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Nachwuchsförderung und Gleichstellung

«Mut zum Anderssein»

Frauen sind in höheren akademischen Positionen untervertreten. Weshalb dem so ist, zeigt eine Studie am Beispiel der Theologischen Fakultät der Universität Zürich. Das daraus entstandene «Check-up Instrument» zur Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Laufbahn und Privatleben steht demnächst der ganzen Universität zur Verfügung.
Adrian Ritter

Die Doktorandin hatte gerade ihre Dissertation beendet und war ein hoffnungsvolles Talent für eine akademische Laufbahn. Dann aber nahm sie eine Stelle bei der reformierten Landeskirche an. Dekan Konrad Schmid erlebte an der Theologischen Fakultät mehrmals, dass sich qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen gegen den Verbleib in der Wissenschaft entschieden.

Beruf und Familie vereinen: Kinder zu haben,
verändert das Leben der Frau immer noch stärker als dasjenige des Mannes.

Im Kontakt mit der Abteilung Gleichstellung der UZH entstand die Idee, die Gründe dafür genauer zu untersuchen und Lösungsansätze auszuarbeiten. «Männer sind auf den oberen Stufen der Wissenschaft stark übervertreten. Wer aber morgen mehr Professorinnen will, muss heute den weiblichen akademischen Nachwuchs fördern», so Karin Gilland Lutz, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Gleichstellung.

Ein erstes Resultat der Zusammenarbeit von Theologischer Fakultät und Abteilung Gleichstellung ist die in Auftrag gegebene und jetzt vorliegende Studie «Nachwuchsförderung und Vereinbarkeit von akademischer Laufbahn und Familie/Privatleben». Erstellt wurde sie von der privaten «Fachstelle UND», die sich der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit widmet.

Frauen steigen bei der Habilitation aus

Für die Studie wurden zahlreiche Angehörige der Fakultät befragt – vom Studenten bis zur Professorin. Die Ergebnisse zeigen, dass die Fakultät grundsätzlich gute Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Laufbahn und Privatleben bietet.

So liegt die Fakultät mit drei Professorinnen (20 Prozent) denn auch leicht über dem gesamtuniversitären Frauenanteil bei den Professuren von 17 Prozent. Zu den guten Voraussetzungen trägt gemäss der Studie unter anderem die hohe zeitliche Autonomie der Mitarbeitenden bei. Nach Absprache ist etwa auch Forschungsarbeit von zu Hause aus möglich. Diese Flexibilität birgt aber auch die Gefahr, dass von Doktorierenden mit Assistenzstellen so viel am Lehrstuhl erwartet wird, dass ihnen wenig Zeit für die eigene Qualifikationsarbeit bleibt.

«Mut zum Anderssein»

Wie in anderen Fakultäten ist der Frauenanteil im Mittelbau allerdings noch deutlich höher und sinkt auf der Stufe der Habilitation stark. Die Befragungen zeigten, dass für manche Frauen das Pfarramt deutlich attraktiver ist als eine wissenschaftliche Karriere. Dies insbesondere, weil das Pfarramt besser mit der Familienarbeit vereinbar ist. Gleichzeitig bietet es eine sicherere Perspektive als eine ungewisse wissenschaftliche Laufbahn.

Die befragten Professorinnen und Professoren und Doktorierenden schlugen denn auch Verbesserungen vor. Sie wünschen sich mehr «Mut zum Anderssein». Die Theologische Fakultät solle sich mit der Auslegung des Begriffs wissenschaftliche Exzellenz befassen, die von einem traditionell männlichen Werdegang geprägt sei und oft der Vereinbarkeit zuwiderlaufe.

Gewünscht wurden etwa Teilzeitprofessuren oder die Möglichkeit, dass Mütter und Väter ihre Vollzeit-Arbeitspensen über einen gewissen Zeitraum reduzieren können. Kritisch wurde auch angeführt, dass es an der Theologischen Fakultät nur wenige Post-doc-Stellen gibt.

Angebote nutzen

Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen denn auch, Teilzeit-Professuren auszuschreiben. Zusammenfassend hält die Studie fest, dass die Ausgangslage an der Theologischen Fakultät gut ist, um die Vereinbarkeit weiter zu verbessern. Dies liege nicht zuletzt an den Rahmenbedingungen, welche die Universität bietet, etwa Beratungsstellen und Mentoringprogramme. Diese Angebote gelte es in der Theologischen Fakultät noch konsequenter zu nutzen, empfiehlt die «Fachstelle UND».

Die Theologische Fakultät hat bereits einige Empfehlungen umgesetzt, wie Dekan Konrad Schmid berichtet. Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin kündigt, wird nun im Austrittsgespräch spezifisch danach gefragt, inwiefern die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf ein Grund für den Austritt ist. Im Rahmen der (Bologna-)Reform der Doktoratsstufe soll zudem ein Mentoringprojekt realisiert werden – für Frauen und Männer.

Auf Männer ausgerichtet

Konrad Schmid sieht ein Grundproblem der wissenschaftlichen Karriere darin, dass sie sehr zeitintensiv ist, auch wenn die Zeit frei einteilbar ist. Umso wichtiger ist es, die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau weiter zu fördern, ist Karin Gilland Lutz, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Abteilung Gleichstellung, überzeugt: «Kinder zu haben, verändert das Leben der Frau immer noch viel stärker als dasjenige des Mannes. Dies verträgt sich schlecht mit den unklaren Perspektiven und der nötigen Mobilität für eine wissenschaftliche Laufbahn.»

Die Pilotstudie an der Theologischen Fakultät sei hilfreich gewesen, indem sie konkrete Massnahmen aufgezeigt habe, so Gilland Lutz. Die Erkenntnisse aus der Studie sollen in ein «Check-up-Instrument» einfliessen. Dieses soll klären, inwiefern an einem Institut die Vereinbarkeit von Laufbahn und Privatleben verbessert und damit nicht zuletzt auch der «Verhaltenskodex Gender Policy» der UZH umgesetzt werden kann. Der «Check-up» wird demnächst auch anderen Instituten der UZH zur Verfügung stehen.