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Soziale Netzwerkanalyse

Datenfischer im Netz

Geheimdienste interessieren sich ebenso für sie wie Wissenschaftler: die Analyse sozialer Netzwerke. UZH-Politikwissenschaftler Uwe Serdült ist Initiant einer jährlichen Konferenz zum Thema «Soziale Netzwerkanalyse». Die «ASNA 2013» findet diese Woche an der UZH statt. Für UZH News beschreibt Uwe Serdült, was die Netzwerkanalyse zu leisten vermag und wie sie sich mit dem Aufkommen des Internets verändert hat.
Uwe Serdült

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Beziehungen auswerten und visualisieren: Politikwissenschaftler Uwe Serdült über den Nutzen der «Sozialen Netzwerkanalyse».

Wie schafft es der US-Geheimdienst NSA, Internet, Telefonate und Finanztransaktionen nach terroristischen Bedrohungen abzusuchen? Die Kommunikation von Millionen von Menschen mit Suchbegriffen wie «Anschlag» oder «Bombe» zu durchforsten, dürfte nur eine Möglichkeit und im Falle von verschlüsselter Kommunikation auch nicht immer das Mittel der Wahl sein. 

Wichtig sind für Geheimdienste zweifellos auch die Methoden der «Sozialen Netzwerkanalyse». In einer Art Rasterfahndung können damit Personen identifiziert werden, die innerhalb von Netzwerken wichtige Positionen einnehmen.  Solche «Knotenpunkte» können etwa Verbindungspersonen innerhalb von Terrorismusnetzwerken sein.

Vielfältig anwendbar

Die Soziale Netzwerkanalyse wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Mathematikern entwickelt. Erste Anwendungen dienten Ökonomen etwa dazu, Arbeitsabläufe in Fabriken zu optimieren. Die von Statistikern und Mathematikern seither ständig weiterentwickelte Soziale Netzwerkanalyse wird inzwischen von Forscherinnen und Forschern unterschiedlichster Fachrichtungen angewendet – etwa in der Soziologie, Politikwissenschaft oder Agronomie.

 Mit Hilfe der Sozialen Netzwerkanalyse lassen sich Beziehungen mathematisch auswerten und visualisieren – die Beziehungen etwa zwischen Menschen, Organisationen, Ländern oder Wörtern eines Textes. Je nach Fragestellung interessiert die Forscher dabei etwa, wie freundschaftlich oder konfliktiv die Beziehungen sind oder inwiefern dabei  Informationen oder Geld ausgetauscht werden.

Weil die Soziale Netzwerkanalyse auch für Militär und Geheimdienste nützlich sein kann, finden unter Netzwerkforschern aktuell hitzige Diskussionen statt: Ist die Methode für die Fahndung geeignet? Muss wie bei Drohneneinsätzen mit «Kollateralschäden», also unschuldigen Opfern, gerechnet werden? Welche ethischen Fragen stellen sich für die Forschung?

Wenn Netzwerke explodieren

Bis in die 1990er Jahre waren die untersuchten Netzwerke von überschaubarer Grösse. Forscher interessierten sich etwa für die an einem politischen Entscheid beteiligten Organisationen oder die an einem Software-Projekt arbeitenden Personen – meist etwa 15 bis 60 Einheiten.

Mit der zunehmenden Digitalisierung und Kommunikation im Internet ist die Anzahl der Knoten im Netzwerk explodiert. Entsprechend spricht man heute in der Netzwerkanalyse von «Big Data». Die Suchfunktion von Google funktioniert beispielsweise auch in der Form einer Netzwerkanalyse.

So werden heutzutage Netzwerke mit bisweilen Millionen von Knotenpunkten untersucht. Die Anzahl möglicher Beziehungen zwischen der Anzahl Knoten steigt dabei exponentiell. Für drei Knoten sind sechs, für 30 bereits 870 und für 300 bereits 89'700 Beziehungen untereinander möglich. Dass für die Auswertungen solch grosser Datenstrukturen immer effizientere Algorithmen und Methoden gefragt sind, ist offensichtlich. Als Forum der Weiterbildung und des Austausches für Anwenderinnen und Anwender der Sozialen Netzwerkanalyse dient seit zehn Jahren die Konferenz «Applications of Social Network Analysis» (ASNA).