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Kindermedizin

Im Einsatz für die Kleinsten

In der Kindermedizin spielt Zürich in der ersten Liga, weil Forschung und Klinik Hand in Hand arbeiten. Gebündelt werden diese Aktivitäten im «Forschungszentrum für das Kind», einer schweizweit einmaligen Einrichtung am Kinderspital Zürich. Die neuesten Projekte werden kommenden Donnerstag in einem Symposium vorgestellt.  
Marita Fuchs
Neugeborene scheiden Medikamente extrem langsam aus, weil Leber und Nieren noch nicht voll entwickelt sind.

Es gibt viele Medikamente, die Kindern nicht verordnet werden dürfen, weil ihre Wirkung im kindlichen Körper unbekannt ist. Andere Arzneistoffe werden zwar eingesetzt, doch ob die Dosierung stimmt, ist zuweilen Glücks- oder Erfahrungssache.

Mediziner am Kinderspital Zürich wollen dies ändern, indem sie Forschung direkt in den klinischen Alltag einbringen. Dazu arbeiten sie an verschiedenen Forschungsprojekten. Um sich untereinander besser zu koordinieren, gründeten sie vor drei Jahren das Forschungszentrum für das Kind (FZK). «Unser Engagement steht in der Tradition des Kinderspitals, das internationales Renommee geniesst», sagt David Nadal, UZH-Professor für pädiatrische Infektiologie und Direktor des Forschungszentrums. Um auch die Öffentlichkeit über die Forschungstätigkeit am Kinderspital auf dem Laufenden zu halten, hat Nadal am kommenden Donnerstag das dritte Symposium des FZK organisiert.

Kindgerechte Medikamente und Operationssysteme

Nicht nur die Medikamentierung ist eine Herausforderung bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen, sagt Nadal, auch die Entwicklung vom Kleinkind bis zur Adoleszenz muss der Pädiater im Blick behalten. Das zeigen folgende Beispiele aus der Praxis:

Das erste Beispiel betrifft die Verträglichkeit von Medikamenten bei Babys. Neugeborene scheiden Medikamente sehr langsam aus, weil ihre Organe noch nicht vollständig entwickelt sind. Die Gefässe des Nervensystems sind durchlässiger als bei Erwachsenen. Zentral wirksame Substanzen wie etwa Morphine gelangen deshalb leichter ins Gehirn; das kann schnell zu gefährlichen Überdosierungen führen. Schon ein oder zwei Monate später hat sich die Situation fundamental verändert: Bei Kindern im Krabbelalter bauen Leber und Nieren die Medikamente schneller ab als bei Erwachsenen. Um den gewünschten Effekt zu erzielen, müssen die Mediziner deshalb oft deutlich höhere Dosen pro Kilogramm Körpergewicht verabreichen.

Seltene Kinderkrankheiten erkennen und rechtzeitig behandeln

Das zweite Beispiel betrifft das Neugeborenen-Screening. Der Organismus Neugeborener muss sich innerhalb von Stunden an die Bedingungen ausserhalb des Mutterleibs anpassen. Manchmal können Kinder aufgrund einer Krankheit diese Umbruchsituation schlecht verkraften. Sie müssen deshalb besonders genau beobachtet werden.

Forschung direkt in den klinischen Alltag einbringen: Professor David Nadal, Direktor des Forschungszentrums für das Kind (FZK) und UZH-Professor für pädiatrische Infektiologie.

Mit dem Neugeborenen-Screening werden Stoffwechsel und Hormonkrankheiten erfasst. Matthias Baumgartner, UZH-Professor für Stoffwechselkrankheiten entdeckte bei Säuglingen mit den Stoffwechsel-Krankheiten Methylmalonazidurie und Homocystinurie vor kurzem ein neues Transport-Protein, das im Stoffwechsel von Vitamin B12 im Innern der Zellen wirksam ist. Gleichzeitig forscht er anhand von Zell- und Maus-Modellen an neuen Therapiemöglichkeiten für diese lebensbedrohlichen Krankheiten. Das Ziel ist es, spezifischere diagnostische Tests zu entwickeln, damit in Zukunft Kinder mit solchen Krankheiten von einer Früherkennung und einer optimalen Therapie profitieren können.

In die Selbstständigkeit begleiten

Ein drittes Beispiel zeigt anhand der Diabetes-Behandlung, wie Mediziner im Kinderspital ihre Patienten in allen Entwicklungsphasen bis ins Erwachsenenalter intensiv begleiten. Die Betreuung dieser Kinder und Jugendlichen ist vor allem in pädagogischer Hinsicht sehr anspruchsvoll, weil die Mediziner sich auf den jeweiligen Entwicklungsstand der Kinder einstellen müssen.

Bei der Diagnose Diabetes ändert sich das Leben des Kindes und auch der Familie schlagartig. Die Ärzte müssen einen neuen Tagesablauf vermitteln. Dabei lernen die Kinder Techniken wie Insulin spritzen, Blutzucker messen, Ernährungsplan. Ab dem siebten oder achten Lebensjahr wird das zur Routine.

Im Alter von zwölf Jahren lernen Kinder am Kinderspital in einer fünftägigen ambulanten Schulung noch einmal von Grund auf alles rund um den Diabetes. Sie erfahren das Neueste über die Ernährung, die Dosierungsregeln und die Ausnahmeregeln. Diesen Kurs absolvieren die Jugendlichen ohne Eltern, denn sie sollen ab jetzt vermehrt Eigenverantwortung wahrnehmen können. «Da wir die Jugendlichen bereits seit der frühen Pubertät auf Selbständigkeit trimmen ist der Übergang in die Erwachsenen-Diabetologie die logische Konsequenz für sie», sagt Professor Eugen Schönle, UZH Professsor für pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie.

Die Begleitung ist dann gelungen, wenn die jungen Erwachsenen eigenverantwortlich mit ihrer Krankheit umgehen können.