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Fahren im Alter

Sicher durch das Schneegestöber

Jährlich werden allein im Kanton Zürich rund 50'000 Personen auf ihre Fahrtauglichkeit hin getestet, Tendenz steigend. Der Neurologe Urs Schwarz klärt die Fahrtüchtigkeit älterer Menschen ab. Dazu untersucht er, wie schnell die Augen auf Bewegungen reagieren. Im Rahmen der Wissenschaftsmesse «Brain Fair» spricht er am Samstag, 19. März, über seine Forschungen. 
Marita Fuchs

Bis ins hohe Alter sicher fahren und damit mobil und eigenständig bleiben ist das Ziel aller Autolenker. Doch manchmal platzen diese Träume, vor allem im Alter. In der Schweiz müssen sich Autofahrer ab 70 Jahren alle zwei Jahre auf ihre Fahrtauglichkeit hin testen lassen.

Senioren am Steuer: Ihr Anteil wird in dreissig Jahren rund 50 Prozent
höher sein als heute.

In der Regel stellt der Hausarzt die Bescheinigung zur weiteren freien Fahrt aus. Doch kann er mit seinem neurophysiologischen Fragebogen eine beginnende Demenz erkennen? Zum Beispiel beim Uhrentest: Der Proband zeichnet eine Uhr auf und muss die Zeiger auf eine bestimmte Zeit setzen. Dies wird vom grössten Teil der Patienten mit bestimmten Formen von Demenzkrankheiten jedoch auch problemlos bewältigt und ist deshalb ungenau.

Die Augen verraten eine beginnende Demenz

Der Neurologe Urs Schwarz vom Universitätsspital Zürich hat häufig mit Patientinnen und Patienten zu tun, die vom Hausarzt zu ihm geschickt werden, um eine beginnende Demenz abzuklären. Dabei arbeitet er mit umfangreichen schriftlichen Tests. Um Störungen des Gehirns nachzuweisen, plädiert er für jedoch für spezialisierte Untersuchungen der Augenbewegungen. Das macht Sinn: Augenbewegungen sind seit langem gut erforscht. «Unterstützt vom Amt für Strassenverkehr konnten wir von der Neuropsychologischen Abteilung am Universitätsspital Zürich schon eine Reihe von Pilotuntersuchungen erfolgreich durchführen».

Der springende Punkt

Patienten mit einer Demenz zeigen häufig verlangsamte Reaktionen, die Augenbewegung ist verzögert, unpräzise und/oder langsam. Bei den Augentests, die Urs Schwarz entwickelt, werden die Reaktionsmuster des Gehirns untersucht. So muss der Proband einen nach links springenden Punkt erfassen, gleichzeitig aber nach rechts schauen. Eine Versuchsanordung, die vielen komplizierten Situationen im Strassenverkehr nahe kommt.

Ein weiterer Test: Ein Punkt hüpft innerhalb eines komplizierten Musters hin und her und muss mit den Augen verfolgt werden. «Das ist vergleichbar mit der Wahrnehmung von Objekten innerhalb eines dichten Schneegestöbers», sagt Schwarz.

Neurologe Urs Schwarz: Neue Augentests sollen künftig auch von Hausärzten durchgeführt werden können.

Mehr Seniorinnen hinter dem Steuer

Der Neurologe und sein Team möchten in Zukunft die apparativ gesteuerten Augentests so weit entwickeln, dass jeder Hausarzt sie in seiner Praxis durchführen kann.

Auf die Hausärzte setzt Schwarz auch deshalb, weil er die demographische Entwicklung vor Augen hat. «Heute werden im Kanton Zürich jährlich etwa 50'000 Autofahrer auf ihre Fahrtauglichkeit hin gestestet, doch der Trend geht massiv nach oben. Nicht alle können in einer Klinik untersucht werden.»

Der Bevölkerungsanteil an Senioren im Strassenverkehr wird – nach Einschätzung des Verkehrs-Club der Schweiz – in 30 Jahren rund 50 Prozent grösser sein als heute – und aufgrund der stark anwachsenden Führerausweisquote (von 52 auf 90 Prozent) werden sich mehr Senioren im Strassenverkehr bewegen.

Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind schwer vorauszusagen. Voraussehbar ist hingegen, dass deutlich mehr Autokilometer von Senioren zurückgelegt werden, die Durchschnittsgeschwindigkeit abnehmen wird (Senioren fahren langsamer) und seniorentypische Fehler wie zum Beispiel Vortrittsmissachtung zunehmen werden.