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Nachwuchspreis für UZH-Molekularbiologe

Warum Krebszellen nicht sterben

Der 33-jährige Molekularbiologe Ataman Sendoel von der Universität Zürich erhält den Nachwuchspreis «GE & Science Prize for Young Life Scientists». Sendoel gelang der Nachweis, dass im Fadenwurm ein Sauerstoffmangel in den Zellen ein Programm aktiviert, das den üblichen Vorgang des programmierten Zelltods hemmt. Der gleiche Prozess lässt sich offenbar auch bei menschlichen Melanomazellen beobachten.
Interview: Corinne Hodel

UZH News: Herr Sendoel, Sie sind 33 Jahre alt und haben den renommierten «GE & Science Prize for Young Life Scientists» gewonnen. Herzliche Gratulation! Was bedeutet der Preis für Sie?

Ataman Sendoel: Es ist eine grosse Ehre, vor allem weil es ein internationaler Preis ist. Unter den Preisträgern der letzten fünfzehn Jahre befinden sich viele mittlerweile berühmte Wissenschaftler, die ihre eigenen Labors haben.  Als Wissenschaftler steht normalerweise immer die nächste Fragestellung im Vordergrund. Dieser Preis lässt mich zurückschauen, was ich die letzten paar Jahre gemacht hat.

Ataman Sendoel, Molekularbiologe, Universität Zürich: «Unser Labor ist sehr international zusammengesetzt und gut vernetzt.»

Wofür wurden Sie ausgezeichnet? Woran forschen Sie?

Ich arbeite hier an der Universität Zürich in der Forschergruppe von Michael Hengartner, Professor für Molekularbiologie. Wir beschäftigen uns mit dem programmierten Zelltod, einer Art zelleigenem Selbstmordprogramm. Jeden Tag sterben in unserem Körper etwa 50 Milliarden Zellen. Darunter auch kranke Zellen, die merken, dass sie schadhaft sind und sich deshalb quasi aufopfern und sich selbst umbringen.

Dieser Prozess funktioniert jedoch bei Krebszellen nicht. Das heisst, der programmierte Zelltod wird fälschlicherweise nicht eingeleitet, und es entsteht stattdessen ein Tumor. In meiner Arbeit bin ich der Frage nachgegangen, warum Krebszellen nicht sterben. Warum sie sich also dem programmierten Zelltod entziehen. Dazu habe ich mich speziell mit dem Zelltod beim Fadenwurm beschäftigt.

Weshalb gerade beim Fadenwurm? Schliesslich sind Sie doch Arzt.

Der Fadenwurm C. elegans ist ein Millimeter lang und besteht aus nur 959 Zellen, trotzdem hat er 20'000 Gene – also fast genauso viele wie ein Mensch. Der Fadenwurm ist zwar ein sehr simpel gebautes Lebewesen und liefert deshalb auch rasch klare Antworten. Er ist aber dennoch komplex genug, so dass wir die Resultate aus Forschungen mit ihm auf andere Organismen übertragen können.

Zu welchem Schluss sind Sie gekommen? Weshalb entziehen sich Krebszellen dem programmierten Zelltod?

Bei der Entstehung eines Tumors wachsen die Blutgefässe nicht einfach mit. Das heisst, die Blutversorgung und damit die Zufuhr von Sauerstoff ist bei Krebszellen geringer als bei gesunden Zellen. Ich konnte nun zeigen, dass im Fadenwurm der Sauerstoffmangel in Zellen ein anderes Programm aktiviert, welches das Selbstmordprogramm hemmt. Wir haben bereits einen weiteren Schritt gemacht und geschaut, ob wir dieselben Mechanismen bei menschlichen Melanomazellen finden. Und wir scheinen die Ergebnisse tatsächlich vom Wurm auf den Menschen übertragen zu können.

Forschungserfolge fallen nicht einfach so vom Himmel. Wer hat zu Ihrem Erfolg beigetragen?

Zu meinem Erfolg wesentlich beigetragen hat sicher mein Chef, Professor Michael Hengartner. Er hat hier an der Universität Zürich optimale Arbeitsbedingungen geschaffen. Unser Labor ist sehr international zusammengesetzt und gut vernetzt. Diese Inputs sind sehr wichtig. Genauso wie das Umfeld und das MD-PhD- Programm. Auf engstem Raum befinden sich hier in Zürich grossartige Kompetenzzentren, etwa das «Functional Genomics Center Zurich».

Sie sind nicht nur erfolgreicher Forscher, sondern auch leidenschaftlicher Pianist.

Das Klavierspiel ist in der Tat sehr wichtig in meinem Leben. Seit ich zwölf Jahre alt bin, nehme ich Privatunterricht und habe auch schon an Meisterkursen teilgenommen. Ich habe sogar mit dem Gedanken gespielt, Konzertpianist zu werden.

Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus?

Längerfristig möchte ich beides machen: Mit einem Fuss als Arzt in der Klinik, aber auch wissenschaftlich tätig sein und gute Forschung machen. Obwohl es in der Praxis nicht einfach sein wird, die Brücke zwischen Grundlagenforschung und Medizin zu schlagen, ist das mein berufliches Ziel.

Vom 9. bis 13. Dezember 2010 werden Sie in Stockholm sein, um den Preis entgegenzunehmen. Zeitgleich also mit der Verleihung der Nobelpreise.

Diese Tatsache ist ein schöner Teil des Preises. Wir werden sogar im Hotel der Nobelpreisträger übernachten. Normalerweise können die Nachwuchspreisträger mit dem aktuellen Medizinnobelpreisträger reden. Der Gesundheitszustand von Robert Edwards erlaubt dies aber leider nicht, was ich sehr bedaure. Ich hätte ihn sehr gerne getroffen.

Wo stellen Sie den Preis auf?

Vermutlich schenke ich ihn meiner Mutter.