Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Arbeitsmarkt Schweiz

«Da kommt etwas auf uns zu»

Trotz Krise: Flexibilität am Arbeitsplatz und eine familienverträgliche Personalpolitik sind für die Beschäftigten in der Schweiz wichtig. Mit der Alterung der Gesellschaft nimmt deren Bedeutung sogar zu. Bereits heute betreuen 12 Prozent der Befragten ihre betagen Eltern zu Hause.
Marita Fuchs

Kategorien

UZH News: Herr Staffelbach, mit dem HR-Barometer messen Sie die « Betriebstemperatur » in Schweizer Unternehmen. Wie geht es den Arbeitnehmern?

Bruno Staffelbach: Im Vergleich zu den Vorjahren nach wir vor gut. Mit der jährlichen Befragung der Beschäftigten aus allen Branchen verfolgen wir zwei Ziele: Zum einen möchten wir langfristige Trends ausmachen. Zum anderen befragen wir die Arbeitnehmer zu Spezialthemen, die auf das jeweilige Jahr abgestimmt sind.

Sie arbeiten bei Ihren Analysen mit dem Begriff des «psychologischen Vertrags». Was ist darunter zu verstehen?

Bei Stellenantritt begründet der rechtliche Arbeitsvertrag das Verhältnis zwischen  Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Bruno Staffelbach, Professor für Betriebswirtschaftslehre: Arbeitsplatzunsicherheit bei Banken 2009 angestiegen.

Darüber hinaus kommen aber wechselseitige Erwartungen hinzu, die sich nicht im Arbeitsvertrag niederschlagen: Diese informellen Vereinbarungen fassen wir unter dem Begriff des psychologischen Vertrages zusammen.

Welche Trends haben Sie festgestellt?

Der Trend der letzten fünf Jahre zeigt, dass es bei den Themen Arbeits-, Lebens- und Laufbahnzufriedenheit sowie bei der Kündigungsabsicht keine grossen Einbrüche gibt.

Das gilt auch für das Krisenjahr 2009. Die erlebte Sicherheit am Arbeitsplatz blieb relativ konstant. Die Auswirkungen der Krise sind nicht so gross, wie uns massenmedial vermittelt wird.

Hingegen steigt die Arbeitsplatzunsicherheit schlagartig an in Bereichen, in denen Firmen Personal entliessen oder Kurzarbeit einführen mussten, etwa bei Banken oder in verschiedenen Industriebetrieben.

Welche Aussagen können Sie zum Krisenjahr 2009 machen?

2009 haben wir speziell die Arbeitsflexibilität und die familienbezogene Personalpolitik analysiert.

In der familienorientierten Personalpolitik kommt Einiges auf uns zu. Erstens kollidiert die Gleichstellung zwischen Mann und Frau mit der nach wie vor traditionellen Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern.

Zweitens kommt hinzu, dass 12 Prozent der Befragten – vor allem Frauen – angeben, zu Hause ihre Eltern zu betreuen. Mit der Alterung unserer Gesellschaft wird die Bedeutung dieser Aufgabe zunehmen.

Für die Arbeitgeber heisst das, dass eine familienorientierte Personalpolitik sich künftig nicht nur auf die Kindererziehung konzentrieren soll, sondern auch die Betreuung von Betagten zu berücksichtigen ist.

Konkret: Für Firmen sind nicht nur Betriebskindergärten ein Thema, sondern vor allem auch flexible Arbeitszeiten und eine Unternehmenskultur, die es den Beschäftigten ermöglicht, bei Bedarf ihre Eltern versorgen zu können.

65 Prozent der Arbeitnehmer nutzen bereits heute Teil- oder Gleitzeitarbeitsmodelle. Wie zufrieden sind sie damit?

Die Beschäftigten beurteilen diese Arbeitszeitmodelle umso positiver, je mehr Flexibilität sie zulassen.

Dies gilt jedoch nicht für verordnete Flexibilisierungen, wie Kurz- oder Schichtarbeit. Kurzarbeit ist eine Notmassnahme und bedeutet Stress. Aus dem Barometer können wir jedoch ableiten, dass Kurzarbeit weniger als Stress erlebt wird, wenn die eigene Arbeitsmarktattraktivität positiv bewertet wird.

Gibt es Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Arbeitnehmern?

Jüngere arbeiten signifikant häufiger in befristeten Arbeitsverträgen als Ältere. Arbeitnehmer ab 45 sind jedoch zufriedener. Beides ist nicht besonders überraschend.

Viele der Jüngeren suchen nach einem ultimativ guten Job und wollen sich nicht bereits mit 26 auf Dauer verpflichten. Das gilt besonders für Hochschulabgänger.

Wie geht es dem Arbeitnehmer 2011? Ihre Prognose.

Wenn wir in den letzten Jahren die Arbeitnehmer jeweils gefragt haben, ob sie eine neue Stelle suchen, antwortet ein Viertel mit 'Ja'. Deshalb meine Prognose: Sobald der Arbeitsmarkt sich bessert, steigt die Mobilität sprunghaft an.