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Digitaltag

Blockchain – Herausforderungen und Risiken

Am 21. November findet der erste nationale Digitaltag der Schweiz statt. Auch die UZH ist beteiligt. In der Reihe «UZH Talks» beantworten 16 Expertinnen und Experten aus verschiedensten Fächern Fragen zur digitalen Gesellschaft, darunter Informatik-Professor Burkhard Stiller.
Julian Fuchs
Informatik-Professor Burkhard Stiller erklärt, wie Blockchains funktionieren und wie sie eingesetzt werden können. (Video: Digital Society Initiative / MELS)

 

Der Digitaltag ist ein europaweit einzigartiger Anlass. Mehr als 40 renommierte Unternehmen und Institutionen der Schweiz zeigen am 21. November an 80 Veranstaltungen, was die Digitalisierung für unser Land bedeutet.

Die grosse Halle des Zürcher Hauptbahnhofs bildet den Hub des Tages. Hier geht auch das Programm der UZH über die Bühne. Unter anderem beantworten Expertinnen und Experten in Video-Talks brennende Fragen zur Digitalisierung. Eines dieser Videos sehen Sie hier: Burkhard Stiller, Informatikprofessor der UZH, erklärt die Chancen und Herausforderungen der Blockchain-Technologe.

Beispiel Medikamenten-Transport

Ein anschauliches Beispiel dafür ist das UZH-Start-up-Unternehmen «modum.io», das im Technopark Zürich domiziliert ist. Worum geht es dabei? In der EU gelten seit Jahresbeginn 2017 strengere Regeln für den Transport von Medikamenten. Diese dürfen während des Transports nur vertraglich geregelten Temperaturen ausgesetzt werden, denn medizinische Produkte reagieren empfindlich auf Temperaturschwankungen. Zu hohe oder zu niedrige Temperaturen können die Lebensdauer von Impfstoffen oder biotechnologisch hergestellten Produkten erheblich verkürzen. Deshalb ist es wichtig, die Qualitätssicherung durch definierte Temperaturgrenzwerte zu gewährleisten. Ein Beispiel ist das für Diabetiker lebensnotwendige Insulin: Es ist empfindlich gegen Hitze, Kälte und Licht. Auf keinen Fall darf Insulin gefroren werden, denn dadurch würde es unbrauchbar. 

Je weiter der Weg eines Medikaments vom Hersteller zum Verteiler ist und je mehr kleine und grosse Transportunternehmen dabei involviert sind, desto aufwändiger ist der Nachweis, dass Temperaturgrenzen nicht überschritten werden. Falls die Medikamente zu heiss oder zu kalt gelagert wurden, müssen – laut EU-Regulierung – sowohl der Empfänger als auch alle Distributoren darüber informiert werden, weil die Medikamente dann nicht mehr eingenommen werden sollten. Für viele beteiligte Transportunternehmen ist das schwierig zu gewährleisten.

Blockchain macht’s möglich

Eine Lösung für das Problem hat das UZH-Start-up «modum.io» in seinem Labor im Technopark Zürich entwickelt: einen Temperatursensor, der Arznei-Paketen beigelegt werden kann. Der Sensor misst die Temperatur des Paketes alle fünf Minuten während des Transportes und speichert diese Daten. Dabei spielt es keine Rolle, welche Transportunternehmen das Paket zustellen. Der Fahrer muss lediglich bei der Aufnahme und Abgabe des Paketes dessen Barcode, der mit dem Sensor eindeutig assoziiert ist,  per App scannen. Sobald das Paket ankommt, ist einsehbar, ob während des Transports die Temperatur zu hoch oder zu tief war.

Aus der Schweiz nach Jordanien: Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in Amman prüfen eine Medikamentenlieferung, die mit den intelligenten Sensoren bestückt ist. (Bild: zVg)

Vom kühlen Basel ins heisse Amman

Überprüft wird die Temperatur über sogenannte Smart Contracts in der Blockchain. Eine Blockchain funktioniert wie eine dezentralisierte Datenbank. Professor Stiller erklärt: «Die Blockchain ist in diesem Fall sinnvoll, weil Transaktionen und Interaktionen elektronisch präzise nachvollzogen werden, ohne dass sich die Beteiligten gegenseitig kennen oder vertrauen müssen.» Die Blockchain gewährleistet Transparenz, und sie ist sicher vor Fälschungen, denn sobald ein Datensatz Teil der Blockchain ist, kann er nicht mehr modifiziert werden. Dank sogenannten Smart Contracts – das sind Programm-Codes –, die öffentlich einsehbar und klar definiert sind, ist gewährleistet, dass die Temperaturmessungen korrekt ausgewertet werden.

Die praktische Durchführbarkeit des Temperatur-kontrollierten Medikamententransports wurde vom «modum.io»-Team in drei Pilotprojekten in Zusammenarbeit mit Schweizer Pharma-Unternehmen erprobt. Dabei ging zum Beispiel eine Fahrt vom kühlen Basel ins heisse Amman in Jordanien.

Beim Produzenten werden die Medikamentenlieferungen mit intelligenten Sensoren ausgestattet. Diese informieren sowohl Sender als auch Empfänger darüber, ob die Produkte während dem Transport auch optimal gelagert wurden. (Grafik: zVg)

13 Millionen Dollar in 19 Tagen

Die Idee zu «modum.io» wurde seit dem April 2016 in enger Zusammenarbeit mit der von Burkhard Stiller geführten «Communication Systems Group» (CSG) des Instituts  für Informatik der Universität Zürich entwickelt und führte im Juli 2016 zur Firmengründung, die technisch vom CSG-Postdoc Thomas Bocek als System Architect geleitet wurde. Das junge Unternehmen hat ein sehr erfolgreiches erstes Jahr hinter sich, es eroberte den ersten Platz sowohl im «Kickstart Accelerator 2016» als auch im «Venture Kick» – beides grosse Start-up-Wettbewerbe in der Schweiz. Heute arbeiten fünf ehemalige UZH-Studenten von der «Communication Systems Group» im Technopark für «modum.io».

Der elektronische Verkauf von «modium.io»-Aktien brachte bis jetzt 13 Millionen US-Dollar ein.  Burkhard Stiller freut sich: «Man sieht, dass internationales Interesse besteht und dass das Vertrauen in das Produkt gegeben ist.» An seinem Start-up fasziniert ihn auch, dass mit Hilfe von wissenschaftlichen Erkenntnissen konkrete Bedürfnisse der Privatwirtschaft befriedigt werden können.