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Universitäres Wissen teilen

Von der Kunst, Wissen zu teilen

«Wissen teilen» lautete das Motto des 175-Jahr-Jubiläums der Universität Zürich. An einem zweitägigen Symposium diskutierten im März Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über die Bedingungen und Möglichkeiten, interdisziplinär und interkulturell Wissen zu teilen. Die Symposiumsbeiträge und Diskussionen liegen nun in Buchform vor.
Theo von Däniken

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«Es gibt keine Einheitswissenschaft, die akademische Erkenntnis in ihrer Gesamtheit umfasst», schreibt Hansueli Rüegger, Leiter der Abteilung Forschung und Nachwuchsförderung und einer der drei Herausgeber, in der Einleitung zum Buch «Universitäres Wissen teilen – Forschende im Dialog». Weil die Forschung in jeder Disziplin geprägt ist durch die ihr eigene Betrachtungsweise, ist der Anspruch, das so erarbeitete Wissen zu teilen, nicht ohne Weiteres einzulösen.

Das Buch beleuchtet anhand der Beiträge aus unterschiedlichsten Disziplinen nicht nur die Fragestellungen und Probleme, die sich bei einem interdisziplinären Dialog ergeben, sondern es ist durch die ebenfalls wiedergegebenen Diskussionen gleichzeitig ein Dokument dieses Dialogs. Der Band liefert damit Anschauungsmaterial für die Schwierigkeiten, aber auch für die fruchtbaren Anregungen, die im Teilen von Wissen stecken. «In den Diskussionen wird deutlich, worum wir am Symposium gerungen haben», sagte Hansueli Rüegger an der Buchvernissage, deshalb seien sie ein wichtiger Teil des nun vorliegenden Buches.

Was ist eigentlich «Wissen»?

Gerungen und diskutiert wurde in fünf Modulen um Aspekte des interdisziplinären und interkulturellen Dialogs. So zu Beginn um die Frage, was in den einzelnen Disziplinen überhaupt als «Wissen» gilt. Wie wird es kodiert, bewahrt und weitergegeben, waren die zentralen Fragen.

Momente des gegenseitigen Nicht-Verstehens gab es im zweiten Modul, in dem über die «Grenzen und Schranken des Wissens» diskutiert wurde, wie Hansueli Rüegger an der Vernissage berichtete. Im Nachhinein seien jedoch gerade diese Momente gegenseitiger Verständnislosigkeit fruchtbar gewesen, meinte Rüegger: «Mir ist klar geworden, wie sehr die Konsternation über das Nichtverstehen eine Voraussetzung ist, um über das Verstehen nachzudenken.»

Kulturspezifisches Wissen

Zwei weitere Module befassen sich mit Aspekten des interkulturellen Dialogs. Im Modul «Wissen als kulturspezifischer Begriff: Asien und Europa» werden Wissenskulturen in China, Indien, der islamischen Welt und Afrika beleuchtet. Welche sozialen, kulturellen und religiösen Bedingungen prägen die jeweilige Konzeption von «Wissen»? Welche Bedeutung solche Unterschiede für die konkrete Forschungszusammenarbeit haben, wird im Modul «Wissen in Relation und Kooperation: Afrika und Europa» diskutiert.

Das fünfte Modul «Dialogisch Brücken schlagen: Einsichten und Aussichten» schliesslich befasst sich mit den Erkenntnissen aus dem vorangegangenen Dialog. Dabei werden unter anderem Vorschläge zu möglichen Formen interdisziplinären Arbeitens diskutiert.

Institutionelle Konsequenzen

Hansueli Rüegger nutzte die Buchvernissage, um anknüpfend an das Symposium die Frage aufzuwerfen, ob die Universität als Institution für den interdisziplinären Dialog gerüstet sei. Denn Einsichten über die Bedingungen und Möglichkeiten eines solchen Dialogs «bleiben Belletristik, wenn wir nicht institutionelle Vorkehrungen treffen», so Rüegger.

Er plädierte dafür, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen verstärkt befähigt werden, über die Voraussetzungen ihrer Disziplin nachzudenken. Nicht nur Soft Skills für die Doktorierenden oder Hochschuldidaktik für die Dozierenden sollten zur Weiterbildung gehören, sondern auch Grundlagenreflexion.

Dazu gehöre etwa die Einübung in semiotisches und logisches Denken oder das Nachdenken über wissenschaftliche Verfahren. «Dass ich verstehe, was ich tue und wie ich denke, ist Voraussetzung, um mich auf die Fremdheit der Anderen einzulassen», so Rüegger. Denn Grundlage für die Einheit – und damit für «Wissen teilen» – sei nicht nur der Respekt vor der Verschiedenheit, sondern auch das Interesse für die Andersartigkeit.