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Gedächtnis

Kreuzworträtseln allein führt nicht weit

Kreuzworträtsel, Sudoku oder doch lieber die Telefonnummern der Verwandten auswendig lernen? Gedächtnistrainings, die nur das kognitive Potential fördern, greifen zu kurz, besser sind solche, die den ganzen Menschen mit seinem individuellen Lebensumfeld berücksichtigen. 
Marita Fuchs
Als Gedächtnistraining greifen Kreuzworträtsel zu kurz.

Über die ganze Lebensspanne bietet ein alltagstaugliches Gedächtnistraining eine Möglichkeit zur Verbesserung der Lebensqualität. Doch nicht alle der bekannten und verbreiteten Trainingsmethoden erzielen denselben Nutzen, erklärte Mike Martin, Professor für Gerontopsychologie, auf dem 4. Internationalen Symposium für Gedächtnistraining, das am Montag und Dienstag an der Universität Zürich stattfand.

Alltagstaugliches Gedächtnistraining

Herkömmliche Trainingsansätze trainieren jeweils nur eine einzelne, eng umgrenzte Fähigkeit, wie zum Beispiel das Merken von Zahlen oder Lösen von Kreuzworträtseln. Ganz anders verhält man sich im Alltag. Bei fast allen Aufgaben setzt man gleichzeitig eine Vielzahl von Fähigkeiten ein: Man denkt über die bevorstehenden Ferien nach, streichelt die Katze und telefoniert zwischendurch mit der Nachbarin, die ein Problem mit der Waschmaschine hat, nebenher setzt man Wasser für Tee auf. Bei all diesen Tätigkeiten trainiert man wie nebenbei auch sein Gedächtnis.

Der neue Trainingsansatz Mike Martins und seines Teams trägt dem Rechnung: Er trainiert gleichzeitig eine Vielzahl von Einzelfähigkeiten. «Das ist alltagsnäher und vermutlich viel effizienter», sagt Martin. Trainiert man nämlich zehn Einzelfähigkeiten gleichzeitig im Kontext einer komplexen Gesamtaufgabenstellung, erreicht man – im Vergleich zum Einzeltraining – etwa 80 Prozent Verbesserung. «Und das in allen zehn Fähigkeiten und nicht nur in einer!» Zusätzlich wird die Koordination von Fähigkeiten eingeübt, sodass man auch bei neuen, andersartigen Aufgaben im Vergleich zum Einzeltraining im Vorteil ist.

Mike Martin: «Zehn Fähigkeiten trainieren, anstatt nur einer.»

Das Training muss jedoch individuell abgestimmt werden. Liegt beim Probanden eine leichte Demenz vor, muss das Training anders aussehen, als etwa bei jungen Leuten. Alle Formen des Gedächtnistrainings sollten jedoch auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden eingehen. Auch Gefühle bekommen Raum, werden angesprochen und sollen mitklingen, denn dann werden die Dinge für den Menschen «merk-würdig».

Simultanes Training multipler Fähigkeiten

Ein Beispiel für eine solche Trainingseinheit ist ein Computerspiel, dass Mike Martin mit der Zürcher Hochschule der Künste unter dem Namen «Hotel Plastisse»entwickelt hat. Es spiegelt die Gefühls- und Lebensrealität älterer Menschen wieder und ruft verschiedene «Talente» ab, die in unterschiedlichen Bereichen des menschlichen Hirns verortet sind. Visuelles und motorisches Können ist dabei ebenso nützlich wie räumliches Vorstellungsvermögen.

Im Spiel hat der «Neffe» des Spielenden ein Hotel gekauft, ist mit der Aufgabe aber überfordert. In der Folge übernimmt man diverse Aushilfsjobs, um dem jungen Mann unter die Arme zu greifen. Man geht Laub sammeln, hilft Gemüse rüsten oder muss den richtigen Wein im Keller suchen, alles Dinge, mit denen ein älterer Mensch auch im Alltag konfrontiert ist. Das Spiel appelliert an Gefühle und Erlebtes, dadurch wird die Gedächtnisleistung gesteigert.