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Neue Ausstellung der Archäologischen Sammlung

Bernstein, ein ganz besonderer Stoff

Warm, leicht und leuchtend – Bernstein ist ein ganz besonderer Schmuckstein. Bereits in der Antike war das fossile Harz begehrt, und dies über den Tod hinaus: Adlige Frauen liessen sich in opulenten Geschmeiden aus Bernstein bestatten. Gleichzeitig mit der langen Nacht der Museen sind die Aufsehen erregende Funde aus der süditalienischen Region Basilikata sind jetzt in der Archäologischen Sammlung der UZH zu sehen. 
Sascha Renner

Für die feinen Damen des 7. Jahrhundert vor Christus war klar: Bernstein musste es sein, nichts sonst. In ihren Gräbern fanden Archäologen zwar auch Metallfiebeln und Keramikgefässe. Der Körperschmuck aber bestand überwiegend aus Bernstein. Geformt zu kugel- oder eichelförmigen Perlen, stellten die Oinotrier daraus alle erdenklichen Schmuckstücke her: Ohrringe, Diademe, Halsketten oder Gürtel.

Mitteler zwischen Menschen und Göttern: Geflügelte Sphinx im Profil.

Das Erstaunliche: In der süditalienischen Region Basilikata, aus der alle Funde in der Ausstellung stammen, gibt es gar keine natürlichen Bernsteinvorkommen. Der begehrte Rohstoff musste eingehandelt werden – aus der 2000 Kilometer entfernten Nord- und der Baltischen See. Die antiken Handelsrouten führten über die Alpen und die Ägäis bis in den äussersten Süden Europas. Und das schon vor über zweieinhalbtausend Jahren.

Ein warmes, goldenes Glimmen

Die raren Fundstücke aus Gräbern, die nun in der Archäologischen Sammlung  zu sehen sind,  haben daher für die Fachleute einen doppelten Erkenntniswert: Sie zeigen die Feinmaschigkeit des antiken Handelsnetzes – und damit der kulturellen Austauschbeziehungen – selbst bis in periphere Weltregionen. Und sie verraten etwas über Ästhetik und Jenseitsglaube eines schriftlosen Volkes, der Oinotrier, über die es wenig gesichertes Wissen gibt.

So tauchen häufig geflügelte Frauenfiguren auf, die als Mittler zwischen Menschen und Göttern interpretiert werden. Die Bedeutung des Bernsteins beim Übergang ins Jenseits leitet sich direkt von der sinnlichen Qualität dieses Materials her: Ein warmes, goldenes Glimmen geht vom Bernstein aus. Das scheinbar eingefangene Licht begleitet die Verstorbenen auf ihrer Reise und schützt sie, so die antike Vorstellung.

Basilikata im Blickfeld

Die Ausstellung rückt mit der Basilikata eine Region ins Blickfeld, die bisher im Schatten anderer antiker Siedlungsräume stand. Zu unrecht, wie die reichhaltigen Grabfunde beweisen. Die Ausstellung führt zum ersten Mal überhaupt die um den Bernstein kreisende Schmuck- und Grabkultur jener Region vor Augen. Sie tut dies mit dem vollständigen Ornat einer adligen Oinotrierin sowie mit diversen, teilweise exquisit gearbeiteten Einzelstücken.

Anhänger in Form einer Sphinx.

Die Ausstellung wurde von der Soprintendenza per i Beni Archeologici der Region Basilikata zusammengestellt. In Zürich wird sie in Zusammenarbeit mit dem Paläontologischen Museum der UZH durch ein Kapitel zur Entstehung des Bernsteins ergänzt. Bernstein ist bis zu 260 Millionen Jahre alt. Aus dem zähflüssigen Harz damaliger Bäume wurde im Laufe der Zeit eine feste Substanz.

Für die Entstehung des fossilen Harzes hatten die antiken Kulturen aber ganz andere Erklärungen. Folgt man der mythologischen Überlieferung, so stammt Bernstein von den Heliaden: Nachdem ihr Bruder vom Blitz des Zeus getroffenen wurde, verwandelten sie sich vor Trauer in Bäume, und die Tränen, die sie um ihn weinten, wurden zu Bernstein, so erzählt es der römische Dichter Ovid.

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