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Collegium Helveticum

«Science-Fiction ist, was wie Science-Fiction aussieht»

Das Collegium Helveticum widmet sich im akademischen Jahr 2009/10 der Zukunft und den Beziehungen von Wissenschaft und Technik zur Science-Fiction. Den Anfang der Veranstaltungsreihe «Future reloaded» machte am vergangenen Dienstag die Podiumsdiskussion mit dem Titel «Wie funktioniert Science-Fiction?»  
Martin Schmid

Future Reloaded: Das Collegium Helveticum widmet sich der Zukunft und den Beziehungen von Wissenschaft und Technik zur Science-Fiction.

Science oder Fiction – wo liegt der Schwerpunkt bei der Science-Fiction? Der Filmwissenschaftler und Journalist Simon Spiegel legte sich bei seinem Inputreferat gleich zu Beginn fest: «Science-Fiction hat nichts mit Wissenschaftlichkeit zu tun!» Es geht bei ihr primär nicht um Zukunft, Vorhersagbarkeit und Wissenschaft, sondern vielmehr um eine Ästhetik, die sich an unserer Vorstellung von Technik und Wissenschaftlichkeit orientiert.

Dies ist auch der Grund warum Science-Fiction-Filme, im Gegensatz zur Literatur, viel schneller veralten. Filme aus den 1950er-Jahren mit ihren Robotern und Elektronengehirnen wirken heute lächerlich – unser Bild und unsere Visionen von Technik haben sich in den vergangenen 50 bis 60 Jahren grundlegend verändert und entsprechen nicht mehr den Vorstellungen von damals.

Die Science-Fiction ist entscheidend geprägt durch ein wunderbares Element, das in der empirischen Welt (noch) nicht möglich ist. Dieses wird – allerdings nur auf einer ästhetischen Ebene  – als wissenschaftlich plausibel dargstellt, was Spiegel zum Schluss bringt: «Science-Fiction ist, was wie Science-Fiction aussieht.»

Podiumsdiskussion zu Science Fiction: (v.l.n.r.) Simon Spiegel, Nathalie Wappler, Gerd Folkers und Moderator Prof. Johannes Fehr
Science-Fiction als Gedankenexperiment

Im Gegensatz zu Spiegel spricht Nathalie Wappler, Redaktionsleiterin Sternstunden des Schweizer Fernsehens, der Science-Fiction ihre Wissenschaftlichkeit nicht ab. Um mit technischen Neuerungen umgehen zu können, so Wappler, braucht es die Einbettung in die Erzählung – sei es, um Ängste zu bewältigen, sei es um Möglichkeiten auszuloten. Denn Wissenschaft erzählt nicht. Sie leitet ab, rechnet, konstruiert. Und erst die Erzählung bringt den Kontext in die Wissenschaft. Der Gedanke, eine gedachte Versuchsordnung, die Inspiration – kurz: das Gedankenexperiment – sind deshalb von Nöten.

Eine weitere Funktion weist Professor Gerd Folkers, Leiter des Collegium Helveticum, der Science-Fiction zu. «Das Genre der Science-Fiction funktioniert durch Ironisierung der bestehenden Verhältnisse und Perspektivenumkehr – dadurch werden bestehende Modelle in Frage gestellt und Raum für andere geschaffen.» In Jonathan Swifts Klassiker «Gullivers Reisen» wird mit beiden Momenten gespielt – das Resultat ist Satire und Sozialkritik. In der Schilderung des Nie-Dagewesenen, des Nichtvorhersagbaren, dessen wissenschaftliche Gesetze und deren physikalisches Verhalten völlig fremd sind, findet eine wissenschaftlich-philosophische Auseinandersetzung satt.

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