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Mercator-Preis 2009

Nachwuchsforscher ausgezeichnet

Drei Nachwuchsforschende der Universität Zürich erhielten vergangene Woche den mit jeweils 5000 Franken dotierten Mercator-Preis 2009. Im Gespräch mit dem Publizisten Roger de Weck loteten sie Grenzräume ihrer Wissenschaft aus.
Marita Fuchs

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Lockere Stimmung: Roger de Weck (r.) mit den Preisträgern Tobias Kuhn, Evelyn Dueck und Felix Zelder (v.l.n.r.)

«Wie sind Sie auf Ihre Forschung gekommen?» Roger de Weck will es genau wissen. Chemiker Felix Zelder schildert mit Enthusiasmus, wie er eigentlich ein B-12 Derivat für die Krebsforschung entwickeln wollte, dann jedoch entdeckte, dass er mit dem Derivat Blausäure nachweisen konnte. Die giftige Blausäure wurde sogar mit blossem Auge erkennbar. Aha, dann sei seine Arbeit ja im besten Sinne ein Abfallprodukt, so de Weck. Ja, lachte Zelder, letztlich sei es ein Glücksfall gewesen.

Blausäure kommt in den meisten pflanzlichen Lebensmitteln in unbedenklichen Mengen vor, zum Beispiel in Mandeln, Aprikosen oder Maniok. Es blockiert die Atmungsketten in den Zellen und führt in höheren Dosen zu Lähmungserscheinungen oder gar zum Tod.

Fügt Zelder nun das B-12-Derivat einem Maniokbrei zu, so verfärbt sich dieser violett. Ein Warnzeichen: Der Brei enthält zu viel Blausäure. Brisant ist das vor allem für Länder Afrikas und Südamerikas, in denen der kohlehydratreiche Maniok ein wichtiges Nahrungsmittel ist.

Besonders habe er sich darüber gefreut, so Zelder, dass der von ihm entwickelte Nachweis vom Gesundheitsministerium Kolumbiens für die Trinkwasserkontrolle getestet werde. Denn auch Wasser kann mit Blausäure verseucht sein.

Wenn der Computer Fragen versteht

Mit der Sprache des Internets befasst sich Tobias Kuhn, der zweite Preisträger. «Die Informationen dieser Welt zu organisieren und sie allgemein verfügbar und zugänglich zu machen, das ist mein Ziel», erklärt der Informatiker. Ob er ein logischer Mensch sei, fragt de Weck. Nach langem Zögern hebt Kuhn die Schultern: Nein, nicht unbedingt, bessere Antworten zu liefern als Google, das sei sein Ehrgeiz.

Heute dauere es Sekundenbruchteile, erklärte Kuhn, bis eine Suchmaschine Tausende Texte auf die Stichwortsuche apportiert habe. Leider finden die Suchmaschinen viele Treffer, die nicht relevant sind.

Gratulation: Albert Kesseli, Geschäftsführer der Stiftung Mercator Schweiz. (Mitte)

Kuhn hat eine Sprache entwickelt, die es dem Computer ermöglicht, auch Fragen zu interpretieren. Gebe man heute bei Google ein: «Welche Städte in einem Binnenland haben eine Universität?», so kann der Computer die komplexe Frage nicht verstehen, weil er keine natürlichen Sprache interpetieren könne. Kuhns ASC-Wiki (Attempto Controlled English) übersetzt die natürliche Sprache in die formale Logik der Computer. «Langfristig hilft gegen die Informationsflut kein noch so gutes Ranking, sondern nur automatisches Sprachverstehen. Und genau daran arbeite ich.»

Brüste tragende Tiere

Die dritte Preisträgerin Evelyn Dueck beschäftigt sich in ihrem Dissertationsprojekt mit den französischen Lyrikübersetzungen der Werke von Paul Celan und Georg Trakl. Eigentlich gelten die beiden Lyiker als unübersetzbar. Um den Werken gerecht zu werden, hat sie in ihrer Analyse philologische wie auch philosophische und kulturwissenschaftliche Forschung mit einbezogen. Wichtig war ihr die Bedeutung des «Anderen» für die Entstehung der kulturellen und sprachlichen Identität.

Die Untersuchung der unterschiedlichen französischen Übersetzungen zeige, dass der Übersetzungsprozess nicht allein als Interpretation des Originals verstanden werden könne, so Dueck. Vielmehr handle es sich um einen Prozess, der sich ebenso unmittelbar von der Autorität des Übersetzers löse wie das Original zuvor von der des Autors. Die Lösung: Das Konzept des textuellen «Übertragungsraums», welches sich bewusst von dem traditionell bipolaren Übersetzungsprozess abhebt.

«Das Deutsche und Französische seien konträre Sprachen», meint de Weck. Das zeige sich schon an Wörtern wie dem Säugetier im Deutschen, das im Französischen «mammifère» – die Brüste tragenden Tiere – heisse, oder das deutsche Stillleben heisse im Französischen «nature morte». «Wie erleben Sie die Spannweite der beiden Sprachen?» Sie finde das wunderbar und erlebe die Sprache als grosse Bereicherung, sagte Dueck, denn es zeige andere Blickwinkel auf ein und dasselbe Ding.

Junge Talente fördern

Zum Abschluss der Veranstaltung bedankt sich Albert Kesseli, Geschäftsführer der Stiftung Mercator Schweiz, bei den Jurymitgliedern, zu denen auch Roger de Weck gehört, und betont, dass eine der wichtigsten Aufgaben der Hochschulen die Entdeckung und Förderung junger Talente sei.