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Akademischer Chor Zürich

Groovige Jazzmusik zum runden Geburtstag

30 Jahre, und damit alt genug, um Rückschau zu halten: Zum Jubiläum öffnet der Akademische Chor sein Archiv und berichtet von schwierigen Anfangstagen, von musikalischen Highlights und dem aktuellen Programm, «Sacred Concert» von Duke Ellington. Für das Konzert am Freitag, 9. Dezember verlost UZH News 2x2 Tickets. 
Alice Werner

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Juni 1981, die Gründungsurkunde war unterzeichnet – gesungen wurde aber erst mal nicht. Conradin Burga, Professor für Biogeografie an der Universität Zürich, erinnert sich an seine Anfänge als Gründungspräsident des Akademischen Chors: «Zunächst musste ein Probelokal gefunden, beim Hochbauamt des Kantons um einen Kasten für das Musikalien-Archiv angefragt, ein Bankkonto sowie ein Postfach eröffnet und Briefbögen mit dem Logo des Chors in Druck gegeben werden.» Dann, Monate später, endlich: Mamma, memme, mimmi, mommo, mummu, malaga, melege, miligi, mologo, mulugu. Wie jede Chorprobe begann auch die erste am 28. Oktober mit einem Einsingen.

Duke Ellingtons «Sacred concert»: Anlässlich seines 30-jährigen Jubiläums lädt der Akademische Chor zum Grooven ein. 

Zwei Dutzend Studierende von UZH und ETH hatten sich zusammengefunden, um mit der ungarischen Dirigentin, Initiatorin und ersten Leiterin des Akademischen Chors, Olga Géczy, Lieder von Béla Bartók und Zoltan Kodály einzustudieren. Nur 36 Tage später bestand der Studierendenchor seine Konzertpremiere in der Aula der Universität Zürich mit Bravour. Conradin Burga zitiert aus einer Kritik in der NZZ: «Der noch relativ kleine Chor sang die vorwiegend fugatisch-kontrapunktischen Gesänge von Kodály sehr präzis, desgleichen die Vier slowakischen Volkslieder von Bartók.»

Von Brahms bis Orff

Der Einstand war geschafft, die Finanzlage aber blieb schwierig. Erst nach Ablauf einer dreijährigen Probezeit beschloss die Erziehungsdirektion des Kantons Zürich, die Chor-Finanzierung ins ordentliche Budget der Universität Zürich aufzunehmen. «Eine grosse Erleichterung und ein Riesenschritt in Richtung Autonomie.» Der Gründungspräsident, der den Chor auch heute wieder als Tenor unterstützt, gerät ins Schwärmen angesichts der vielen besonderen Konzerterlebnisse: zur 150-Jahr-Feier der Universität Zürich «De Misterio», eine «Messe für die gegenwärtige Zeit» des Schweizer Komponisten Armin Schibler; zum 100. Geburtstag des Zürcher Hochschulvereins ein Konzert mit Mendelssohns Oratorium «Lauda Sion»; am ETH-Tag Lieder von Henry Purcell. Ob Requiem oder Kantate, Brahms oder Orff: Der Studierendenchor erarbeitete sich mit Fleiss und Ausdauer ein anspruchsvolles, buntes Repertoire.

«Carmina Burana» aus 180 Kehlen

Sechs Jahre nach Chorgründung, 1987, übernahm der junge Basler Dirigent Lukas Reinitzer die Leitung – und schickte seine Sängerinnen und Sänger sogleich auf Tournee. Das Programm, französische Chansons und russische Volkslieder, kam im Bündnerland gut an: In Trun erschien «praktisch die ganze Dorfbevölkerung zum Konzert». Graziella Pedrazzi, Alumna der UZH, singt seit fast zwanzig Jahren im Akademischen Chor. Anlässlich des runden Geburtstags in diesem Jahr, hat sie ausführlich in der Chorchronik geblättert und die Highlights aus 30 Jahren zusammengetragen.

Einer der grössten Erfolge war Carl Orffs «Carmina Burana», gesungen aus fast 180 Kehlen. Ausverkaufte Häuser in Basel, Zürich und Berlin. «Ein unvergessliches Erlebnis!» Der nächste Höhepunkt: Mendelssohns Oratorium «Elias», das erste Programm, das über zwei Semester einstudiert wurde. «In Zusammenarbeit mit einem grossen Berufsorchester und acht Solisten traten wir in Zürich, Basel, Bern und Luzern auf», erzählt Pedrazzi. Nach dem Tonhallen-Konzert seien sie sogar für eine CD-Aufnahme angefragt worden – ein Projekt, das aufgrund der geringen zeitlichen Flexibilität des Chors «leider, leider scheiterte».

Konzert in der Kirche Neumünster Zürich: Zusammen mit dem Innsbrucker Universitätsorchester intonierte der Akademische Chor Dvoraks «Stabat Mater».

Viele bekannte Werke querbeet durch Epochen und Stilrichtungen brachte der Akademische Chor in den letzten Jahren zur Aufführung, unterstützt von professionellen Orchestern wie dem Ukrainischen Symphonie Orchester Kiew. Aber auch mit Studierendenorchestern, musikalisch zwar weniger versiert, dafür umso begeisterungsfähiger, hätten sie sehr gern zusammengearbeitet, sagt Pedrazzi. Die intensiven Probewochenenden, die tolle Stimmung, und immer irgendjemanden, der zum Singen animiert, manchmal bis tief in die Nacht.

Dompteuse am Dirigierpult

Mit der Jahrtausendwende begann dann «die Ära Anna». Graziella Pedrazzi hält eine kleine Lobrede auf die aktuelle Dirigentin des Chors, die Tessinerin Anna Jelmorini. «Energiegeladen, voller Ideen, eine Dompteuse am Dirigierpult.» Mit anspruchsvollen Projekten forderte und förderte Jelmorini ihre jungen Sängerinnen und Sänger von Beginn an.

Pedrazzi kann sich schwer entscheiden, welche Werke, welche Konzerte unter Jelmorini sie als besonders erinnerungswürdig hervorheben soll. «Alexander Nevsky» von Prokofiev, Mendelssohns «Erste Walpurgisnacht», Bernsteins «Chichester Psalms», die Requiem von Dvorak und Verdi? Ganz sicher jedenfalls das Mammutprojekt «War Requiem» von Benjamin Britten, eines der aufwändigsten Konzertstücke der Chorliteratur nach 1945. «Ja, dieses Werk war wirklich ein Geschenk.» Vor allem an die Zuschauer. Das Publikum, das den Konzerten in der Tonhalle Zürich und dem Kultur- und Kongresszentrum Luzern mit offenen Ohren lauschte, dankte den fast 300 Mitwirkenden – Orchestermusikern und Chorsängern – mit standing ovations. Die NZZ schrieb begeistert: «Ein Abend, der unter die Haut ging.»

Jetzt sei er gespannt, sagt Conradin Burga, was der Chor aus Duke Ellingtons spirituellem Jazzoratorium «Sacred Concert» zaubere, dem ungewöhnlichsten und umfassendsten Werk der Musikerlegende. Changierend zwischen Jazz und Klassik, swingendem Big Band-Sound und der Chor-Tradition europäischer Kirchenmusik.

Ellington selbst, der tief religiöse US-Pianist, Komponist und Bigband-Leader liess in seiner Autobiografie übrigens wissen, er hätte «Sacred Concert» aus Sehnsucht nach Frieden und Menschenliebe geschrieben: «The most important thing, I have ever done.»