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Neuro-Rehabilitation

Der Arzt am Arm

Nach einer Querschnittslähmung, einem Schlaganfall oder bei Multipler Sklerose offenbart das Gehirn seine Stärken: Es kann Ausfälle ausgleichen, zumindest teilweise. Mediziner und Ingenieure des Klinischen Forschungsschwerpunktes Neurorehabilitation an der UZH versuchen dieser Plastizität des Gehirns auf den Grund zu gehen und arbeiten an massgeschneiderten Trainingsprogrammen für die betroffenen Patienten.
Marita Fuchs
Use it or lose it: Mit diesem Fitnessarmband (Prototyp) können Patienten trainieren. (Bild: zVg)

Bei einem Schlaganfall oder nach einem Unfall mit einer Querschnittslähmung ist schnelles Handeln gefragt: Operation und medikamentöse Behandlung gehören zur so genannten Akutphase, gefolgt von der daran anschliessenden Reha. Hat der Verlust von Nervenzellen zu Störungen beim Sprechen oder im Bewegungsablauf geführt, dann heisst es: Üben, üben, üben. Denn das Training animiert bestimmte Areale des Gehirns, Aufgaben der verletzten Bereiche zu übernehmen; dadurch können Defizite teilweise ausgeglichen werden. Noch weiss man jedoch nicht genau, welche Übungen beim jeweiligen Patienten am besten wirken und wie lange er trainieren sollte, um maximal zu profitieren. Dies wollen die Wissenschaftler des Klinischen Forschungsschwerpunkts Neuro-Rehabilitation herausfinden.

Zur Bewegung motivieren

Mit Magnet-Resonanz-Imaging-Methoden versuchen die Forschenden, die Gemeinsamkeiten und Besonderheiten neurologischer Krankheiten zu bestimmen, und sie wollen die Auswirkungen sportlichen Trainings auf das Gehirn erforschen. Zu den neurologischen Krankheiten, gehören neben der Querschnittlähmung und des Schlaganfalls auch Multiple Sklerose oder die Parkinsonkrankheit. Betroffen sein können Erwachsene aber auch Kinder und Jugendliche.

«Wir betreiben Grundlagenforschung aber immer mit dem Bezug zum Patienten, deren Benefit ist das wichtigste Forschungsziel», sagt UZH-Professor Armin Curt, Leiter des Klinischen Forschungszentrums Neuro-Rehabilitation und Direktor des Zentrums für Paraplegie der Universitätsklinik Balgrist. Auch der Co-Leiter des Forschungsschwerpunkts Andreas Luft, UZH-Professor für Vaskuläre Neurologie und Neurorehabilitation, zeigt sich überzeugt davon, dass das Trainieren der motorischen Fertigkeiten nach einem Schlaganfall oder anderen neurologischen Erkrankungen ein essentieller und wirksamer Therapieansatz ist. Luft arbeitet vor allem mit Schlaganfallpatienten und will sie zu mehr Bewegung motivieren. Dazu entwickelt er mit seinem Team Motivationsprogramme, die zum Trainieren animieren sollen. «Wird man belohnt und sieht den Erfolg, so trainiert man gern weiter», sagt Luft.

Sich in die Kurve legen

Es gehe ganz praktisch auch darum, Geräte zu entwickeln, die Patienten mit neurologischen Störungen helfen, ein individuell auf sie abgestimmtes Trainingsprogramm zu absolvieren, ergänzt Armin Curt. Zusammen mit Forschungsgruppen der ETHZ entwickeln die Wissenschaftler Sensoren, die so intelligent programmiert sind, dass sie auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten eingestellt werden können.

Hochpräzise Sensoren sorgen dafür, dass die Trainingsdaten korrekt gespeichert werden. (Bild: Kaspar Leuenberger, RELab)

Diese Sensoren werden in die Trainingsgeräte implementiert. Sie zeichnen die Bewegungsabläufe präzise auf. Zum Beispiel können sie bei einem Querschnittsgelähmten messen, wie stark er den Rollstuhl anstösst, ob er geschickt manövriert, sich in die Kurven legt, und mit welcher Geschwindigkeit und Kraft das geschieht. Dazu trägt der Patient ein Fitnessarmband, das am Arm oder Bein leicht befestigt werden kann. Kommerzielle Armbänder, die im Moment den Markt überfluten, sind aufgrund unpräziser Datenerfassung für Patienten ungeeignet.

Fitnessarmbänder für Patienten

Die Wissenschaftler wollen darüber hinaus herausfinden, wie viel und wie lange jeder einzelne Patient trainieren sollte. Dazu liefern die gespeicherten Werte der Fitnessarmbänder wertvolles Datenmaterial. Nach dem Training sind die Werte auf dem Handy abrufbar. Diese Daten sollen einerseits den Patienten zum Weitermachen anspornen, sie geben dem behandelnden Arzt und den Forschenden jedoch auch wichtige Informationen über Art und Stand des Trainings und dessen Auswirkung auf den Patienten.

Im Moment wird der Prototyp des Fitnessbandes getestet. Bald schon soll es über eine Startup-Firma vertrieben werden.

Das Fitnessband ist jedoch nur eines der Geräte, das die Forschungsgruppen der Neuro-Rehabilitation entwickeln. Sie arbeiten auch an der Weiterentwicklung von Lauf- und oder Armrobotern.