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Parteienfinanzierung

Sag mir, wo das Geld herkommt

Wer in der Schweiz Wahlkämpfe und Abstimmungen finanziert, bleibt geheim. Patricia M. Schiess Rütimann, Privatdozentin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich, plädierte an ihrer Antrittsvorlesung für eine Offenlegungspflicht. So wie es der Kanton Tessin bereits gesetzlich vorschreibt.
Roland Gysin

Messerstecherplakate, rote Rosen, Kugelschreiber und Inserate – all das geht ins Geld. Wieviel die Parteien in der Schweiz für Abstimmungen oder Wahlen ausgeben, ist geheim. Ebenso geheim ist, woher dieses Geld kommt. Parteien dürfen jede Spende annehmen und sind nicht verpflichtet, die Quelle offenzulegen. Genau dieser Punkt führt unter anderem dazu, dass die Schweiz im kürzlich veröffentlichten Demokratiebarometer des Zentrums für Demokratie der Universität Zürich im internationalen Vergleich nur mittelmässig abschnitt.

Mit ihrer klandestinen Parteienfinanzierung steht die Schweiz in Europa ziemlich einsam da, wie Patricia M. Schiess Rütimann, Privatdozentin und Rechtsanwältin an ihrer Antrittsvorlesung «Die Partei, die Partei, die hat immer Recht», darlegte. Ihre Forderung: Die Diskussion über die Parteienfinanzierung müsse endlich beginnen.

Von wem kommt das Geld? Parteien sollten ihre Spenden offenlegen, meint Privatdozentin Patricia Schiess Rütimann.

Doch das ist nur der erste Schritt: In der Schweiz seien die Parteien nicht die einzigen und nicht die mächtigsten Polit-Akteure. Deshalb sollte auch darüber diskutiert werden, sagt Schiess Rütimann, dass Verbände, Einzelpersonen oder Unternehmen, die sich in Wahl- und Abstimmungskämpfen engagieren, ihre Spendetätigkeit ebenfalls offenlegen.

Transparenz in Belgien und Deutschland

Mit ihren Überlegungen rennt Schiess Rütimann offene Türen ein. Bundesrätin Simonetta Sommaruga beauftragte kurz nach ihrem Amtsantritt im November 2010 das Bundesamt für Justiz, bis Mitte 2011 ein «rechtsvergleichendes Gutachten zur Regelung der Finanzierung von Parteien und Wahlkampagnen» zu verfassen.

Was in der Schweiz für Diskussionen sorgt, ist in anderen Ländern bereits seit langem Praxis, wie Schiess Rütimann in ihrem Referat am Beispiel von Belgien und Deutschland darlegte. Trotz Unterschieden in der Organisationsstruktur der Parteien und bei den Rechten und Pflichten der Mitglieder, gibt es in beiden Ländern strikte Vorgaben, wer überhaupt spenden darf und wie hoch die Summen sein dürfen. Der grosse Unterschied zur Schweiz: Die Parteien sind zu einem grossen Teil durch öffentliche Gelder finanziert.

In Belgien sind nur Spenden von natürlichen Personen, nicht aber von juristischen Personen und Vereinigungen erlaubt. Die maximale Summe beträgt 500 Euro je Partei und Kandidat. In Deutschland hingegen dürfen neben Privaten auch juristische Personen und Unternehmen den Parteien Gelder zukommen lassen – und zwar in unbegrenzter Höhe. Beiden Ländern ist gemeinsam: Die Namen der Spender sind offenzulegen, und gegenüber der Öffentlichkeit besteht eine Rechenschaftspflicht, wie die Gelder verwendet werden.

Der Kanton Tessin macht’s vor

Dass es auch in der Schweiz transparent zu und her gehen kann, ohne dass die Demokratie ins Wanken gerät oder der Staat als Parteisponsor auftritt, beweist der Kanton Tessin. Dort gilt gemäss dem Gesetz über die Ausübung der politischen Rechte (Legge sull' esercizio dei diritti politici, LEDP), Artikel 114, Absatz 1: «Parteien und politische Gruppierungen müssen der Staatskanzlei jährlich die 10'000 Franken übersteigenden Spenden, inklusive Identität der Spendenden bekannt geben.»

Und weiter im Artikel 115, Absatz 1 LEDP: «Dreissig Tage vor den kantonalen Wahlen müssen die Kandidierenden Spenden von über 5000 Franken, inklusive Identität der Spendenden bekannt geben.» Voilà. Es geht also doch.

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