid: Frank Brüderli)

 

Der Rechtsphilosoph Johan Rochel hat eine Vision: Er will die Welt gerechter machen. Die Frage nach der Gerechtigkeit ist der Treibstoff seiner wissenschaftlichen Arbeit und seines weit gespannten gesellschaftlichen Engagements; sie treibt ihn schon lange um. Als 20-Jähriger verliess er mit der Matura im Sack das heimatliche Wallis, um an der UZH und in Lausanne Philosophie und Politologie zu studieren – mit einer grossen Frage im Kopf: Was müssen wir ändern, wenn wir eine gerechtere Gesellschaft wollen?

Nun ja, denkt man sich: Wer möchte das nicht, mehr Gerechtigkeit? Die Frage ist eher: Wie kann man als kleine Einzelmaske am Gang der Welt etwas verändern? Die meisten von uns würden wohl mit den Schultern zucken und sagen: Da ist wohl nichts zu machen. Das ist Sache der Mächtigen und Reichen.

Politischer Aktivist, Start-up-Gründer

Johan Rochel gehört nicht zu den Menschen, die sich durch das Bewusstsein der eigenen Ohmacht davon abhalten lassen, Einfluss auf den Lauf der Dinge zu nehmen. Neben seinem Studium hat er sich deshalb immer auch gesellschaftlich engagiert – so hat er im Asylzentrum gearbeitet oder bei der Informationsplattform Humanrights.ch. Und er hat Bücher veröffentlicht wie «Die Schweiz und der Andere: Plädoyer für eine liberale Schweiz» oder «Migrationsland Schweiz: 15 Ideen für die Zukunft».

Rochels jüngster Streich ist die Gründung des Start-up Ethix, das ethische Fragen rund um Innovation thematisiert und Unternehmen berät.
Die Basis seines Engagements ist seine wissenschaftliche Arbeit: Rochel ist nicht nur politischer Philosoph, er hat auch internationales und europäisches Recht studiert, unter anderem beim renommierten Völkerrechtler Walter Kälin in Bern. «In seinen Vorlesungen wurde mir klar: Im Recht gibt es viel Philosophie.» Und: Das Recht erlaube es, mehr Wirkung zu erzielen.

«Wenn man Einfluss auf Institutionen nehmen will, geht es um Macht», sagt Rochel. Und da komme  der Jurist weiter als der Philosoph. Denn was immer wir politisch aushandeln, muss früher oder später in einen rechtlich verbind-lichen Text gegossen werden, wenn es von Dauer sein soll. Was liegt da näher, als die  Fächer Politische Philosophie und Recht zu kombinieren? Johan Rochel tut genau das und nennt sich deshalb Rechtsphilosoph.

Die Quelle des Reichtums

Mit dieser schönen Feder am Hut und einer klaren Vision hat er sein Habilitationsprojekt angepackt, das vom Fonds zur Förderung des akademischen Nachwuchses (FAN) unterstützt wird: Er nimmt das TRIPS-Abkommen (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) unter die Lupe. Das TRIPS regelt auf globaler Ebene den Schutz des geistigen Eigentums.

Die Ideen und Innovationen, die dadurch geschützt werden sollen, sind eine enorme Quelle des Reichtums. Und dieser Reichtum sei zu wenig gerecht verteilt, so Rochel. Denn das TRIPS widerspiegelt die ungleichen Verhältnisse zwischen den Partnern, das heisst das Machtgefälle zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungs-ländern. Für Rochel erhalten die industrialisierten Länder und Unternehmen zu viel Macht auf Kosten der Allgemeinheit.

Mit seiner Arbeit möchte Rochel das TRIPS gerechter machen. Wie will er das bewerkstelligen? Er wird das Abkommen unter dem Aspekt der Gerechtigkeit analysieren und Vorschläge formulieren, wie das aktuelle Recht so interpretiert werden kann, dass «die Früchte der Innovation» gerechter verteilt werden. Der Rechtsphilosoph ist zuversichtlich: «Aus meiner Sicht gibt es viel Potenzial, das bestehende Abkommen progressiver zu interpretieren und so mehr Gerechtigkeit zu schaffen.»

Die Macht der Ideen

Wie immer bei seiner wissenschaftlichen Arbeit will sich Johan Rochel nicht auf neue Ideen im Studierstübchen beschränken. Deshalb hat er den Dialog zu wichtigen Akteuren in diesem Bereich gesucht, etwa zur WTO (World Trade Organization), zur WIPO (World Intellectual Property Orga-nization) und zur WHO (World Health Organization) in Genf. «Sie beschäftigen sich damit, genau diese Probleme zu lösen», betont Rochel.

In diesen Dialog wolle er sich einklinken. Dabei erwartet er nicht, eigenhändig alles umkrempeln zu können. «Bei diesen Diskussionen geht es um Ideen. Es ist deshalb wichtig, meinen Standpunkt einzubringen», sagt der Idealist. Und was ist mir der Machtfrage? «Die Macht orientiert sich an Ideen», antwortet Rochel, «nur diejenigen, die auf dem Tisch sind, können Teil der Ausmarchung sein.»

Dieser Beitrag ist im UZH Journal Nr. 4/2018 erschienen.